Susanne Pfeifer, Enkelin zweier Tätergroßväter. Foto: Greve Foto: Schwarzwälder-Bote

Initiative Eckerwald zieht nach fünf Tagen des Gedenkens und der vielfältigen Begegnungen Bilanz

Rottweil/Schömberg. Nach den fünf Tagen des Gedenkens und der vielfältigen Begegnungen sind die Gäste nach Kanada, Polen, Luxemburg, Frankreich und Holland zurückgefahren, und den Mitgliedern der Initiative Eckerwald bleibt es nun, Bilanz zu ziehen.

Waren im Vorjahr die letzten Monate in den Lagern und Arbeitskommandos, das sich abzeichnende Kriegsende und die unbändige Hoffnung der Gefangenen auf Befreiung im Blick, so richtete sich heuer die Aufmerksamkeit auf die Leiden der Todesmärsche, bei denen noch viele Gefangene an Entkräftung, Hunger und Krankheit starben. Noch sind es sechs Überlebende, die alljährlich kommen und Zeugnis ablegen können, begleitet von ihren Kindern und Enkeln.

Überschattet wurde die Begegnung durch den plötzlichen Tod eines Angehörigen des holländischen Opfers Frans Fontaine, der auf dem Schömberger Friedhof begraben ist.

Höhepunkte waren wieder die zwölf Schulbesuche. In verschiedenen Schulen dreier Landkreise waren die Überlebenden mit ihren Übersetzern unterwegs. Auch dieses Mal war die Resonanz groß, es sind ja immer neue Schülergenerationen, die an die KZ-Problematik herangeführt werden.

Der ökumenische Gedenkgottesdienst in der KZ-Kapelle Schörzingen stand unter dem Motto "Gefangen und doch frei", das dem gleichnamigen Buch des Norwegers Helge Norseth entnommen war. Norseth erlitt 175 Tage die "Hölle von Dautmergen". Pfarrer Honold und Pfarrer Rieger stellten diese Leiden unter die tröstlichen Worte des 119. Psalms, ohne die erlittenen Leiden zu schmälern.

Zu einem zweiten Höhepunkt kam es bei der Gedenkfeier im Eckerwald. Ausschließlich Opfer kamen zu Wort. Anni Sublon, die beide Eltern als Angehörige der Résistance im Elsass durch Denunziation verloren hatte, berichtete über Adoptiv-Vater und -bruder, die in Schörzingen und Dachau starben. Ihr war es wichtig, diesen durch den Krieg zerstörten Familien nachträglich eine Würdigung zu geben. Sie lenkte den Blick auf die Gegenwart und wünschte allen, dass der Traum von Toleranz, Freiheit und Menschenwürde endlich Wirklichkeit werde.

Jacek Zieliniewics, der alte Freund der Initiative, fand ähnliche Worte und beschwor die Werte Frieden, Freiheit, Freundschaft. Wie immer bei den vergangenen Gedenkfeiern gab es auch diesmal eine Performance. Diesmal: Die mutigen Frauen. Verfasst von Gerhard Lempp, gespielt von der Klasse 9a des AMG, inszeniert von Anja Rösner.

600 Schörzinger Häftlinge, evakuiert auf den Todesmarsch Richtung Bodensee, bewacht von SS-Wachen, die bei jeder kleinen Fluchtbewegung das Feuer eröffnen. Vor Ostrach werden sie von drei Frauen gestoppt, sie fallen durch Beharrlichkeit und Stärke auf, sie geben den entkräfteten Gefangenen zu essen. Die Franzosen nahen, die SS macht sich davon. Sie sind frei.

Der Auftritt von Susanne Pfeifer, einer Enkelin zweier Täter, ihrer Großväter, gab der Feier ein neues Gesicht. Einer war der technische Leiter des Unternehmens Wüste und damit verantwortlich für die Vernichtung durch Arbeit, der andere einer der Hauptverantwortlichen in der Abteilung Rassenhygiene im Reichsausschuss Volksgesundheit und damit richtungweisend für Zwangssterilisation und Euthanasie. Ihre Worte dazu: "Ich bin sehr traurig über das Leid, dass meine Großväter Ihnen beziehungsweise Ihren Angehörigen und vielen, vielen anderen Menschen angetan haben. Ich bitte von Herzen um Vergebung."

Rottweils Landrat Wolf-Rüdiger Michel begleitete polnische Gäste auf den Friedhof in Sulz, wo elf Gräber von polnischen Kriegsgefangenen restauriert wurden, und würdigte das Engagement von Initiative und Überlebenden.

Eine private Gedenkfeier auf dem KZ-Friedhof Schömberg-Dautmergen versammelte noch einmal Polen und Holländer, deren Väter auf Tafeln mit Namen verzeichnet waren. Der Abschiedsabend in der "Liederhalle" ließ mit vielen gegenseitigen Geschenken, Reden und Wünschen eine fröhliche Stimmung aufkommen: "Bis zum nächsten Jahr!"