Weil er mit seiner neuen Partnerin ein Kind hat, aber gleichzeitig noch verheiratet ist, wurde ein ehemaliger Gemeindereferent fristlos entlassen. Foto: dpa/Symbolfoto

Früherer Gemeindereferent bekommt die Härte des kirchlichen Arbeitsrechts zu spüren.

Freudenstadt/Rottenburg - Als Gemeindereferent und Dekanatsjugendseelsorger war Stephan Karus eine feste Größe im Mitarbeiterstamm der katholischen Kirchengemeinde Freudenstadt. Dann erhielt er die fristlose Kündigung - wegen Ehebruchs.

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass der 49-Jährige die ganze Härte des kirchlichen Arbeitsrechts zu spüren bekam. Knapp eineinhalb Jahre nach der Trennung von seiner Frau, mit der er drei Kinder hat, hatte sich Karus mit seiner neuen Lebenspartnerin dazu entschieden, ein Kind zu bekommen. Im Frühjahr 2009 wurde er dann ins bischöfliche Ordinariat nach Rottenburg einbestellt. Er sei mit einer Frau und einem Kind gesehen worden, wurde ihm vorgehalten, wie sich Karus im Gespräch mit unserer Zeitung erinnert, und gefragt worden, ob er der leibliche Vater sei.

Er bejahte die Frage - "was blieb mir anderes übrig?" Das Gespräch war beendet, und kurz darauf wurde er von der Arbeit freigestellt. Der Knackpunkt war, dass seine Ehe von der katholischen Kirche noch nicht annulliert war und das Kind als lebender Beweis für den Ehebruch galt. Dieser aber ist nach der Grundordnung für den kirchlichen Dienst ein schweres Vergehen: "Es gibt Loyalitätsverpflichtungen für Mitarbeiter", so ein Sprecher der Diözese.

Für Karus allerdings nur ein vorgeschobener Grund: "Ich kenne viele Mitarbeiter in ähnlichen Situationen, denen nicht gekündigt worden ist." Man habe ihn als kritischen Vorsitzenden der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (DIAG-MAV) loswerden wollen. Sie vertritt die Rechte der 22.000 kirchlichen Arbeitnehmer in der Diözese. Die arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung ist mittlerweile beendet, Karus bekam eine Abfindung und vor einigen Tagen auch sein Zeugnis.

Hat die Diözese Rottenburg-Stuttgart nur einen Grund gesucht, um Stephan Karus nach 20 Jahren im Dienst der katholischen Kirche zu entlassen? Diesen Vorwurf weist das bischöfliche Ordinariat in Rottenburg zurück: Der frühere Mitarbeiter sei, so Pressesprecher Thomas Broch, nicht wegen seiner kritischen Positionen als Sprecher DIAG-MAV, sondern wegen eines »manifesten Verstoßes« gegen das kirchliche Arbeitsrecht und die Grundordnung der deutschen Bischöfe für den kirchlichen Dienst entlassen worden. Broch auf Anfrage unserer Zeitung: "Das kirchliche Arbeitsrecht ist da schon strikt."

In einem ähnlichen Fall hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vor eineinhalb Jahren einem katholischen Chorleiter aus Essen hingegen recht gegeben. Seine Entlassung wegen einer außerehelichen Beziehung verstieß nach Ansicht der Richter gegen das Grundrecht auf Schutz des Privatlebens.

Nach seinem Rauswurf nahm Karus Elternzeit in Anspruch. Mittlerweile lebt er mit seiner Lebenspartnerin in Hamburg. Er ist arbeitslos.