Die rote Wand der Busse am Friedrichsplatz ist in Rottweil ein Begriff. Archiv-Foto: Otto Foto: Schwarzwälder-Bote

Vor dem Test einer neuen Fahrer-Pausenregelung: Umfrage zur ZUP-Verlegung

Von Anja Schmidt

Rottweil. Die rote Wand der Busse am Friedrichsplatz ist in aller Munde. Geschimpft wird indes nur vereinzelt. Die meisten empfinden sie nicht als Schandfleck, sondern als lebendig.

Die rote Wand. Wohl kaum einer außerhalb der Kreisstadt bringt diesen Begriff mit Bussen in Verbindung. Aber in Rottweil weiß fast jeder, was damit gemeint ist. Auch das Wort Schandfleck fällt im Zusammenhang mit dem Friedrichsplatz. Zuletzt wurde es in Rottweil für den Kapuziner verwendet, der vor seiner Sanierung ähnliche Regungen hervorrief. Doch während für die Rettung des Kapuziners eine Bürgerinitiative gegründet wurde, sieht es für den Friedrichsplatz nicht danach aus.

Busfahrer, Einzelhändler, Fahrgäste und andere, die den Bus selten oder nie benutzen, haben ihre Meinung zur Lage des Zentralen Umsteigeplatz (ZUP) – am Friedrichsplatz oder an der Post. Fast alle befragten Fahrgäste, die regelmäßig den Bus nutzen, wollen an der derzeitigen Situation nichts ändern. Zwar wurde mehrmals geäußert, dass die Haltestellen am Friedrichsplatz dringend einer Verbesserung bedürften, insbesondere einer Überdachung, aber der ZUP solle hier bleiben. Für eine 81-Jährige wäre die Verlagerung des ZUP zur Post "eine Katastrophe". In ihrem Alter sei jeder Schritt zu viel. Sie wolle in der Innenstadt aussteigen, um einkaufen gehen zu können. "Ich kann doch die schweren Taschen nicht ewig weit tragen", stöhnt sie. Auf den Bus sei sie angewiesen, und sie nutze ihn gerne, auch wenn sich die Busverbindung mit dem neuen Fahrplan verschlechtert hätte. Ihre Meinung, das wisse sie, teilen viele Busfahrgäste: "Nicht nur die älteren".

Tatsächlich ähneln sich die Argumente. "Das ist blöd", war ein gern benutzter Satz, beispielsweise von Elmar Grosch. Komme der ZUP zur Post, "kann ich ja gleich von zu Hause aus laufen". Umsteigen will er auf seiner kurzen Strecke jedenfalls nicht. Der Friedrichsplatz sei durch die Busse lebendig, "und das braucht eine Stadt".

Natascha Mutapcic ist auch auf den Bus angewiesen. Sie leide schon unter den neuen Fahrplänen, weil in den Ferien keiner mehr hält. Sollte der Gemeinderat sich dennoch für eine Verlagerung entscheiden, "dann konsequent", fordert sie eine Fußgängerzone für den Friedrichsplatz. Friedel Raube hat Verständnis für die rote Wand. "Irgendwo müssen die Busfahrer doch Pause machen, und am Schönsten ist es natürlich in der Innenstadt".

Dem Schüler Aljoscha Keller wäre es "völlig egal", wenn er zukünftig bis zur Post laufen müsste. Und auch einem weiteren Busfahrgast ist die Entscheidung des Gemeinderats schnuppe. Befürworter der Verlagerung indes waren unter den Fahrgästen nicht zu finden.

Keine Busbenutzerin ist Irena Möllmann, Geschäftsinhaberin am Friedrichsplatz. Für sie bringt der ZUP am jetzigen Standort "nur Vorteile". Falle er weg, schade das ihrem Geschäft, ist sie sich sicher. Die rote Wand ist aus ihrer Sicht "nicht hässlich", sondern sorge für Leben. Die Busfahrgäste würden die Wartezeit gerne in ihrem Geschäft verbringen oder in die Schaufenster sehen. Ihn zu verlagern, wäre "bestimmt nicht förderlich".

Ähnliche sehen das die Angestellten des Rosenkavaliers und der Drogerie Müller. Verblüffen dürfte das die Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins (GHV), Karin Huonker. Sie erklärt die Leerstände am Friedrichsplatz mit dem Busverkehr. Allerdings spricht auch sie sich nicht mehr eindeutig für eine Verlagerung zur Post aus. "Wir müssen ihn nicht mit Gewalt verlegen, wenn sich dadurch nichts ändert." Ihre Hoffnungen liegen jetzt beim Busunternehmen auf dem Berner Feld. Hans Keller kündigte ein Konzept an, mit dem er die langen Pausen, die Busfahrer am Friedrichsplatz verbringen, verhindern möchte.

Das Konzept indes scheint mit den Busfahrern noch nicht abgesprochen. Ein Busfahrer von Omnibus Hauser ärgert sich selbst über die Situation. "Wir haben hier keinen Platz", sagt er. Habe er beispielsweise eine Stunde Pause, dann verbringe er sie am Friedrichsplatz. Aber er versperre dadurch anderen Busse die Parkbuchten. Sonst wo seine Pause zu verbringen, sieht er aber als unmöglich an. Ein Kollege hingegen verbringt seine großen Pausen am Nägelesgraben. Das sei für ihn in Ordnung. Er gehe dann meist auf einen Kaffee in den Einkaufsmarkt. Für eine kurze Pause will er sich aber nicht vom Friedrichsplatz vertreiben lassen: "Da treffe ich Bekannte und Freunde oder geh’ kurz einkaufen."

Vertraut man indes dem neuen Konzept, das Hauser-Senior-Chef Hans Keller ab Mitte Dezember testen möchte, wird er seine Pause zukünftig wahrscheinlich nicht mehr am Friedrichsplatz verbringen können. Nach den Plänen des Unternehmens, erklärt Oberbürgermeister Ralf Broß, werde die Pause dann irgendwo auf der jeweiligen Buslinie in einer Haltebucht genommen. Die Anregung, den ZUP zum Postgebäude zu verlagern, kam von Broß. An seinem Marktstand im Wahlkampf sei er vereinzelt auf die lange Verweildauer der Busse am Friedrichsplatz angesprochen worden. Als das Thema dann wieder auf die Tagesordnung kam, suchte er nach einer Lösung. "An der Verweildauer konnten wir nichts ändern", erklärt er. Eine Pause stehe jedem Busfahrer zu, und zu Anfang der Debatte war auch seitens des Busunternehmens keine denkbare Lösung in Sicht, erklärt Broß die Orientierung hin zum Postgebäude. Sollte das neue Konzept aber tatsächlich eine "subjektive Verbesserung" ergeben, wäre auch für ihn der Umzug des ZUP wahrscheinlich vom Tisch.