Verstörend intensiv: Anni Sultany als Barbara Foto: Riedlinger Foto: Schwarzwälder-Bote

Zimmertheater: Premiere von "Always crashing in the same car" / Minimalistisch und eindringlich

Rottweil (rd). Mit der Premiere des Stückes "Always crashing in the same car – Theater der Seele" zeigte das Zimmertheater am Samstagabend ein sehr intensives und dramatisches Stück um nur drei Charaktere, das in den Tiefen der Psychoanalyse gründet. Leise Töne und gewollt oft statisches Spiel zog die Zuschauer in einen Bann, der von Schauspielern und Publikum hohe Konzentration erforderte.

Dramaturgisch überarbeitet von Peter Staatsmann, der auch Regie führt, wird mit minimalistischer Ausstattung nach einem genau dokumentierten wahren Fall in knapp zwei Stunden der rund sieben Jahre lange Weg einer jungen Frau erzählt und gespielt. Anni Sultany zeigt schon fast verstörend intensiv den Gemütszustand der Figur Barbara, die sich immer und immer wieder vom "Analytiker" Niklas Seifert in die Seele schauen lässt. Dabei sind die Szene der Bühne und die Szene der Psyche verwandt: sie präsentieren sich schlicht und schwarz, fast schon karg. Der glänzende Boden verstärkt dabei den Eindruck des Betrachters, dass sich hier die Psyche der Akteure spiegelt.

Als dritte Figur auf der Bühne agiert "Prometheus" Bagdasar Khachikyan, der offensichtlich für die Dämonen der Seele steht. Und diese übernehmen immer wieder die Oberhand bei Barbara im Laufe der Analyse. Durch ihre Erzählungen wird klar, dass sie bereits als vier- oder fünfjähriges Kind ausgeschlossen war aus dem Ring der Freunde ihres Bruders. Auch die Anerkennung der sie verachtenden Mutter wird ihr verweigert, obwohl sie ihr mehr wert wäre als das eigene Leben. Das führt dazu, dass sie als Frau mit 28 Jahren – zu Beginn der Analyse – zu keiner normalen Beziehung zu einem Mann fähig ist. Bei ihrem einfühlsamen Freund Lukas findet sie keine sexuelle Erfüllung, beim Liebesakt sei sie wie eingefroren.

"Ich brauche einen starken Mann um zu funktionieren", sagt sie über sich selbst. Sie sucht einen mächtigen Mann, der sie halten kann. Und findet ihn nur in dem muskulösen, rohen und gewalttätigen Rudolf, der ein Alkoholproblem hat. Aus ihm zieht sie Kraft, ohne seine eigene Kraft zu schmälern. Eigentlich schon masochistisch provoziert sie Bestrafung von ihm. Und obwohl sie es ihm übel nimmt, muss sie ihn sofort wieder zurückgewinnen. Aus diesem Kessel der immerwährenden Wiederholungen herauszukommen ist die große Herausforderung für Barbara.

Dabei ist die Situation gleichsam eins mit einem Kessel der Nibelungen auf der Burg König Etzels oder der Soldaten im russischen Stalingrad, die ihrer Ausweglosigkeit entgegen sehen.

In einer szenischen Dokumentation von weit über 600 Stunden Gesprächen und Analysen ihrer Gemütsverfassung spannt das Stück einen sehr weiten Bogen von der griechischen Sagenwelt, über die Nibelungensaga und Napoleon bis zum Kessel der Schlacht von Stalingrad im zweiten Weltkrieg. Und stellt die Frage, wie es möglich sein wird, die Macht der Wiederholung zu brechen.  Weitere Vorstellungen des Zimmertheaters finden am 13. Mai, 28. Mai, 3. Juni, 4., 10., 11., 17. und 18. Juni statt, jeweils um 20 Uhr.