Fleißig bauen die Flüchtlinge zur Übung an einem Gartenhäuschen. Foto: Müller

In Bildungsakademie bereiten sich zehn Männer auf Handwerksberufe vor. Viel Sprachunterricht.

Rottweil - Stein um Stein wächst die Mauer des kleinen Übungshäuschens in der Maurerwerkstatt der Bildungsakademie. Hamid ist ganz eifrig bei der Sache. Schließlich möchte er vielleicht bald eine Ausbildung zum Maurer absolvieren.

In seiner Heimat Afghanistan hat Hamid keine so guten Berufschancen wie in Deutschland. Doch auch hier, in dem Land, in dem Hamid Schutz vor Krieg sucht, schafft er es nur in Lohn und Brot, wenn neben den entsprechenden Berufsqualifikationen die Sprachkenntnisse stimmen. "Deutsch ist das A und O, wenn es um die Vermittlung von Flüchtlingen in die Arbeitswelt geht", weiß Heiner Maute, Leiter der Bildungsakademie Rottweil.

Hamid ist einer von zehn Flüchtlingen, die im bundesweiten Projekt "Perspektiven für junge Flüchtlinge" – kurz "PerjuF" – in der Bildungsakademie auf eine mögliche Ausbildung in Deutschland vorbereitet werden.

Die zehn jungen Männer zwischen 18 und 25 Jahren sind die ersten, die im Kreis so eine Chance erhalten. Seit Oktober besuchen sie täglich von 8 bis 16 Uhr die Maßnahme. Finanziert von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter erhalten Flüchtlinge hier Einblicke in die Handwerksfelder Metall, Holz und Bau.

Momentan packen die jungen Männer aus Afghanistan, Syrien, Gambia, Irak und Eritrea in der Maurerhalle mit an. In dieser Woche soll unter Leitung von Ausbildungsleiter Hans Müller ein kleines Gartenhaus entstehen. Er lobt den Arbeitseifer der Männer. Bei manchen merke man, dass sie das Zeug zum Maurer haben. Nur die Genauigkeit der Deutschen müssten die jungen Männer noch verinnerlichen. "Sie messen viel zu wenig nach", findet Müller, während er versucht, einem mauernden Flüchtling den Meterstab näher zu bringen. Dafür arbeiten sie aber mit Feuereifer. "Neulich hatten einige sogar Blasen an den Händen, ich musste sie fast bremsen zu arbeiten", erzählt Hans Müller.

Der Unterricht und die Arbeit mit den Händen ist auch eine gute Abwechslung zur Monotonie in den Flüchtlingsunterkünften – und sie bringen so Struktur und Disziplin in ihren Alltag. Sie seien sehr motiviert bei der Sache, denn sie alle möchten unbedingt arbeiten, Geld verdienen, in Deutschland Fuß fassen. "Es macht mir viel Spaß. Aber am liebsten möchte ich Bodenleger werden", erklärt Wissam aus Syrien in recht gutem Deutsch.

Sprachunterricht ist ein großer Block in der Ausbildung. Da die Geflüchteten aus verschiedenen Ländern kommen und sich allmählich Freundschaften unter den Schülern bilden, müssen sie sich auch in den Pausen und ihrer Freizeit auf Deutsch unterhalten – eine gute Übung.

Praktikum soll Einstieg in die Arbeit erleichtern

Der Theorieunterricht zu den einzelnen Berufsfeldern wird von Praxisphasen ergänzt. Dann steht der Gang in die Werkstätten an – oder wie diese Woche in die Maurerhalle. Ziel des praktischen Arbeitens ist es, dass die jungen Männer schon mal mit dem Material in Verbindung gekommen sind und schauen können, welches Handwerk ihren Vorlieben und Fähigkeiten entspricht. Am Ende der sechsmonatigen Bildungsmaßnahme schließt sich ein Praktikum an.

Astrid Zivelonghi ist für die soziale Betreuung der Flüchtlinge zuständig. Sie hält unter vier Augen Rücksprache mit den Schülern und versucht, sie gemäß deren Berufswünschen an Praktikumsbetriebe zu vermitteln. Ziel der Maßnahme ist es, dass die Flüchtlinge einen Ausbildungsplatz erhalten und sich so nicht nur in den Arbeitsmarkt, sondern auch in die Gesellschaft integrieren können. Bei "PerjuF" lernen die Männer, die in anderen Kulturen aufgewachsen sind, wie es in Deutschland bei der Arbeit zugeht. Das reicht über die für Deutschland so bekannte Pünktlichkeit und Krankmeldungen bis hin zu dem Umgang mit Hierarchien oder wie man sich in Deutschland richtig bewirbt. Auch die Berufsvielfalt in Deutschland wird ihnen näher gebracht – der Handwerker macht in ihren Herkunftsländer oft alles.

In Einzelgesprächen wird auch ermittelt, wie realistisch ihre Berufswünsche sind. Hamid wollte erst Busfahrer werden. Doch dafür bräuchte er einen Lkw-Führerschein – und den gibt es nicht ohne gute Deutschkenntnisse. Da er in Afghanistan bereits als Maurer gearbeitet hat, hat er realistische Chancen, im September in diesem Bereich eine Ausbildung zu beginnen. Dabei kann er vom guten Firmennetzwerk der Bildungsakademie profitieren.

Im Oktober soll der zweite Lauf der Maßnahme starten. Ideal wäre es, wenn die meisten der zehn Schüler bis dahin in einem Ausbildungsverhältnis in ihrem Wunschberuf stehen würden.