Anna (links) und Amelie brauchen eine Pause: Gemeinsam mit den anderen Krippen- und Kindergartenkindern in der Einrichtung "Auf der Brücke" spielen sie gestern im Garten. Foto: Schickle Foto: Schwarzwälder-Bote

Seit zehn Jahren gibt es in Rottweil Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren / "Auf der Brücke" ging’s los

Von Verena Schickle

Rottweil. Schon unter Dreijährige in einer Krippe betreuen lassen? Was für Eltern heute normal ist, war in Rottweil vor zehn Jahren ein Novum. Im katholischen Kindergarten "Auf der Brücke" entstand damals die erste Krippengruppe.

Im Schatten lässt es sich aushalten: An einem Tisch sitzen einige Kinder und trinken, andere baggern im Sandkasten. "Ich mach’ Kaffee", sagt ein Mädchen, das auf der Ladefläche eines Spielzeuglasters im nassen Sand rührt. Viel ist möglich an diesem Vormittag im Garten des katholischen Kindergartens "Auf der Brücke". Vieles wurde möglich, als dort vor zehn Jahren die Krippengruppe in Rottweil entstand.

Anders als bisher wurden nun auch Kinder betreut, die jünger als drei Jahre waren. Die Stadt habe das Thema Kleinkindbetreuung vorangetrieben, erinnert sich Leiterin Claudia Mink. Und "Auf der Brücke" gab es den nötigen Platz dafür. Nach einem Jahr allerdings sei der Bedarf weiter gestiegen: Im katholischen Kindergarten in der Altstadt wurde daraufhin ebenfalls eine Krippengruppe eröffnet, "Auf der Brücke" kam eine zweite dazu.

Mittlerweile sind es neun Krippengruppen in katholischer Trägerschaft in der ältesten Stadt des Landes, dazu kommen drei städtische und drei in evangelischen Einrichtungen. Der Bedarf ist da, zumal Eltern inzwischen einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ihre unter dreijährigen Kinder haben.

In Rottweil – so der Eindruck von Mink und ihren Kolleginnen Marion Heinemann, die eine Krippengruppe "Auf der Brücke" leitet, sowie Sandra Schuch, Leiterin des katholischen Kindergartens Altstadt – sind ausreichend Plätze vorhanden. Unter Umständen bekomme zwar nicht jeder in der favorisierten Einrichtung eine Zusage, aber irgendwo findet sich ein Plätzchen (wir berichteten). Auch Mink kennt Geschichten von Eltern, die sich schon vor der Geburt ihres Babys eine Krippe ausgucken. Ganz so schnell müssen Rottweiler Eltern aber nicht sein: Sechs Monate vor Beginn der Betreuung seien für eine Einrichtung ideal, vier Monate vorher dürften sie Zusagen aussprechen.

Für die Erzieherinnen brachte die Arbeit mit Kleinkindern neue Herausforderungen. Feste Zeiten wie im Kindergarten sind in der Krippengruppe nicht einzuhalten, berichtet Heinemann. Mit einer Kollegin betreut sie zehn Kleinkinder. Wenn eines davon Hunger hat, dann hat es Hunger. Und wenn ein kleiner Feger gerade laufen lernt, dann will er eben nicht am Programm teilnehmen, sondern seine neue Fähigkeit testen. Flexibel müsse man sein, sagt Marion Heinemann. Darüber hinaus spielen die pflegerischen Aspekte eine größere Rolle: das Wickeln beispielsweise. "Die Kollegen in der Krippe, die müssen wirklich schaffen", merkt Mink mit einem Lachen an. Dazu komme, dass der Austausch mit den Eltern viel intensiver sei, fügt Sandra Schuch an.

Zu Beginn, vor zehn Jahren, habe es keine Seminare gegeben, die die Erzieherinnen auf diese neuen Herausforderungen vorbereiteten. Sie hätten sich "unglaublich viel" angelesen", erzählt Claudia Mink. Gleichzeitig, sagt Schuch, habe der Beruf in der öffentlichen Wahrnehmung eine Aufwertung erfahren. Die Zeiten der spielenden Erzieherin seien vorbei. Sie und ihre Kolleginnen hätten eine Riesenverantwortung, müssten professionell arbeiten. Auch deshalb macht den dreien ihre Arbeit Spaß.

Gewandelt hat sich auch das Bild, das viele von den Eltern haben, die ihre Kinder den ganzen Tag in eine Krippe "abschieben". Auch sie sehe das Thema Krippe mittlerweile anders als vor zehn Jahren, gibt Claudia Mink offen zu. "Die Kinder lernen viel", bestätigt Marion Heinemann. Vor allem viel Selbstständigkeit und den Umgang mit anderen – was gerade Einzelkindern zugute komme.

"Ich sehe auch, dass Eltern sehr verantwortlich damit umgehen", sagt Mink. Sie würden ihre Kinder sehr wohl zu deren eigenen Wohl in die Krippe schicken – etwa, weil sie in der Zeit nicht nur arbeiten, sondern beispielsweise auch Einkäufe erledigen können. Die Zeit, die fürs Kind bleibt, sei dann wirklich nur für den Nachwuchs reserviert. "Das hat mich positiv überrascht." Ihre Erfahrung ist, dass die meisten Kinder, die betreut werden, jeden Tag kommen – dabei ist eine Betreuung ab zwei Tagen pro Woche möglich. Die Routine tue den Kindern gut. So manches, sagt Mink, frage sonst auch nach, warum es heute nicht in den "Kindi" dürfe.

Warum es den Kleinen dort so gut gefällt? Vielleicht ja, weil es ihnen so geht wie dem Mädchen, von dem Claudia Mink erzählt. Als das seine ersten Schritte gemacht habe, seien alle anderen – Kinder und Erzieherinnen – hingerannt und hätten ihm zugejubelt. So ist das, wenn man in der Kinderkrippe seine ersten Schritte macht.

Die katholischen Kindergärten in Rottweil feiern am Samstag, 11. Juli, dass es seit zehn Jahren Krippen in katholischen Einrichtungen gibt. Von 15 bis 18 Uhr ist auf dem Münsterplatz einiges geboten. Jeder Kindergarten stellt sich vor, zudem gibt es Programm wie Ponyreiten, Schminken und Basteln und eine Münsterführung. "Wir machen die Arbeit gern, und wir wollen es zeigen", sagt Sandra Schuch. Die gemeinsam organisierte Veranstaltung soll das zeigen.