Im Boxsportverein ist das Miteinander unterschiedlicher Nationen gelebter Alltag.

Rottweil - Albert Weichert und Klaus Haevescher erscheinen pünktlich zum Treffen am Moker-Areal. Auf Pünktlichkeit und Disziplin legen die beiden größten Wert. "Das sind Grundvoraussetzungen für unseren Sport", betont Haevescher.

Haevescher ist 71 Jahre alt und trainiert seit drei Jahren den Nachwuchs des Rottweiler Boxsportvereins. Dessen Vorsitzender Weichert hat ihn damals geholt. Seitdem ist der ehemalige Profi-Boxer zweimal in der Woche in der Doppelsporthalle anzutreffen. Heute wird ausnahmsweise im Gym von Luan Krasniqi trainiert – ein Ort in dem schon viel Schweiß geflossen ist, wie Weichert sagt.

Wenn man das Gym zum ersten Mal betritt, fühlt man sich sofort an die legendären Rocky-Filme erinnert. In einer Ecke befindet sich ein Ring, in der anderen liegen Hanteln, Medizinbälle und Kopfschützer. An den Wänden, von denen teilweise schon der Putz abfällt – hängen unzählige Bilder von Luan Krasniqi. Die Luft riecht nach Schweiß und Desinfektionsmitteln.

Mittendrin trainieren zehn Nachwuchsboxer. Zum Aufwärmen ist zunächst Seilspringen angesagt. Anschließend wird individuell trainiert. Haevescher unterbricht immer wieder die Aktionen und erklärt die Fehler. Die Jugendlichen hören aufmerksam zu, sie verstehen seine Sprache.

Das ist nicht selbstverständlich, denn mindesten 50 Prozent der aktiven Boxer im Verein haben nach Angaben von Weichert ausländische Wurzeln. "Die meisten sind Spätaussiedler", sagt er, "wir haben aber auch Kosovo-Albaner, Italiener oder Türken." Man lege aber Wert darauf, dass beim Training Deutsch gesprochen wird.

"Der Boxsport ist ein harter Sport"

Doch wie erklärt sich das Phänomen, dass speziell Boxvereine einen hohen Migrantenanteil haben? "Der Boxsport ist ein harter Sport", sagt Haevescher. Viele Deutsche hätten nicht die Motivation, sich im Training zu quälen, ist er überzeugt. Hinzu käme, dass es in anderen Ländern eine größere Boxtradition gebe als hier.

Für Haevescher spielt es keine Rolle, ob die Jugendlichen einen deutsche Pass besitzen oder nicht. "Wichtig ist, dass sich alle anständig benehmen", sagt er. Respekt vor dem anderen spiele für ihn eine wichtige Rolle.

Alexander Hoffmann ist ein gutes Beispiel, dass Vereine einen Beitrag zur Integration von Zuwanderern leisten können. "Er ist ein großes Talent und ein anständiger Junge", sagt Weichert. Der 17-Jährige mit russischen Wurzeln boxt seit eineinhalb Jahren, erzählt er. In der kurzen Zeit hat er es bereits zum baden-württembergischen Landesmeister gebracht. Seine Kampfbilanz: neun Kämpfe, neun Siege – zwei davon durch k.o.

Auch Ardian Krasniqi hat bereits Titel gewonnen. Dass sein Onkel einmal ein ganz Großer war, ist für ihn keine Last, sondern motiviert ihn. "Beim Boxen muss man an seine Grenzen gehen", sagt der 15-jährige Kosovo-Albaner, dessen Einbürgerung nach eigenen Angaben derzeit läuft. Sein großes Ziel sind die olympischen Spiele. Sollte er dort Gold gewinnen, wäre es nicht nur ein Erfolg für ihn, sondern auch ein Beispiel für gelungene Integration.u Integration – gelungen oder nicht? In den kommenden Wochen wollen wir verschiedene Geschichten zu dem Thema veröffentlichen und schauen, wie es um die Integration in Rottweil steht.