Bernd Kölmel, Alfa-Landesvorsitzender, referiert in Rottweil. Foto: Parage Foto: Schwarzwälder-Bote

Wahlkampf: Bernd Kölmel spricht in Rottweil / Interesse an der jungen Partei ist gering

Von Verena Parage

Rottweil. Die Partei Allianz für Fortschritt und Aufbruch, kurz Alfa, tritt bei der Landtagswahl am 13. März an. Im Wahlkampf kämpft sie mit ihrem wohl größten Problem: mangelnde Bekanntheit. Deshalb ist bereits zum zweiten Mal einer vom Alfa-Spitzenpersonal nach Rottweil gekommen. Nach dem Bundesvorsitzenden Bernd Lucke Ende November war es nun Landesvorsitzender und Europaabgeordneter Bernd Kölmel. Beide sind auch deshalb bekannt, weil sie zuvor an der Spitze der AfD, der Alternative für Deutschland, standen.

Als AfD-Kandidat wurden Lucke, Kölmel und drei weitere auch ins Europaparlament gewählt. Abgeordneter ist der Ötigheimer (Kreis Rastatt) noch immer, von der AfD allerdings ist er wie Bernd Lucke abgerückt. Kölmel gehörte im vergangenen Juli zu den Gründungsmitgliedern von Alfa. Dabei sei die Alternative für Deutschland ihm 2013 "wie auf den Leib geschrieben" gewesen, sagt er bei seinem Vortrag im Gasthaus Pflug. Von Hause aus CDU-Mann, bis 2012, war er beruflich zuletzt als Ministerialrat im Landesrechnungshof tätig, als Referatsleiter für Haushalt und Grundsatz. Jetzt gehört er dem Haushaltsausschuss des EU-Parlaments an.

Das klingt nach großer Politik, entsprechend versiert und redegewandt tritt Bernd Kölmel in Rottweil auf. Dennoch ist es bei der Veranstaltung – mit der er den örtlichen Alfa-Landtagskandidaten, Franz Maurer aus Waldmössingen, unterstützt – offensichtlich: Das Interesse an der jungen Partei ist gering. Gerade einmal 16 Zuhörer hat der Politiker, etliche davon sind Alfa-Anhänger aus der Region. So wird sein Vortrag über "Die Auswirkungen der Asyl- und Eurokrise auf unser Land" mehr zu einer Gesprächsrunde mit den Besuchern.

In vielen Punkte stünde Deutschland kurz vor einem Staatsversagen, sagt der Referent. Alfa wolle zurück zum Rechtsstaat. Als Beispiel nennt Bernd Kölmel die Eurokrise. Vor allem an der "südlichen Peripherie der Eurozone" seien die Staaten hoch verschuldet. Dabei sei im Vertrag von Maastricht geregelt, wie viele Schulden ein Staat mit Euro maximal haben darf. Seine Partei habe nichts gegen den Euro – wenn er funktioniere, erklärte der 57-Jährige. Zu Angela Merkels Aussage, scheitere der Euro, scheitere Europa, sagt Kölmel: "Alles gelogen." Europa habe es schließlich schon vor der gemeinsamen Währung gegeben. Und die Rettungsmaßnahmen für Griechenland "wären gut, wenn sie etwas bewegen würden". Das allerdings sieht er nicht. So lange das Land im Euro bleibe, wird es seiner Meinung nach nicht wettbewerbsfähig sein.

Die Frage sei: Kann die EU irgendwo einen Mehrwert schaffen? Als Beispiel nannte er die weißen Autoscheinwerfer, die inzwischen alle Fahrzeuge in Europa gemein haben. Teure Umrüstungen wie einst, von den gelben, französischen Lichtern hin zu normalen, seien nun nicht mehr nötig. Ideen wie eine gemeinsame europäische Arbeitslosen- oder Krankenversicherung hält er dagegen für falsch. Wie bei jeder Transferleistung müssten dabei ein paar Länder besonders viel bezahlen. "Europa ist stark durch seine Vielfalt, nicht durch seine Gleichmacherei", stimmt ihm eine Frau in der Runde zu.

Einen großen Teil des Abends nimmt das Thema Flüchtlinge ein. Auch kritisiert Alfa Rechtsbrüche: Der Vertrag von Dublin (in dem EU-Land, in dem ein Flüchtling ankommt, läuft sein Asylverfahren) und das Schengen-Abkommen würden nicht eingehalten. "Die Menschen, die zu uns kommen, können nichts für ihre Misere", erklärt Bernd Kölmel. Vielmehr seien sie zu bewundern für das, was sie mit der Flucht geleistet hätten. "Wenn jemand protestieren will, dann vorm Innenministerium, nicht vor Flüchtlingsunterkünften."

Gleichzeitig meint der Familienvater, ein Land sollte nur so lange Hilfe leisten, wie es dies nachhaltig tun könne. Von der EU sei kurz- oder mittelfristig keine Lösung zu erwarten. Der Vorschlag der Alfa lautet: Zum einen die Krisen in den Krisenstaaten bekämpfen, zum andern in diesen Ländern für die Menschen Schutzzonen unter UN-Mandat einrichten. Ein weiterer Punkt ist der Schutz der Außengrenzen. Dort sollten Transitzonen eingerichtet werden, wo sofort geprüft wird, ob ein Ankömmling Bleiberecht hat oder nicht.

Für die Unterbringung der Flüchtlinge hierzulande will Bernd Kölmel die Kommunen befragen, wie groß ihre Kapazität ist. Gleichzeitig sagt er aber auch: "Die Leute, die da sind, denen helfen wir." Von den AfD-Politikern, die öffentlich erklärt hatten, notfalls müsse man an der Grenze auf Flüchtlinge schießen, sprach er als "AfD-Holzköpfe". Um die EU-Außengrenzen zu schützen, müsse Griechenland unterstützt werden.

Trotz aller Ausflüge in die europäische Politik endete Kölmel mit einem Appell: "Unterstützen sie uns." Deutschland brauche wieder eine "vernünftige Mitte".