Henning Scherf hat ein aufmerksames Publikum. Scherf spricht über das Leben und den Tod. Foto: KEB Foto: Schwarzwälder-Bote

Vortrag: Henning Scherf über den Umgang mit dem Tod

Rottweil. Bis auf den letzten Platz besetzt war das evangelische Gemeindehaus beim Vortrag von Henning Scherf, dem ehemaligen Oberbürgermeister der Hansestadt Bremen. Und so dauerte es auch eine gewisse Zeit, bis der sympathische Gast alle Stuhlreihen abgeschritten und jeden Besucher mit Handschlag begrüßt hatte.

In seinem sehr persönlich gehaltenen Vortrag "Das letzte Tabu – Über das Sterben reden und den Abschied leben lernen", der zum Abschluss der Jubiläumsreihe von der Sitzwache Rottweil zusammen mit der katholischen und evangelischen Erwachsenenbildung veranstaltet wurde, beschrieb und reflektierte Scherf seine eigenen bitteren wie tröstlichen Erfahrungen mit dem Tod und dem Umgang mit dem Sterben. Gesammelt in seiner familiären Hausgemeinschaft, in der er seit vielen Jahren lebt, wie auch in den Pflegeheimen, Kliniken und Hospizen.

Die Hospizbewegung sei eine Bewegung der Zukunft: mehr als 120 000 Ehrenamtliche, so Scherf, kümmerten sich um die Menschen am Ende ihres Lebens und er warnt davor, diese wichtige Phase im Leben eines Menschen dem Markt und der Kommerzialisierung zu überlassen – eine Tendenz in einer ökonomisch ausgerichteten Gesellschaft.

Am Ende des Lebens gehe es vor allem um Beziehung, um Nähe, um Vertrauen und Respekt, es gehe um das "Einfach-da-Sein" und das einfühlsame Begleiten: "Ich bin dir nah, ich lauf nicht weg, wenn’s dir schlecht geht", so die Haltung und Formel, die Henning Scherf propagiert.

Vor allem aber macht er Mut, schon zu Lebzeiten wie überhaupt im Alltag über das Sterben zu reden. Ja, schon Kinder und Jugendliche sollten mit dem Thema Sterben in Verbindung gebracht werden, etwa über Praktika, und damit den Tod als zum Leben gehörig erfahren. Dies mache das Leben wertvoller, "weil wir wissen, dass wir nicht unendlich leben und weil wir somit den Tagen mehr Leben geben können".

Mit dem Aufruf zu einer Kultur der Zuwendung am Lebensende, wie sie vor allem in der Hospizbewegung erlebbar wird, schloss Scherf nach fast zwei Stunden seinen anregenden Vortrag.