Ulrich Scherler wurde vom Arzt zum Autor. Foto: Scherler Foto: Schwarzwälder-Bote

Ulrich Scherler hat "Aus der Tiefe der Vergangenheiten – Vom Ursprung

Ulrich Scherler hat "Aus der Tiefe der Vergangenheiten – Vom Ursprung der Krankheiten" im Eigenverlag herausgebracht. Momentan ist es daher entweder über die Internetseite www.ulrich-scherler.de oder im Buchladen Kolb Rottweil erhältlich. Das Buch kostet 19,80 Euro und 1,20 Euro Versand, falls es online bestellt wird.

Aufgrund einer Vorlesung vor zwei Jahren an der Universität Zürich wurde der Arzt Ulrich Scherler zum Autor. Aus Unmut über eine Dozentin machte er sich auf die Suche nach Antworten auf seine Fragen. Und stieß dabei auf eine spannende Forschungslücke.

Von Nadine Klossek

Rottweil. Wir reisen zurück in die Kolonialzeit. Tatort: Kamerun. Die afrikanischen Staaten werden von ihren Besetzern ausgebeutet. Elfenbein, Rohstoffe, Tropenholz: Alles wird nach Europa verschifft. Große Teile der Wälder werden gerodet. Als Konsequenz vermehren sich Stechmücken in den betroffenen Gebieten. Die Insekten übertragen die afrikanische Schlafkrankheit. Immer mehr Sklaven sterben, Transportlücken entstehen. Französische Kolonialbehörden ordnen eine Impfaktion an, sterile Nadeln gibt es keine. 1981 bekommen die ehemaligen Kolonialmächte das Ausmaß dieer unbedachten Aktion zu spüren. Der noch heute lebensgefährliche HI-Virus tritt erstmals in Europa auf.

Fragwürdige Impfaktion der Franzosen führt zur Verbreitung des gefährlichen HI-Virus

Ulrich Scherler stolperte zufällig über diesen Zusammenhang. Er entdeckte Unterlagen eines belgischen Arztes, der in den 60er-Jahren alte Gewebeproben von Operationen untersucht und dabei festgestellt hatte, dass der Virus bereits in Afrika verbreitet war, als die Franzosen die fragwürdige Impfaktion in Auftrag gaben. Scherler verfolgte die Spur weiter, analysierte die postkoloniale Geschichte und kam zu dem Ergebnis: Krieg mit einhergehenden Vergewaltigungen von Frauen sowie die steigende Mobilität der Menschen führte zu einer Verbreitung des Virus, bis es schließlich in Europa landete.

Es ist eine von vielen Geschichten, die Scherler in seinem Buch "Aus der Tiefe der Vergangenheit – Vom Ursprung der Krankheiten" erzählt. Doch wie kam es dazu, dass der heute 69-jährige Arzt, der jahrelang eine Praxis in Göllsdorf führte, ein Buch über die Menschheits- und Krankheitsgeschichte schrieb? Aus persönlichen Gründen gab Scherler 2003 seine Praxis auf. Zehn Jahre später saß er als Student der Ur- und Frühgeschichte in einem Hörsaal der Universität Zürich. " Es kann als fortschrittliche Revolution gesehen werden, dass der Mensch vor 10 000 Jahren im Nahen Osten sesshaft wurde." Dies waren in etwa die Worte seiner Dozentin.

Der frühere Allgemeinmediziner meldete sich damals zu Wort und merkte an, dass diese Entwicklung auch Nachteile mit sich gezogen habe, da die Nähe zu den gezähmten Tieren auch eine Nähe zu etlichen Krankheitserregern bedeutete, die vom Tier zum Mensch übersiedeln konnten. "Diese Aussage wurde von der Dozentin einfach abgetan", echauffiert sich Scherler noch heute. "Ich war so zornig, dass ich begann, nach Beweisen für meine Aussage zu suchen."

Es folgten anderthalb Jahre intensiver Recherche. Am Ende präsentierte Scherler ein Buch, das bisher vor allem an Universitäten großen Anklang findet. "Sie haben in der Tat ein Thema aufgeworfen, das in der Ur- und Frühgeschichte mangels Fachkompetenz stiefmütterlich behandelt wird", schreibt ein Professor der Universität Leipzig.

Puzzleteile aus der Medizin und Archäologie werden vom Autor neu zusammengesetzt

Dabei trägt er nicht in trockener Manier seine Forschungsergebnisse vor. Scherlers Entdeckungen lesen sich viel eher wie Krimis. Puzzleteile längst vergessener Geschichten wurden neu zusammengefügt und so aufgearbeitet, dass man sich nicht zwingend fachlich mit den Themen auskennen muss. "Ich habe Stunden damit verbracht, die gebräuchlichen Namen medizinischer Ausdrücke für Erreger und Krankheiten zu finden", erinnert sich Scherler.

Wenn der 69-Jährige in die Zukunft blickt, wird das Bild nicht unbedingt rosiger. So sehr die moderne Medizin Fortschritte gemacht hat, so sehr haben sich auch die Erreger weiterentwickelt. "Es ist ein bekanntes Problem, dass viele Erreger resistent gegenüber Antibiotika werden", sagt der Autor und zeigt klar auf, was passieren müsste, um Krankheiten einzudämmen. "Man müsste aufhören, in den Lebensraum der Wildtiere einzudringen. Zudem müssen wir weg von der Massentierhaltung und hin zu artgerechter Haltung ohne Medikamente und Antibiotika." Seine Begründung ist demnach auf seine These zurückzuführen, die er bereits im Hörsaal vertreten hatte. Der enge Kontakt von Mensch und Tier führt zu Krankheiten. "Das ist allerdings keine neue Entdeckung", erklärt Scherler. "Meine Forschung stützt lediglich, wovor die Weltgesundheitsorganisation die Menschen seit Jahren warnt."

Was Scherlers Buch zeigt: Auch wenn wir heute wissen, dass man nicht Hunderte von Menschen mit ein und derselben Nadel impfen sollte, so zeigt die Vergangenheit, dass der Kampf gegen Krankheitserreger auch in Zukunft ein immerwährendes Thema bleiben wird.