Winfried Kretschmann lobt den Testturm. Foto: Nädele Foto: Schwarzwälder-Bote

Eröffnung: Alle lieben den Riesen: Kretschman, Hiesinger und die Star-Architekten

Rottweil. So oft hintereinander dürfte ein Bauwerk selten einmal eröffnet werden: gleich drei Mal. Zunächst durchschneiden am Freitag Oberbürgermeister Ralf Broß, Architekt Werner Sobek sowie Andreas Schierenbeck, der Vorstandsvorsitzende von Thyssen-Krupp Elevator, vor Medienvertretern ein Band. Der Testturm ist damit für die Öffentlichkeit symbolisch eröffnet.

Am Samstag drücken dann unter anderem Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der zweite Star-Architekt Helmut Jahn, die Thyssen-Krupp-Manager Heinrich Hiesinger und Schierenbeck, OB Ralf Broß und Unionsfraktionschef Volker Kauder bei der Veranstaltung des Konzerns mit geladenen Gästen auf 232 Metern Höhe einen Buzzer.

Dadurch wird die Sicht von innen auf die Plattform und von dort auf die Landschaft freigegeben. Das ist Eröffnung Nummer zwei. Den dritten Empfang, der den Charakter einer feierlichen Eröffnung hatte, richtet am Nachmittag die Stadt aus, wiederum am Rottweiler Riesen. Eigentlich dürfte nun mit dem Turm nichts mehr schiefgehen.

Das haben noch nicht viele mitgemacht: Acht Meter in der Sekunde geht es mit dem Panoramaaufzug nach oben. Die Gäste zücken ihre Mobiltelefone, aktivieren die Videofunktion, um die Geschwindigkeitsfahrt festzuhalten. Es ist ein schon übliches Verhalten in dieser Panoramakabine. Nach ein paar Sekunden, nach 232 Metern, ist Schluss. Das Ziel, die Ebene der Besucherplattform, ist erreicht.

Jetzt weiß auch der Ministerpräsident, was in den vergangenen drei Jahren in Rottweil gebaut wurde. Er sei viel auf Achse, berichtet er auf dem Empfang des Konzerns. Auch viel auf der Bodenseeautobahn unterwegs. Immer wenn er an Rottweil vorbeigekommen sei, habe er geschaut, wie weit der Turm sei und sich gefragt, wie wohl die Aussicht auf die Landschaft sein werde. Jetzt weiß er es. Sie ist an diesem Samstag, die Sonne scheint, Wolken ziehen über das riesige Bauwerk hinweg, ganz ordentlich. Nur die Schweizer Alpen sind etwas verdeckt.

Kretschmann sagt, das sei in der Tat ein Leuchtturm. Der Turm sei ein sichtbares Symbol dafür, dass Großprojekte vorbildlich gemanagt werden können. "Das klappt nur, wenn alle an einem Strang ziehen." Kretschmann betont, vor dem Hintergrund des Wahlausgangs bei der Bundestagswahl die Bedeutung der Politik des Gehört-werdens, die er ja begründet habe. Wichtig sei, dass die Menschen sich mitgenommen fühlten. Das habe bei diesem gewaltigen Bauwerk funktioniert, zumal es auch ästhetisch gelungen sei. Rottweil ist für Kretschmann wie ein Symbol für die wirtschaftliche Stärke des Landes. "In Baden-Württemberg finden wir in jedem Schwarzwaldtal einen Hidden Champion", so Kretschmann.

Als Zukunftslabor bezeichnet Thyssen-Krupp-Konzernlenker Heinrich Hiesinger den Testturm. Die Aufzugtechnologie Multi, die im Turm zur Marktreife gebracht werden soll, werde die Aufzugindustrie revolutionieren, da es möglich sein werde, Aufzugkabinen nicht nur hoch und runter, sondern auch quer sowie schräg fahren zu lassen. Es sei von Anfang an klar gewesen, wenn man in Rottweil, in der Stadt der Türme, einen weiteren Turm bauen wolle, müsse er etwas Besonderes sein.

Das ist der Turm, so Architekt Helmut Jahn. Er sei mehr als 50 Jahre im Geschäft, merkt der Star-Architekt aus Chicago an, aber er habe noch nie so eine gute Stimmung bei einer Einweihung erlebt. Er sagt, es sei ein wunderbares Projekt und bezeichnet es erneut als ein Wunder. Während die Besucherplattform auf eine Forderung der Rottweiler Bürger zurückgeht, hatte Jahn die Idee, den Turm mit einem Bürgerfest feierlich zu eröffnen. Er erinnert am Samstag daran, dass er in einer Bürgerversammlung an die Rottweiler gerichtet gesagt habe, der Turm gehöre nicht Thyssen-Krupp allein, sondern "er gehört euch allen". Die Bedeutung des Gebäudes für die Baugeschichte werde sich erst in einigen Jahren erweisen, in zeitlichem Abstand zu heute. Wenn die Membran fertiggestellt sei – Jahn lobt hier seinen Architektenkollegen Sobek, dieser habe mit der von ihm entworfenen Hülle aus einem Industriebauwerk ein Kunstwerk geschaffen – werde man ein nie endendes Schauspiel erfahren.