Wegen Beihilfe zur Untreue wurdeam Montag im BFW-Strafprozess das Urteil gegen die frühere Frau des einstigen Chefs und Hauptgesellschafters gesprochen. Ein Jahr und zehn Monate lautet das zur Bewährung ausgesetzte Strafmaß. (Symbolfoto) Foto: sb

BFW-Strafprozess: Gericht spricht Urteil gegen die 52-jährige ehemalige Frau des Hauptangeklagten.

Kreis Rottweil - Wegen Beihilfe zur Untreue wurdeam Montag im BFW-Strafprozess, wie angekündigt, das Urteil gegen die frühere Frau des einstigen Chefs und Hauptgesellschafters gesprochen. Ein Jahr und zehn Monate lautet das zur Bewährung ausgesetzte Strafmaß.

Mit dem Urteil folgte die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil weitgehend der Forderung von Oberstaatsanwalt Michael Groß. Bei der Erläuterung des Kammer-Spruchs verwies der Vorsitzende Richter Karl-Heinz Münzer auf erhebliche mildernde Umstände: Ein klares Geständnis zur Beziehung von Geldern aus Schwarzverkäufen der Bösinger Fleischwaren GmbH (BFW) für die private Lebensführung, der im Zuge des Insolvenzverfahrens bei der alten BFW eingetretene völlige finanzielle Ruin und die starke psychische Angeschlagenheit der Frau seien stark zu werten.

Ein Schaden von knapp 49.000 Euro war für die in das Urteil einbezogenen Schwarzverkäufe zwischen Januar 2009 und März 2011 an einen Abnehmer in Jülich ermittelt worden. Allerdings sind nach Recherche des Gerichts bei 275 Lieferungen 331.000 Euro "bar an der BFW vorbei" für private Zwecke abhanden gekommen.

Weil aber nahezu 86 Prozent der Gesellschaftsanteile die Familie des ehemaligen Geschäftsführers hielt und es aus diesem Besitzerkreis keine Strafanzeigen gab, waren allein die Anteile von knapp 15 Prozent zweier Berliner Investoren zur Feststellung der Schwarzgeld-Schadenshöhe ausschlaggebend. Auch aus dem Fabrikverkauf war Schwarzgeld an die Frau für private Zwecke geflossen. Da deren zusätzliche Würdigung nicht wesentlich straferhöhend gewirkt hätte, war dieser Anklagepunkt eingestellt worden.

Die Schwarzverkäufe an den Jülicher Händler sollen bereits 2003/2004 auf Betreiben der einstigen BFW-Geschäftsführung abgesprochen worden sein, der kleine Jülicher Betrieb wollte sich mit der mit Preisabschlägen von etwa 30 Prozent belohnten Schwarzgeld-Masche besser über Wasser halten.

Der dortige Geschäftsführer sieht sich – offenbar auch wegen seiner das eigene Verhalten keineswegs beschönigenden Zeugenaussage, wie Münzer anerkennend betont – einer Strafverfolgung wegen Steuerhinterziehung ausgesetzt.

Die Verteidigerin hatte gestern für die Frau auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr plädiert. In ihren Ausführungen wies sie auf ein Verfahren, das einseitig in Richtung der beiden Angeklagten geführt worden sei. Die Ermittler hätten sich nicht mit Ruhm bekleckert und durch Zögerlichkeit und Vorurteile die Chance verpasst, die Schuld weiterer möglicher Schwarzgeld-Profiteure nachzuweisen. Dass der Insolvenzverwalter erst vier Monate nach Eintritt in das Verfahren Strafanzeige gegen den ehemaligen Geschäftsführer und seine frühere Frau erstattet habe, sei einer guten Ermittlungsarbeit ebenfalls nicht förderlich gewesen, nimmt die Anwältin zu ihrer Sicht der Dinge kein Blatt vor den Mund.

In einem "letzten Wort" gab Richter Karl-Heinz Münzer der psychisch sehr angeschlagenen 52-jährigen verurteilten Frau auf den Weg, sich zu ihrer durch Alkohol und Medikamente bedingten Suchtproblematik dringend behandeln zu lassen, um die Geschehnisse der vergangenen Monate mit den für sie großen Prozessstrapazen verarbeiten zu können.

Anwalt des früheren Geschäftsführers fordert weitere Beweisaufnahmen zu Vorwürfen der Bereicherung

Eine Stunde vor dem Eintritt in den letzten Verhandlungstag gegen die Frau (das Verfahren war am vorletzten Verhandlungstag von dem ihres Mannes abgetrennt worden), stellte der Anwalt des hauptangeklagten früheren Geschäftsführers zwei Beweisanträge, mit denen der Behauptung der Verteidigung, eine Vertriebsmitarbeiterin und heute (in der neuen BFW) auch Mitgesellschafterin habe von der Fabrik-Verkauf-Schwarzgeldkasse in erheblichem Umfang mitprofitiert, Nahrung gegeben werden soll. Der Staatsanwalt hat nun zu prüfen, ob zwecks Beweisführung Geldbewegungen auf Konten des Ehemannes der Frau vom Gericht eingesehen werden sollen, auch die Einsicht in Kassenbücher könnte laut Verteidiger Hinweise auf Bereicherungen für die Vertriebsmitarbeiterin geben.

Der Prozess gegen den früheren Firmenchef wird wegen Urlaubs eines Kammermitglieds erst am 26. Mai weitergeführt. Ab dann sind bis zum 17. Juni bisher vier weitere Verhandlungstage anberaumt. Wie berichtet, gibt es in den Augen des 61-Jährigen viele, die als Beschäftigte in der alten BFW vom Schwarzgeldsystem profitiert haben. Darüber hinaus verweist er beim Buchhaltungsbetrug gegenüber einem Factor-Unternehmen zur Sicherung der BFW-Zahlungsfähigkeit auf frühere Untergebene, die treibende Kraft bei den kriminellen Machenschaften gewesen seien.