Hat er seiner untergebenen Rottweiler Truppe das Ok für den Brandanschlag auf das Clubheim einer feindlichen rockerähnlichen Vereinigung in Lauffen bei Rottweil gegeben? Seit Freitag ist der 23-Jährige als mutmaßlicher Präsident der Stuttgarter "Black Jackets" deshalb vor Gericht. Foto: Palik

23-jähriger Präsident soll angeordnet haben, das Clubheim der "United Tribuns" in Brand zu stecken.

Kreis Rottweil - Polizeiliche Kontrolle und Durchsuchung der Taschen der Besucher – so begann am Freitag die Verhandlung gegen einen vermeintlichen Präsidenten der rockerähnlichen Vereinigung "Black Jackets" am Rottweiler Landgericht.

Dem 23-Jährigen wird versuchte schwere Brandstiftung in Tateinheit mit Beihilfe zur Herstellung unerlaubter Gegenstände vorgeworfen. Er soll den ihm untergeordneten Rottweiler Mitgliedern die Erlaubnis für einen Brandanschlag auf das Clubheim der feindlichen Vereinigung "United Tribuns" gegeben haben. Die besagten Rottweiler "Black Jackets" seien aufgrund einer Auseinandersetzung mit den Gegnern am Tag zuvor auf die Idee gekommen, hätten sich vor der Durchführung ihres Racheplans jedoch erst die Genehmigung holen müssen. Dazu seien sie gleich am nächsten Tag nach Stuttgart gefahren, wo sie sich im so genannten "Memberraum" des Clubheims mit dem jetzigen Angeklagten getroffen und ihm erklärt haben sollen, was passiert war, führt die Anklage aus. Demnach habe der Angeklagte die Tat nicht nur erlaubt, sondern schon Anweisungen zu ihrer Ausführung erteilt. Er habe aufgetragen, Bierflaschen für die Molotow-Cocktails zu verwenden und lange Lunten zu benutzen, was die acht Täter, die im vergangenen Januar verurteilt wurden, dann auch so organisiert haben sollen.

In der gestern eröffneten Hauptverhandlung wurden neben der Anklage auch einige Briefe des Angeklagten an verschiedene Adressaten verlesen, in welchen er schrieb, er sei unschuldig, ja, er habe "schon lange auf die Black Jackets geschissen." Die anderen hätten seinen Namen nur durch den Druck der Polizei ins Spiel gebracht, um eine Strafmilderung zu bekommen.

Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt.

Seite 2: Langes Vorspiel mit dramatischem Höhepunkt

Von Bodo Schnekenburger

Kreis Rottweil - Es gab lange Gesichter am 27. Januar 2012. Und es gab auch sichtbare Stoßseufzer, als die Große Jugendkammer am Rottweiler Landgericht ihr Urteil gegen acht junge Männer sprach, die in einen Brandanschlag verwickelt waren, der glücklicherweise glimpflich ausgegangen war, der gleichwohl für einiges Aufsehen sorgte. Die Täter: ein paar Jungs, denen es schon nicht mehr wohl in ihrer Haut war, die aus Bequemlichkeit und falscher Verbundenheit mitmachten – und ein paar junge Männer, die Ambitionen hatten, richtig was zu werden im Rockergruppengeschäft.

Die Vereinigung, der sie angehörten – mehr oder weniger formell und manche jedenfalls inzwischen nicht mehr –, gehört zu den als "rockerähnliche Vereinigung" kategorisierten Gruppen. Diese kennzeichnet unter anderem eine strenge hierarchische Organisation. Rituale können eine Rolle spielen, etwa eine bestimmte Kleiderordnung, und typischerweise sind auch irgendwelche besonderen Vorstellungen von Ehre und Brüderlichkeit mit im Spiel.

Erfüllt man das alles, ist man schnell dabei, Handlanger mehr oder minder schwerer Verbrecher zu werden, auf jeden Fall nicht nur eine Riesendummheit zu begehen, sondern Menschen in Gefahr, möglicherweise in Lebensgefahr zu bringen. So geschehen im Februar 2011 in Lauffen bei Rottweil bei einer Vergeltungsaktion.

Mitglieder einer verfeindeten Vereinigung hatten den Vizechef der Rottweiler Gruppe – wahrscheinlich war tatsächlich er der Maßgebliche der im Aufbau befindlichen Gruppe – kalt erwischt: Auf dem Parkplatz eines Supermarktes sollte die Auseinandersetzung Mann gegen Mann ausgefochten werden, der Vizechef verweigerte sich dem Ansinnen. Für die Gegner ist das ein gefundenes Fressen: Als "Weichei" dazustehen, als einer, der seine Ehre nicht verteidigt und damit auch die der ganzen eigenen Vereinigung nicht, das ist großartig. Zumal das Eingeständnis, ein Feigling zu sein, per Handyvideo festgehalten und zeitweilig im Internet verbreitet werden konnte. Für den Betroffenen sieht die Sache anders aus: Die Schmach ist kaum zu ertragen, zumal ja die ganze eigene Gang plötzlich dasteht wie eine Kindergartengruppe.

Im aktuellen Fall kam hinzu, dass die Rottweiler Gruppe, je nach Schilderung, selbst wenig bis nichts zu entscheiden hatte. Und schon zweimal hatte sie nicht über etwas zu bestimmen, das einen Krieg vom Zaun brechen könnte. Deshalb die Fahrt nach Stuttgart ins Hauptquartier, deshalb das Gespräch mit dem Präsidenten. Die Idee: das Clubheim der Feinde abfackeln. Weisungsgemäß ausgeführt werden sollte die Tat dann nicht etwa von den Strippenziehern, sondern von aus Tuttlingen rekrutierten Hilfskräften, die ziemlich weit davon entfernt waren, jemals "echte" so genannte "Black Jackets" zu werden, und von denen mancher, abgesehen davon, auch schon lange keine Lust darauf hatte. Mitgemacht haben sie trotzdem. Die Molotow-Cocktails flogen und richteten ein bisschen Schaden an. Doch bleibt es eine schwere Straftat.

Verurteilt wurden alle. Zwei kamen am 27. Januar 2012 mit Bewährungsstrafen davon. Ein langes Gesicht machte der mutmaßliche Drahtzieher: Drei Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe hatte er kassiert. Da ist an Bewährung lange nicht zu denken.