Bürgerinitiative kämpft für ihre Idee von Rottweil. Bürgerentscheid am Sonntag. Mit Video

Rottweil - "Wir haben Rottweil gern", sagen die Sprecher der Bürgerinitiative (BI) "Rottweil OHNE Hängebrücke". Für sie ist das Projekt der "Knackpunkt in der Entwicklung" der Stadt – da sollte man keine Fehler machen.

Auch wenn der Bürgerentscheid am Sonntag, 19. März, nicht mit einer Ablehnung des Vorhabens ausgehen sollte – "wir haben viel erreicht", sagt Gisela Stier, neben Winfried Hecht und Werner Fischer eine der drei Sprecher der BI. In Rottweil sei ein großes Bewusstsein für das Projekt entstanden. "Und unser Ziel haben wir erreicht: Zu informieren, so weit es eben ging." Das bekam die BI auch bei der Einwohnerversammlung vergangene Woche attestiert – von Befürwortern wie von Gegner des Brückenbaus.

In der Broschüre zum Bürgerentscheid und in Pressemitteilungen hat die Initiative ihre Einwände und Bedenken dargestellt. Wie werden Anwohner an den Andockstellen im Bockshof und auf dem Schafwasen betroffen sein? Welche Belastung ist durch Müll, Verkehr und Tagestouristen zu erwarten? Was wird die Benutzung der "Neckar Line" kosten? Ist an das Landschaftsschutzgebiet im Neckartal gedacht, an öffentliche Toiletten, an die Stellplatzsituation und die Verkehrsführung? Wird auf dem Berner Feld eine Infrastruktur etabliert, die in Konkurrenz zur Innenstadt treten wird? Die Bürgerinitiative hat viele Fragen aufgeworfen – vermisst viele Antworten aber noch.

Ihre Hoffnung: "Sowohl die Einstellung, die ›Katze nicht im Sack‹ kaufen zu wollen, als auch die grundsätzliche Absage an eine Brücke, die in der Innenstadt im Bockshof ankommen soll", könnte am Sonntag ausreichend viele bewegen, beim Bürgerentscheid Nein zu sagen.

Die Sprecher der BI werden nicht müde, auf den Bockshof als "äußerst sensible und schützenswerte Anlage" hinzuweisen, und sehen sich in dieser Einschätzung durch die Aussagen der Vertreterin des Landesamts für Denkmalpflege beim Infoabend in der Stadthalle bestätigt. "Kommt die Brücke, verliert die Stadt einen wesentlichen Bestandteil ihrer historischen Substanz", heißt es von Seiten der BI. Bockshof samt Stadtmauer stellten ein Ensemble und Denkmal dar, das nicht nur sichtbare Merkmale wie den Pulverturm und die Lorenzkapelle vorweise, sondern es befinde sich dort auch geschichtliches Erbe im Boden.

"Zur Stadtentwicklung gehört mehr als herausragende Bauwerke zu errichten, über deren Ästhetik man dazu hin geteilter Meinung sein kann", sagen Hecht, Stier und Fischer. Für sie ist es keine Frage: Das Zusammenleben in einer Stadt brauche Lebensqualität. Investitionen sollten dem Ensembleschutz, der Unterordnung unter die Bedürfnisse von Menschen und Natur sowie der Nachhaltigkeit verpflichtet sein. Doch in der Brücke sehen sie kein notwendiges Bauwerk, sondern ein Luxusprojekt. Wer wünsche sich "einen Strom von Tagestouristen vor der eigenen Haustür oder gar schräg über sein Grundstück?"

"Keine Notwendigkeit, sondern ein Luxus"

"Rottweil ist eine außergewöhnliche Stadt, die schon jetzt viele attraktiv finden", hielten die BI-Sprecher ein Einreihen in die Eventkultur für unverständlich und unverzeihlich. Zu versuchen, "die Stadt in ihrer liebenswerten Eigenart zu bewahren", regen Hecht, Stier und Fischer deshalb an. "Macht es eine Stadt sympathischer, wenn sie sich gegen ihr Umland durch Alleinstellungsmerkmale wie ›höchster Turm‹, ›längste Hängebrücke‹ absetzen möchte", fragt das Trio, ob stattdessen nicht überlegt werden sollte, wie die Lebensqualität der Einwohner erhalten und verbessert werden könnte.

"Wir meinen: Finger weg von der Brücke!", bekräftigt Hecht und kann sich gemeinsam mit seinen Mitstreitern eines gewiss nicht vorwerfen lassen – nicht Flagge gezeigt zu haben. Dass es andere Vorwürfe in den vergangenen Wochen gab, hat Hecht bereits bei der Einwohnerversammlung in der Stadthalle geschildert. Dass er in Telefonanrufen als Spinner bezeichnet wird, der nur für die Vergangenheit lebe, nimmt Winfried Hecht aber nicht krumm: "Es war alles im üblichen Rahmen für so eine Situation." "Schlimmer wäre es, hinterher hinzustehen und zu sagen, hätte man doch mal was gesagt", ist auch für Gisela Stier klar: "Wir haben Rottweil gern." Dafür nehme man das alles auf sich, investiere Zeit, Geld und Nerven.

Weitere Informationen:

www.rottweil-ohne-haengebruecke.de