An einem Gebäude am Friedrichsplatz hängt neuerdings das Plakat der Stadträte pro JVA, auch in der unteren Hauptstraße ist es zu sehen. Foto: Schickle

Rudolf Bacher stört sich an Aushang an Haus, das zur Hälfte ihm gehört. Verwaltung lässt Meinungsäußerung zu.

Rottweil - Am Thema Großgefängnis kommt in Rottweil derzeit keiner vorbei. Befürworter und Gegner der JVA in Rottweil beziehungsweise am Standort Esch sind samstags auf dem Markt anzutreffen, darüber hinaus lächeln Stadträte seit einiger Zeit von Plakaten pro Gefängnis. Neuerdings stehen die nicht nur an den Ortseinfahrten, sondern hängen auch an Hausfassaden in der Innenstadt. Rudolf Bacher hat mit einem dieser Plakate ein Problem.

Seine Meinung zum Gefängnis behält er für sich. Was ihn allerdings stört an diesem Poster ist die Tatsache, dass es an seinem Haus hängt. Entdeckt hat er es am Sonntag. Da lächelten die Stadräte schon gut eine Woche vom Gebäude am Rottweiler Friedrichsplatz. Einer von ihnen ist Herbert Sauter, für die CDU im Gemeinderat. Er war es auch, der das besagte Plakat aufgehängt hat. An seinem Haus – denn das Gebäude ist in zwei Hälften geteilt und hat deshalb zwei Besitzer: Bacher und Sauter.

Herbert Sauter, seit Langem Ortsvorsteher von Hausen und dort daheim, ist am Friedrichsplatz aufgewachsen. Dort, in der Stadtmitte, will er die JVA zum Thema machen und hat deshalb vor der elterlichen Wohnung das Poster befestigt. Auch an anderen Häusern ist es inzwischen zu sehen, etwa über dem Geschäft von Stadtrat Jörg Stauss in der unteren Hauptstraße.

Was Rudolf Bacher stört, ist, dass Herbert Sauter ihn vorher nicht gefragt hat. Er hat nämlich eine andere Meinung zu dem Thema. "Ich finde es schlimm, wenn man so was in einer historischen Stadt aufhängt", erklärt Rudolf Bacher. "Das passt nicht."

Und historisch ist das Gebäude alle mal: In einem Ordner hat der Rottweiler die Geschichte dokumentiert. Seine Mutter ist in dem Gebäude aufgewachsen. Im Besitz seiner Familie befindet sich die Haushälfte seit dem Jahr 1894, damals hatte sie sein Großvater Josef Baier gekauft. Rudolf Bacher hat sie schließlich nach dem Tod seines Onkels und seiner Tante übernommen.

Das Haus indes ist weitaus älter. Eine dendrologische Untersuchung hat ergeben, dass Tannen und Fichten, die verbaut sind, aus dem Jahr 1347 beziehungsweise 1348 stammen. Auch das Gutachten hat er abgeheftet. So viel Geschichte und das aktuelle Plakat zum Gefängnis? Das passt für Bacher einfach nicht. Darüber hinaus hat er ein Problem damit, dass das Poster einen Teil der Fenster seiner Mieter verdeckt.

Und was sagt die Stadt dazu? Schließlich ist es normalerweise alles andere als einfach, Werbung oder ein Schild an einem der historischen Gebäude anzubringen. Dafür gibt es die Gestaltungssatzung. Darin steht etwa, wie groß die Buchstaben sein dürfen und ob ein Schild beleuchtet werden kann oder nicht. Rottweil ist streng mit solchen Dingen – in diesem Fall aber nicht. Als Werbeanlage würde er die Plakate der Stadträte nicht bezeichnen, sagt Bürgermeister Werner Guhl. Er will auch nicht auf Vorschriften zurückgreifen.

"Ich glaube, der derzeitige Interessensaustausch wird anständig ausgetragen", sagt Guhl. Nicht nur mit den Plakaten, sondern auch in der Bürgerversammlung, am Runden Tisch oder auf dem Samstagsmarkt. "Solchen Dingen sollte man nicht Einhalt gebieten." Zumal das Gefängnisthema und damit der Aushang zeitlich begrenzt sei und keinen Einzelinteressen diene.

Darüber hinaus, sagt der Bürgermeister, hätte auch niemand Verständnis dafür, wenn die Verwaltung ein beispielsweise von der Bürger- initiative aufgehängtes Plakat entfernen lassen würde.