In einem Waisenheim in Nepal hat Tim Mauch als Freiwilliger gearbeitet. Zurück kehrt er mit geteilten Gefühlen. Foto: Mauch

18-jähriger Tim Mauch berichtet über seine durchwachsenen Erfahrungen mit Auslandsprojekt.

Rottweil - Das Abi in der Tasche – und dann? Viele Jugendliche zieht es nach Schulabschluss ins Ausland. Sie möchten nicht nur reisen, sondern auch etwas Sinnvolles tun und den Blick hinter die touristischen Kulissen werfen.

Immer mehr Abiturienten entscheiden sich für einen Freiwilligendienst im Ausland. Die Nachfrage ist groß, der Markt boomt. Doch nicht alle Anbieter sind gut. Eine Studie, die der Informationsdienst Tourism Watch bei Brot für die Welt gemeinsam mit ECPAT Deutschland und dem Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung herausgegeben hat, belegt: Im Bereich der Freiwilligendienste gibt es Angebote, bei denen die Preistransparenz fehlt, die Betreuung der Freiwilligen vor Ort mangelhaft und die nachhaltige Wirkung der Projekte zweifelhaft ist.

Das weiß der 18-jährige Tim Mauch aus Rottweil aus eigener Erfahrung. Nach seinem Abitur am Droste-Hülshoff-Gymnasium ist er für fünf Monate als Freiwilliger nach Nepal gegangen. "Ich habe eine Organisation gefunden, die flexible Projekte anbietet", berichtet Mauch. Das heißt: Die Reisedauer und die Reisezeit bestimmen die Teilnehmer selbst. "Nepal hat mich immer schon interessiert. Mir hat es gut gefallen, dass man in einer Gastfamilie unterkommt und so auch den Alltag kennenlernen kann", erinnert sich der 18-Jährige. Auch das Rahmenprogramm mit einem Sprachkurs und einer Trekking-Tour hat ihn damals überzeugt. Heute will er frisch gebackene Abiturienten warnen und rät zu einer sorgfältigen Auswahl der Vermittlungsorganisation.

"Natürlich überwiegen bei mir die positiven Erfahrungen absolut", sagt Mauch. "Man lernt, auf sich alleine gestellt zu sein, Verantwortung zu übernehmen, man lernt ein anderes Land und seine Kultur kennen und sieht die Welt aus einer anderen Perspektive", erklärt der 18-Jährige. "Es war wirklich sehr interessant. Die Leute waren nett, und das Projekt hat Spaß gemacht", sagt Mauch.

Ein Riesengeschäft

Enttäuscht und betrogen fühlt er sich trotzdem, denn: Solch ein Aufenthalt kann ganz schön ins Geld gehen. "Für kommerzielle Organisationen, die unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit arbeiten, ist es ein Riesengeschäft", ist er überzeugt.

Mit dieser Einschätzung ist er nicht alleine. Inzwischen hat sich sogar der Begriff Voluntourismus etabliert: Freiwillige Dienste werden von den Anbietern als touristisches Produkt verstanden und wie Pauschalreisen verkauft. "Das wird auch im Internet zum Teil mit Schnäppchen-Aktionen beworben", bestätigt Mauch. Bei seinem Projekt fand er ärgerlich, dass viele Informationen, die er in Deutschland bekommen hatte, einfach nicht stimmten. "Das größte Problem war die mangelnde oder gar fehlende Kommunikation zwischen der Entsendeorganisation in Deutschland und dem lokalen Kooperationspartner in Nepal", meint er. In Nepal sei deshalb viel schiefgelaufen.

Bereits bei der Ankunft fühlte sich der 18-Jährige im Stich gelassen: "Es wusste niemand Bescheid, dass ich am Flughafen bin. Dabei braucht man ja gerade am Anfang in einem fremden Land eine gewisse Sicherheit." Unstimmigkeiten gab es viele. "Die Organisation hat zum Beispiel versprochen, dass man eine Woche lang in einer traditionellen Familie in der Hügelregion Nepals verbringt. Bei mir war es dann schließlich eine moderne nepalesische Familie, die in der Hauptstadt Kathmandu wohnte – mit Internetanschluss und allem Komfort", schildert Mauch. Er liefert ein weiteres Beispiel: Bei der Projektbeschreibung hieß es am Anfang "Bäume anpflanzen". In Nepal hat der Freiwillige dann Gemüse für ein Waisenheim angebaut. Zwei oder dreimal die Woche ist er ins Waisenheim gegangen und hat dort mit den Kindern gespielt oder in der Küche geholfen. "Da hat man manchmal schon Bedenken, wie nachhaltig diese Arbeit wirklich ist", gibt Mauch zu. Vor allem aber will er jetzt genau wissen, wie viel Geld in Nepal ankommt. Seine Fragen und Kritik hat der 18-jährige Rottweiler an die Organisation weitergegeben – und wartet bis heute auf eine Rückmeldung.

 Wählen Sie keine Reiseveranstalter, die armutszentriertes Marketing nutzen. Weder Kinder noch die lokale Bevölkerung sollten in Bild oder Text als passive Hilfsempfänger dargestellt werden. Achten Sie bei der Auswahl eines Veranstalters auch auf sein Nachhaltigkeitsengagement und bevorzugen Sie Veranstalter, die sich einer unabhängigen Überprüfung unterzogen haben.

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Gibt es Vorbereitungsseminare (in Deutschland oder vor Ort) oder andere Vorbereitungsmaterialien?  Wie lange arbeitet der Veranstalter bereits mit der lokalen Organisation zusammen?  Wo gibt es weitere Informationen zu der Organisation?

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Quelle: gemeinsame Studie von Brot für die Welt – Tourism Watch, ECPAT Deutschland und Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung