Foto: Schnekenburger

Band gibt in Rottweil exklusives Konzert, um sich auf die anstehende Tour einzustimmen. Eintrittskarten nur über Gewinnspiel zu haben. Mit Video.

Rottweil - Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, das Material hat seinen Praxistest bestanden, jetzt kann’s losgehen: "Pur" sind wieder da, inzwischen dreieinhalb Jahrzehnte alt, wenn man Sänger Hartmut Engler und Keyboarder Ingo Reidl nimmt, kommt noch einmal ein halbes Jahrzehnt drauf. Die beiden hatten schon in einer Schülerband zusammen gespielt. Die Fans der Band, die seit Mitte der 1980er-Jahre regelmäßig große Erfolge zu feiern versteht, wissen das. Dass sie es an diesem Abend von Engler selbst hören, gehört zum stimmungsvollen Gesamtpaket im Rottweiler "Kraftwerk". Dort dürfen gut 300 Besucher vorab schon einmal hören, wie Pur anno 2015 live kommt.

Wer im Kolossaal, der eigentlich für Klub-Gigs für bis zu 1400 Besucher – dann ist aber restlos voll – gut ist, Platz gefunden hat, hatte Glück. Zu kaufen gab’s die Tickets für das Konzert nämlich auch für viel Geld nicht. Wer rein wollte, musste seinen Eintritt gewinnen. Und wer bei den Gewinnspielen mitmachte, ist eben "Pur"-Fan.

Entsprechend das Bild im Rottweiler Neckartal. Schon eine halbe Stunde vor Konzertbeginn sind nur noch wenige Menschen unterwegs Richtung Kraftwerk. Die Kennzeichen der parkenden Autos erzählen von Besuchern aus dem halben Land. Im Kraftwerk wächst die Vorfreude, und nicht nur das Team des Radiosenders SWR1, der den Abend im Rahmen seiner "Kopfhörer"-Konzerte veranstaltet, unternimmt letzte technische Checks. Auch die Einstellungen von unzähligen Handykameras werden noch einmal überprüft und nachjustiert. Als die Band nach der Anmoderation ganz unprätentiös auf die Bühne tritt, schnellen sie nach oben. Es geht los. Film ab – und ganz nah dran.

Das ist der Charme dieses Abends: Die Menschen treffen Pur gewissermaßen. Und zumindest in der ersten Reihe wird jeder von Engler per Handschlag begrüßt. "Es menschelt bei den Menschen", sagt er, "und es menschelt auch hier". Denn auf der anderen Seite ist eine Band, die in einem überschaubaren Rahmen vor Fachpublikum zeigen kann, wo sie steht, vor allem ausprobieren, wie das neue Material ankommt, bevor Anfang Dezember die Tour beginnt.

Also stehen Songs wie "Heimwehland", "Vermiss Dich" oder das titelgebende "Achtung" vom Mitte September erschienenen Album ganz oben auf der Liste. Was nicht heißt, dass nicht viele schon textsicher mitsingen könnten.

Pur nimmt das Angebot an, lässt sich in die Stimmung fallen, die vom ersten Takt an Sicherheit bietet und die Möglichkeit, nach den Studio- und den Probewochen jetzt live zu performen. Auch das Publikum nimmt das Angebot an – und gibt begeistert Rückmeldung, wenn Engler feststellt: "Wir leben auf einem richtig guten Stern". Richtig, denn das heißt, dass jetzt "Guter Stern" kommen wird.

"Die alten Herren wollen’s noch mal bringen"

So einfach ist das. Und nachdem die die Akkus der Smartphones ein bisschen verschnaufen durften, reißt die – übrigens gut aufgelegte, routiniert, aber nicht uninspiriert spielende – Band sie wieder nach oben. Natürlich gibt es an diesem Abend auch die Klassiker, die "Funkelperlenaugen" zum Beispiel, und das "Abenteuerland" – ob es heute Heimwehland heißt? Jedenfalls kann sich Pur eines 300-stimmigen Chors sicher sein.

Quasi nach Belieben kann Engler die Reaktionen jetzt provozieren. Hände nach oben, das ganze Kraftwerk in Bewegung winken? Kein Problem. Den Takt mitklatschen? Ein Hinweis reicht. Und das sichere Gespür dafür, die Menschen nicht zu überfordern, ein gewisses Maß an Distanz zu lassen, auch bei diesem Konzert.

Bei dem ist auch die Geschichte der Band ein bisschen Programm, nicht nur die Momente der jüngeren Vergangenheit, die ihren Nachklang fanden, etwa in der Zusammenarbeit mit Xavier Naidoo. Wenn es für die Teilnehmer von dessen "Sing meinen Song"-Projekt am heutigen Donnerstag den Musik-"Bambi" gibt, steht Engler auch auf der Bühne. Und er kündigt an, nach den großen Hallen diesen Winter, wird es kommendes Jahr auch eine Tour durch kleinere Städte geben. "Die alten Herren wollen’s noch mal bringen", sagt er. Vielleicht auch im Rottweiler Kraftwerk.

Hier geht's zum Beitrag des SWR: