Der Weg der anerkannten Asylbewerber führt auch auf den Hegneberg. Foto: Schulz

Bürgermeister Ruf sowie Stadtbau-Leiter Hauser erreichen Umdenken im Gremium. Mit Kommentar

Rottweil - Auf dem Hegneberg, in der Überlinger Straße 64, wird ein Haus für anerkannte Flüchtlingsfamilien gebaut. Zwölf Wohnungen sollen entstehen. Es soll Platz für 48 Menschen bieten. Das hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am Mittwochabend mit großer Mehrheit (bei einer Gegenstimme sowie sechs Enthaltungen aus den Reihen der Freien Wähler) entschieden. Die bislang im Gremium energisch formulierten Vorbehalte gegen den Standort am Hegneberg haben sich abgeschwächt.

Grund ist eine detaillierte und nachvollziehbare Darlegung der Verhältnisse auf dem Hegneberg und der Notwendigkeit zügig zu handeln, ließen die Diskussionsbeiträge der Stadträte erkennen. Verantwortlich für den Meinungswandel zeichnen zum einen der Leiter des Eigenbetriebs Stadtbau, Peter Hauser, und Bürgermeister Christian Ruf. Sie haben ausführlich und sachlich um den Standort am Hegneberg, der in den 90er-Jahren als Wohngebiet vor allem für Aus- und Übersiedler aus den GUS-Staaten zur Verfügung gestellt wurde und wo jetzt rund 1100 Menschen wohnen, fast zwei Drittel davon mit Migrationshintergrund, geworben.

Ruf stellte dar, dass der Wohnraum in Rottweil "extrem knapp ist". Auf der Warteliste der Stadtbau befänden sich 103 Vormerkungen von Einzelpersonen, aber auch von Familien. Durch bleibende Flüchtlinge werde sich der Bedarf deutlich erhöhen. Die Stadt habe schlichtweg den sozialen Auftrag, hier tätig zu werden, so Ruf.

Die Verwaltung geht davon aus, dass in der Stadt insgesamt 500 Flüchtlinge mit Bleiberecht dauerhaft eine Wohnung benötigen. Indes nicht alle 500 je für sich allein eine. Darunter sind auch Familien.

Die Stadtbau lässt das Haus in ökologischer Holzbauweise erstellen. Das Gebäude ist für eine Standzeit von 50 Jahren geplant. Das Projekt kostet etwas mehr als zwei Millionen Euro. Das Land fördert den Bau von Sozialwohnungen mit 25 Prozent. Ein weiterer Tilgungszuschuss von 60 000 erwartet die Stadt durch den Anschluss an das Fernwärmenetz. Der Mietpreis liegt bei 5,36 Euro pro Quadratmeter.

Das Haus soll so konzipiert werden, dass es nach der zehnjährigen Bindung aufgrund des öffentlichen Zuschusses dann attraktiv genug ist, um es auf dem freien Wohnungsmarkt platzieren zu können. Daher gibt es auch einen Keller mitsamt Tiefgarage. Stadtbau-Chef Hauser rechnet betriebswirtschaftlich mit einer schwarzen Null.

Ruf sagte, man habe auch die Sorgen der dortigen Bewohner zur Kenntnis genommen. Er verweis aber darauf, dass sich der Stadtteil gewandelt habe. Die Probleme, die es in den ersten beiden Dekaden gegeben habe, gebe es nicht mehr. Das habe er nach Gesprächen mit Polizei und Gericht so in Erfahrung gebracht. Zudem könne man auswählen, wer in die Wohnungen einziehen werde. Auch der Leiter des Kinder- und Jugendreferats Herbert Stemmler weist auf die Vorteile des Standorts mit Kindergarten und Jugendbetreuung hin. Das könnte integrativ wirken.

Das dürfte manch einer noch anders sehen. Eine langjährige Bewohnerin des Hegnebergs hat am Rande der Gemeinderatssitzung im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten von Problemen mit Jugendlichen berichtet, die sich regelmäßig an der Bushaltestelle träfen und bis in die Nacht hinein feierten. Die Anwohner müssten dann Unrat und andere Hinterlassenschaften wegräumen.

Kommentar: Guter Ruf

Er war ja nicht der favorisierte Kandidat der Stadtverwaltung bei der Wahl des Ersten Beigeordneten für den verstorbenen Werner Guhl. Nun hat er ein erstes Ausrufezeichen im Gemeinderat gesetzt. Der neue Bürgermeister Christian Ruf hat in der Debatte um den Hegneberg als möglichen Standort für Wohnungen von Flüchtlingen mit Bleiberecht gepunktet. Zusammen mit dem Leiter des städtischen Eigenbetriebs Stadtbau, Peter Hauser, hat er einen bedeutenden Teil dazu beigetragen, dass das Gremium seine Abwehrhaltung aufgab. Ruf erreichte diese mit der für ihn wohl typisch unaufgeregten Art: Sachlich warb er für seine Sicht der Dinge. Er bekannte Farbe und sagte deutlich, wofür er steht. Ruf präsentierte sich als politische Führungskraft, die für die Zukunft hoffen lässt. Der Zweite-Wahl-Kandidat hat einen erstklassigen Auftritt hingelegt.