Thomas Schlipf ist Sprecher der Gruppe Aktiv für Rottweil (Afro). Foto: Nädele

Aktiv für den erwarteten Ansturm: Gruppe ist seit 2009 aktiv und beschäftigt sich mit Tourismus und Sanierungen.

Rottweil - Die Stadt Rottweil in ihrer Entwicklung voranzubringen, dabei die Bürger als Partner einzubinden – das klingt nach dem Bürgerforum Perspektiven Rottweil, oder? Doch es geht um eine Gruppe, die sich schon länger engagiert, seit 2009: Aktiv für Rottweil (Afro).

In der Diskussion um die Gestaltung von Rottweil-Mitte liegt die Wiege von Afro, aus dessen Reihen einige Mitglieder zuvor schon in der Projektgruppe "Lebendige Innenstadt", einst ins Leben gerufen von Rottweils erster Wirtschaftsförderin, dabei waren. "Wir hatten erkannt, dass es absehbar Probleme geben wird, denn wir hatten vier Jahre Bauzeit zu überstehen", blickt Thomas Schlipf, Sprecher der Gruppe, zurück. So waren es bei Afro zunächst hauptsächlich Gewerbetreibende und Anwohner der Innenstadt, die sich einbrachten – etwa mit den Forderungen nach einer ampelfreien Hauptstraßenkreuzung und Tempo 20.

Heute ist am Ergebnis zu sehen: Die Arbeit der Gruppe ist durchaus erfolgreich. Dass das in der öffentlichen Wahrnehmung wenig bekannt ist, liegt im Selbstverständnis von Afro begründet. "Unser Ziel war nie, richtig in die Öffentlichkeit zu gehen", erklärt Schlipf. Die ganze Energie soll in die Arbeit fließen – auch weil es eine relativ kleine Gruppe ist. Je nach Thema kann sich die Besetzung mit Ladenbesitzern, Kulturtreibenden und weiteren Bürgern ändern. Dabei seien es meist so um die zehn Personen, die ihr Wissen und ihre Erfahrung einbringen.

Tourismus und Sanierung Hauptthemen

Das hat sich bis heute nicht geändert. Und trotzdem spricht Schlipf jetzt gerne über die Gruppe und die beiden aktuellen Hauptthemen: Tourismus und Stadtsanierung. Dass es seit Neuem das Bürgerforum gibt, das für die Zeit nach dem JVA-Bürgerentscheid angekündigt hat, sich auch anderen Themen zuwenden zu wollen, wird von Afro begrüßt. "Es geht nicht darum, gegeneinander zu arbeiten. Dafür ist die Stadt viel zu klein", kann Thomas Schlipf auf das gute Miteinander mit der Stadtverwaltung verweisen, das ebenso von dieser Erkenntnis geprägt ist. Aktiv für Rottweil beschäftigt sich intensiv mit einem Thema, erkundet sich auch anderswo dazu, bildet sich seine Meinung und unterbreitet dann seine Ideen.

In die Kölz-Planung zum Parkierungskonzept und zum Verkehrsleitsystem war Afro einbezogen. Ein anderes Beispiel: In der Zeit der Vakanz nach dem Abschied von Simone Maiwald und vor dem Amtsantritt von Marco Schaffert als neuer Leiter des Fachbereichs 3 Kultur, Jugend und Sport bekam Oberbürgermeister Ralf Broß ein Schreiben mit der Anregung, den Bereich Tourismus ganz oder zumindest stärker der Wirtschaftsförderung anzugliedern. Damals fruchtete die Idee noch nicht – mit der Neustrukturierung nach dem Tod von Bürgermeister Werner Guhl ist sie nun umgesetzt.

Zum Turm und zur JVA hat sich Afro bewusst nicht in die Debatten eingeklinkt. "Es gibt auch eine Zeit nach diesen Themen", wollte die Gruppe den Blick darüber hinaus richten. Trotzdem ist die Arbeit der Afro natürlich davon tangiert. "Klar ist: Der Turm kann tourismusfördernd sein", erklärt Schlipf. Aber um davon als Stadt profitieren zu können, "braucht es auch Grundlagen", spricht er das Dilemma an, das die Gruppe sieht. Bislang habe sich Rottweil mit seinem Prädikat "Älteste Stadt Baden-Württembergs" positioniert. Provozierend schiebt der Afro-Sprecher nach: "Wo sieht das der Tourist beim Rundgang durch die Stadt?"

Der Schlüssel liegt in der Koordination

Ist Rottweil also touristisch auf den erwarteten Turmansturm vorbereitet? Nein, glaubt Afro und konzentriert deshalb einen Großteil ihrer Bemühungen auf dieses Thema. Ideen rund um den seit Jahren geplanten Umbau des Stadtmuseums gibt es da, Ansätze für einen Römerpfad, Gedanken zu Öffnungszeiten der Museen oder auch das Drängen, vorhandene Einfälle zu Ende zu denken. Ein aktuelles Beispiel? Das Stadtfest stand unter dem Motto "Die Stadt der Türme feiert" – "und", fragt Schlipf, "wie viele Türme waren geöffnet", zumal am Tag des offenen Denkmals? In der Koordination sieht Afro also den Schlüssel zum Erfolg im Tourismusbereich. Aber auch positive Beispiele fallen Thomas Schlipf ein, wie etwa die Baustellenkulisse am Schwarzen Tor.

"Wir müssen den Touristen mehr anbieten, dass sich die Aufenthaltsdauer verlängert", verweist Schlipf auf die Situation der direkt davon betroffenen Innenstadthändler. Den Umsatzrückgang während der Baustellenphase für Rottweil-Mitte hätten viele noch immer nicht wieder wettgemacht. Wenn deshalb der Wunsch nach mehr Cafés laut wird und es um die Zukunft der vielen Eigentümer geführten Geschäfte geht, die Rottweil nach wie vor hat, geht es in den zweiten großen Bereich, den sich Afro vorgenommen hat: die Stadtsanierung. Wie kann Ladenfläche für heutige Bedürfnisse gewonnen werden, wie wird Barrierefreiheit ermöglicht, wie das Wohnen in der Innenstadt wieder attraktiver? "Patentrezepte gibt es da nicht", weiß Schlipf um die Vielfalt der Probleme in Rottweil.

Mit der Frage "Rottweil quo vadis?" hat sich Thomas Schlipf in einem Vortrag intensiv befasst. Rotary-Club, Lions-Mitglieder, Freie Wähler oder auch Fachbereichsleiter der Stadtverwaltung haben ihn schon zu hören bekommen. Jetzt ist vermutlich im Oktober auch eine öffentliche Veranstaltung geplant. Für interessierte Bürger, die an der Entwicklung ihrer Stadt mitwirken wollen, dürfte das eine solide Grundlage sein.