Bürgerinitiative: Sprecher weisen auf Unterschiede hin

In einer Pressemitteilung stellt die Bürgerinitiative (BI) "Rottweil OHNE Hängebrücke" das Projekt in Frage. Es sei mittlerweile von 900 auf 600 Meter Länge geschrumpft und werde zudem wetterbedingt nur an rund 100 Tagen genutzt.

Rottweil. Beim Neujahrsempfang 2016 hat Oberbürgermeister Ralf Broß überaus euphorisch den Bau der längsten Hängebrücke der Welt mit 900 Meter angekündigt – als Verbindung vom Testturm auf dem Berner Feld bis zur Innenstadt von Rottweil. Vorbild sollte die Hängebrücke in Reutte/Österreich sein, die im März von einer Rottweiler Delegation mit Stadträten, Verwaltungsspitze und Investor begeistert besichtigt und begangen wurde. Winfried Hecht, Gisela Stier und Werner Fischer als Sprecher der BI weisen allerdings auf die Unterschiede zwischen den beiden Projekten hin: "Die Hängebrücke in Reutte verbindet zwei auf Bergkuppen stehende Burgenareale, Fort Claudia und Ehrenberg, die durch einen tiefen Taleinschnitt voneinander getrennt sind. An den beiden Endpunkten ist die Hängebrücke im Fels der jeweiligen Bergkuppe verankert. Zwischen diesen beiden Haltepunkten hängt die 406 Meter lange Hängebrücke frei schwebend in 114 Meter Höhe, tief unten die Autostraße L 179."

Von der Utopie der längsten Hängebrücke der Welt in Rottweil hätten sich Stadtverwaltung, Gemeinderat und der Investor inzwischen verabschieden müssen, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Ein 600 Meter langer Fußgängersteg solle "nun vom Felsen östlich des Neckars oberhalb der Spittelmühle in einer Höhe von lediglich 40 Meter bis zur Kernstadt gebaut werden. Diese Fußgängerbrücke wird jedoch nicht frei hängend sein, sondern wird getragen von zwei Zwischenstützpfeilern". Ausgehend vom genannten Felsen müssten Brückenbenutzer auf dem Steg nach einem Fußmarsch von etwa 200 Metern über den ersten Stützpfeiler, nach weiteren 200 Metern über den zweiten, um nach weiteren 200 Metern in der Kernstadt beim Bockshof anzukommen. Diese Art Fußgängerbrücke werde Spannbandbrücke genannt.

Weitere Unterschiede zwischen den beiden Fußgängerbrücken seien: Die Hängebrücke von Reutte sei in luftiger Höhe eine echte Touristenattraktion, die zwei sehenswerte Burganlagen miteinander verbinde. "Die Touristen erfahren hier ein Naturerlebnis pur ohne Berührung und Beeinträchtigung von Wohnansiedlungen." Ganz anders sei die Situation in Rottweil. Nach dem Besuch des Testturms hätten Touristen etwa 1,5 Kilometer durch das Gewerbegebiet Berner Feld zurückzulegen, vorbei an den Häusern im Wohngebiet Schafwasen, bis sie den Einstieg am Felsen erreichten. Nach Entrichten der Benutzungsgebühr gehe es über den Fußgängersteg bis zum ersten Stützpfeiler, in dessen unmittelbarer Nähe die Wohnsiedlung Neckartal liege. Von den Häusern und Gärten lediglich einen Steinwurf entfernt befinde sich dann in 40 Metern Höhe der Brückensteg. "Von einer Touristenattraktion oder gar einem idyllischen Naturerlebnis kann hier also nicht die Rede sein", folgern die Sprecher der BI. Da stelle sich die Frage: "Braucht Rottweil eine wetterbedingt an etwa 100 Tagen im Jahr begehbare Fußgängerbrücke, deren Rahmenbedingungen die Stadt noch viel Geld kostet?" In Rottweil gebe es für die Stadt wahrhaftig wichtigere Aufgaben zu erledigen.