AH SBH kämpft um Anerkennung und stößt dabei teilweise auf große Vorbehalte / Deutliche Kritik vom Gesundheitsamt

Von Winfried Scheidel Kreis Rottweil. Die Aidshilfe Schwarzwald-Baar-Heuberg (AH SBH) bemüht sich um Anerkennung. Diese soll sich auch in finanzieller Unterstützung durch die Kommunen niederschlagen. Im Landkreis Rottweil ist davon wenig zu spüren. Auch weil die Notwendigkeit der Einrichtung teilweise stark in Zweifel gezogen wird. Heinz-Joachim Adam, Leiter des Gesundheitsamtes in Rottweil, sieht die medizinische, aber auch die psychosoziale Betreuung in seinem Haus gut gewährleistet. Die AH SBH könne vielleicht durch die Organisation von Selbsthilfegruppen das Netz an Hilfeleistungen ergänzen, verweist Adam auf Nachfrage vorsichtig auf eine mögliche Nische. Ansonsten aber warnt der Mediziner und Dezernent im Landratsamt vor der Schaffung unnötiger Doppelstrukturen. Dies auch mit Verweis auf die schon länger etablierten Aidshilfen in Konstanz, Freiburg, Tübingen und Offenburg, die auch den Bedarf in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg ausreichend abdeckten, so Adam.

Wenn man Bernd Ayasse, 2006 Mitbegründer der Aidshilfe Schwarzwald-Baar-Heuberg, und dort in einer 50-Prozent-Stelle als hauptamtlicher Mitarbeiter Assistent des Vorstands des eingetragenen Vereins, auf diese Einschätzung anspricht, dann kommt schnell die Gegenfrage, wer denn dieser Einrichtung Böses wolle. Man sehe sich als Ergänzung zu den bestehenden Angeboten und dabei vor allem im psychosozialen Bereich an der richtigen Stelle. Soll heißen: Beistand in allen Lebensfragen. Auch bei Erkrankungen wie Syphilis oder Hepathitis. Dabei sei man praktisch rund um die Uhr ansprechbar. Das sei doch schon ein Wert an sich, betont Ayasse.

Dass ein hoher Bedarf an Beratung besteht, wird auch von Heinz-Joachim Adam nicht in Abrede gestellt. Die Beratung werde aber durch die Aidsberatungsstelle am Gesundheitsamt "vollkommen ausreichend" abgedeckt; zusätzlich bestehe eine Beratungsstelle für andere sexuell übertragbare Krankheiten, die zahlenmäßig eher ansteigen würden. In der Beratungsstelle des Gesundheitsamtes seien zeitgleich auch spezielle Untersuchungen möglich, die nur durch Ärzte durchgeführt werden dürften.

Einen erweiterten Bedarf im Bereich der Primär- oder Sekundärprävention könne er auch nicht erkennen, sagt der Chef des Gesundheitsamtes. In enger Abstimmung mit dem Schulamt, den geschäftsführenden Schulleitern und den Beratungslehrern der Schulen im Landkreis könnten alle erbetenen Unterrichtseinheiten abgedeckt werden.

Außerdem betont der Mediziner: Die Aidsberatungsstelle beziehungsweise Beratungsstelle für sexuell übertragbare Krankheiten am Gesundheitsamt Rottweil bestehe aus Ärzten, einer Mikrobiologin, einer Psychotherapeutin und einer Sozialpädagogin. Die Qualitätssicherung erfolge über das Landesgesundheitsamt und das Sozialministerium. "Wir arbeiten eng mit den Schwerpunktpraxen und den Ambulanzen zusammen und sind unabhängig." Dieses "multiprofessionelle Setting" sei vor allem bei Beratung junger Menschen unabdingbar; aber auch sehr hilfreich, um in den Beratungssituationen auf die speziellen sozialen und kulturellen Hintergründe eingehen zu können.

Diskretion und Aktionen in der Öffentlichkeit: Passt das zusammen?

Irritiert zeigt sich Heinz-Joachim Adam auch von Bernd Ayasses Aussage, dass es immer mehr Menschen gebe, die HIV-positiv seien. "Die Zahl HIV-Positiver steigt", ließ sich Ayasse Ende November 2013 in der Presse zitieren.

Für Adam sind die in diesem Zusammenhang genannten Fallzahlen "nicht nachvollziehbar." Und: Eine Zunahme von Aids-Erkrankungen könne weder für den Regierungsbezirk Freiburg noch für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg festgestellt werden.

Noch ein weiterer Punkt stößt Adam sauer auf: "Wegen "unangemessener Veranstaltungen wie Blutentnahmen in der Öffentlichkeit, zum Beispiel in Diskotheken, ohne Gewährung der Anonymität, ohne Infektionsprävention und ohne ausreichende Beratung" sorge man sich um den Ruf der etablierten und neutralen Aidsberatungsstellen an den Gesundheitsämtern in der Region.

Nicht nur solche Feststellungen empfindet Ayasse als "starken Tobak" und äußert die Befürchtung, dass der AH SBH wieder einmal ziemlich weh getan werden solle bei ihrem Mühen um breitere Anerkennung. Er räumt ein, dass die im Schwarzwald-Baar-Kreis organisierte Diskotheken-Aktion nicht so sensibel wie notwendig durchgeführt wurde. Dies tue aber seinem und dem Offensivgeist seiner Organisation für eine gute Sache keinen Abbruch, zeigt sich Ayasse von der Notwendigkeit der AH SBH überzeugt. Dass dies andere möglicherweise anders sehen, zum Beispiel Entscheidungsträger der Landkreisverwaltung und auch solche in Städten und Gemeinden, und dadurch finanzielle Unterstützung verhindert wird, sei sehr bedauerlich, sagt Ayasse, der dennoch weiter unverdrossen Überzeugungsarbeit für das Tun seiner Einrichtung leisten will. Für 2014 habe die AH SBH Landesmittel in Höhe von 16 000 Euro zur Verfügung. Von der Stadt Villingen-Schwenningen gebe es 3000 Euro.

Mit Spenden von Unternehmen und Privatpersonen und viel ehrenamtlichem Engagement könne man die Arbeit und auch den Unterhalt von Geschäftsstellen – eine gibt es seit 2013 auch in der Schwenninger Straße in Rottweil – gewährleisten, sagt Ayasse, bei dem es wegen eines positiv getesteten Freundes die Initialzündung dafür gab, 2006 zusammen mit anderen die AH SBH zu gründen. Diese wurde nach langem Mühen im Mai 2013 als assoziiertes Mitglied in den Landesverband aufgenommen. Innerhalb von zwei Jahren sind jetzt Qualifikationen zu leisten sind und muss auch der Bedarf nachgewiesen werden, um sich durch den Übergang in eine ordentliche Mitgliedschaft Mittel der Landesaidshilfe beziehungsweise des Sozialministeriums langfristig zu sichern.