Von wegen schwarz: Ist das Gemäuer erstmal vom Schmutz befreit, kommt heller Kalktuff und Dolomit hervor, wie Björn Claussen von der Stadt zeigt. Das Gemäuer wird mit Glaspulvermehl abgeblasen. Oben an den Zinnen macht Taubendreck der Substanz zu schaffen. Foto: Otto

Reinigung der jahrhundertalten Steine läuft. Spezialverfahren entfernt Dreck des Denkmals in der Stadtmitte.

Rottweil - Wer das Gerüst erklimmt, das derzeit das Schwarze Tor umgibt, der staunt: nicht nur über die ausgeklügelte Reinigungstechnik, mit der die alten Steine vom Dreck der Jahrhunderte befreit werden, sondern auch über die vielen Details, die es zu entdecken gibt. Und es zeigt sich: Das Schwarze Tor ist bald gar nicht mehr schwarz.

"Blond wäre vielleicht die passendste Farbbezeichnung", scherzt Björn Claussen von der städtischen Abteilung Hochbau. Mit ihm geht es an diesem Vormittag hinter den Baustellenvorhang: Die Sanierung des Schwarzen Tores, Wahrzeichen der Stadt, läuft seit Mitte September. Derzeit werden die teils 800 Jahre alten Steine mit einem Spezialverfahren gereinigt. Und zwar mit Erfolg, wie deutlich zu sehen ist: Etliche der mächtigen Kalktuff- und Dolomit-Steine sind bereits von der düsteren Schmutzschicht befreit worden. Jetzt strahlt das Gestein schon fast in einem warmen Sandton – zwar nicht wie neu und auch nicht überall gleich, von schwarz kann jedoch keine Rede mehr sein.

"Wie geschleckt wird es später natürlich nicht aussehen", betont Claussen. Das geht auch gar nicht, schließlich haben es die Mitarbeiter der Fachfirma Maar aus Schweinfurt (die auch schon am Berliner Reichstag zugange war) mit gradezu abwechslungsreichen Turmgemäuer zu tun: Massiver Dolomit ("auf diesem Untergrund steht jetzt der Thyssen-Krupp-Turm", erklärt Claussen) wechselt sich mit Kalktuffstein ab, der aussieht wie ein löchriger Schwamm. Teilweise lässt sich eine ganze Faust in den natürlichen Aushöhlungen versenken. Doch der Anblick täuscht. Der Stein ist höchst stabil, erklärt Claussen.

Ein paar Gerüst-Etagen höher ist der Turm teilweise verputzt, an etlichen Stellen wurden die Kalktuff-Löcher einfach mit Ziegelsteinen gestopft. "Und überall wurde mit Zement gepfuscht", bedauert Claussen und zeigt auf die vielen ausgebesserten Stellen. Das sei Gift für das Gestein, weil der Zement zu hart ist, sagt der Fachmann. Vor 40 Jahren wusste man das allerdings noch nicht. Deshalb muss der Zement jetzt mühevoll entfernt werden. Auch tausende Meter Fugen werden mit Kalkputz erneuert.

Aber zunächst ist den ganzen Oktober über noch die Reinigung an der Reihe. Das geschieht mittels Glaspudermehl, das mit einer Düse auf das Gestein geblasen wird – ähnlich wie beim Sandstrahlen, nur viel schonender. Zuvor entfernt Mitarbeiter Jerzj Nachlik geduldig in feinster Handarbeit Moospartikel vom Gemäuer, damit das Glaspudermehl wirklich überall hinkommt. Gründliches Arbeiten ist gefragt, schließlich hat sich über acht Jahrhunderte einiges an Ablagerungen angesammelt. Das Industriezeitalter, die Kohleöfen, mit denen geheizt wurde, der Verkehr – und immer mittendrin: das Schwarze Tor.

Ganz oben am Dach zeigt sich, dass ein weiterer Feind den alten Mauern zusetzt. Taubendreck zuhauf findet sich auf den alten Zinnen. "Da müssen wir uns noch eine Lösung einfallen lassen", sagt Björn Claussen. Wer genau hinschaut sieht übrigens, dass da schonmal jemand weniger zimperlich war: Einschüsse von Schrotkugeln zeugen von einer früheren "Taubenbekämpfungsmaßnahme". Angesichts der vielen Mauerwerksschäden, die es im Zuge der Maßnahme bis Ende 2016 noch zu begeben gilt, ist das allerdings ein Klacks.