Die Feuertaufe ist geglückt: Sie sind sehr zufrieden mit dem ersten Schuljahr in der Gemeinschaftsschule im Gäu (von links): Sascha Wacker, Lisa Geitz, Melisa Demir, Schulleiterin Isabelle Vogt und Pietro Scalera. Foto: Dold Foto: Schwarzwälder-Bote

Gemeinschaftsschule im Gäu: Positive Bilanz nach dem ersten Schuljahr

Von Martin Dold

Rottenburg-Ergenzingen. Eines war von vorne herein klar: Die "Galeere Gemeinschaftsschule" funktioniert nur, wenn alle in die gleiche Richtung rudern. Und das hat prächtig funktioniert. Zum Ende des ersten Schuljahrs herrscht eitel Sonnenschein bei Schülern und Lehrern.

Der Ganztagsbetrieb mag auf den ersten Blick umfangreich sein, und doch: "Hier sind wir um 16 Uhr komplett fertig mit der Schule", erzählt Hamza Yigitel. "Dadurch haben wir mehr Freizeit als beispielsweise Freunde, die am Gymnasium sind. Die müssen abends noch Hausaufgaben machen", sagt Sascha Wacker. "Zu manchen ist da der Kontakt nahezu abgerissen". Auch Pietro Scalera weiß um einige Vorteile: "Durch die Nachmittagsprojekte wie Judo, Sanitäter oder soziales Kompetenztraining lernt man neue Freunde kennen und entwickelt Teamgeist."

Eine Vielzahl der Schüler wurde zudem vom DRK zu Sanitätern ausgebildet. "Wir sind dann in Zweiergruppen mit dem Medizinkoffer auf dem Pausenhof. Wenn etwas passiert, kümmert sich einer um den Patienten und der andere informiert den Lehrer", erzählt Melisa Demir.

Was gut ankommt: "Im Lernatelier hat man seine Ruhe, um Aufgaben zu bearbeiten", weiß Pietro Scalera. Dort könne man auch Probleme mit den Lehrern besprechen. Gut sei, ergänzt Melisa Demir, dass man zwischen A-, B- oder C-Niveau wählen könne und jeder so sein Lerntempo gehen könne. Natürlich werde aber versucht, betont Schulleiterin Isabelle Vogt, ein möglichst hohes Niveau zu erreichen, ohne die Schüler zu überfordern.

Für das kommende Schuljahr werden 54 Schüler für die fünfte Klasse aufgenommen. Mit diesen werden zwei Klassen gebildet, erzählt Isabelle Vogt. Damit sei man nahezu ausgebucht, lediglich zwei Schüler könnten bei Bedarf noch aufgenommen werden. Somit gehören ab dem kommenden Schuljahr die Klassen 5 und 6 der Gemeinschaftsschule an, bislang waren es nur die Fünftklässler. So kommt jedes Jahr eine weitere Klasse hinzu, bis in einigen Jahren alle Schüler nach dem "Prinzip Gemeinschaftsschule" unterrichtet werden.

Neben den mindestens fünf neuen Lehrern gibt es eine weitere Neuerung nach den Sommerferien: Dann wird auch Französisch angeboten. "Das mache ich auf jeden Fall, ich wollte sowieso mehrere Sprachen lernen", freut sich Lisa Geitz.

Gemeinschaftsschule sei kein stures Büffeln, sagt die Schulleiterin, doch werde gegenüber dem "klassischen Unterricht" nicht alles auf den Kopf gestellt: "Wir machen keinen Hokuspokus, sondern ergänzen traditionelle mit modernen Elementen".

Was jedoch Fakt ist: "Die Gemeinschaftsschule stärkt das Selbstvertrauen der Schüler. Jeder hat seine Nische, in der er positiv auffällt, sei es beim Fußball, Judo oder Theater. Die Schule soll nicht nur Last sein." Der Fokus ist auf die Stärken der einzelnen Schüler gerichtet. Zudem solle eine familiäre Atmosphäre herrschen, in der Vieles angeboten werde.

Vom Himmel fällt das alles aber nicht. Teamarbeit und Absprachen sind sehr zeitintensiv für das Kollegium. Für dieses hat die Schulleiterin zum Ende des Schuljahrs ein dickes Lob übrig: "Alle haben hervorragend mitgezogen." Das gelte auch für das Schulleitungsteam mit Konrektor Konrad Scheit, Cornelia Ziegler-Wegner und Karin Haug.

Auch die Eltern tragen ihr Scherflein zum Gelingen des Projekts Gemeinschaftsschule bei. So bieten sie auf dem Schulhof ein alternatives Vesper an. 19 Eltern sind bei diesem Vorhaben mit im Boot.

Längerfristiges Ziel sei es, dass die Schüler anderswo Erfolg hätten, erklärt Isabelle Vogt: "Sie sollen natürlich auch das ›Schaffen‹ und Disziplin lernen". So sollen sie den Haupt- oder Realschulabschluss schaffen und eventuell später das Abitur erreichen und studieren gehen können. Auf das Arbeitsleben werden die Schüler in Praktika bei den Bildungspaten – Firmen aus der Region – vorbereitet.

An der Gemeinschaftsschule gibt es im Übrigen keine klassischen Zeugnisse, sondern einen Lernentwicklungsbericht. In diesem geht es vorwiegend um die Kompetenzen des einzelnen Schülers. Zudem gibt es keine Benotungen von 1 bis 6, vielmehr werden Aufgaben in Tests mit den Farben grün, gelb, orange und rot markiert, sodass die Stärken und Schwächen des Einzelnen sehr schnell deutlich werden.