Martin Bernhard und sein erstes Instrument, bis heute unzertrennlich: Zusammen mit dem Ehrenvorsitzenden Konstantin Pfeffer und der aktuellen Vorsitzenden Margarete Straub erinnert er sich an die Vereinsgeschichte. Foto: Müssigmann Foto: Schwarzwälder-Bote

90 Jahre Musikverein Baisingen: Martin Bernhard ist seit 1949 dabei / Er besitzt noch sein erstes Instrument

Von Lena Müssigmann

Rottenburg-Baisingen. Martin Bernhard lacht oft, wenn er von seinen Jahren im Musikverein erzählt. Der Verein feiert dieses Jahr sein 90-jähriges Bestehen. Bernhard ist seit 66 Jahren dabei. Niemand erinnert sich besser als er an Anekdoten aus der Vereinsgeschichte.

u Jugendausbildung Im Juni 1949 ist Martin Bernhard in den Musikverein eingetreten, der damals nach dem Krieg neue Mitglieder suchte. Bernhard war damals 14 Jahre alt. Der Schuhmacher Karl Straub war damals für die Jugendausbildung zuständig. "Wir haben uns bei ihm in der Werkstatt getroffen und haben Noten gelernt. Was ist das für eine Dur? Hat er gefragt." Oder: "Ach, das war nichts, noch mal!" Die harte Schule hat Martin Bernhard geprägt. Später, als er in den 60er-Jahren Jugendausbilder wurde und wenig später Vizedirigent, hatte er kein Erbarmen mit den Musikern. Er habe Tonleitern spielen lassen, fünf B, fünf Kreuz, hoch und runter. Den Musikern war das ein Graus. Und Bernhard gibt zu: "Im Kreuz ist Heil, aber für die Musik gilt das nicht!"

u Vereinsfinanzen In Bernhards Jugend hat sich der Verein über Sammlungen finanziert. "Mancher hat gesagt: Ich hab nicht viel Geld, aber ich geb einen Zentner Weizen her." So habe man Naturalien eingesammelt, verkauft und vom gewonnenen Geld Instrumente gekauft. Sein erstes Flügelhorn, mit dem er Spielen gelernt hat, hängt im Keller an der Wand. Es ist matt, aber die Ventile laufen noch.

u Die Proben In den frühen Jahren habe die Musikprobe um halb neun begonnen. "Vorher mussten alle das Vieh füttern." Die Probe sei manchmal bis halb zwölf gegangen. "Nach den Proben hat man gevespert, jeder hat mal eine Büchse Wurst mitgebracht." Wer das Bier nicht zahlen konnte, dem hat einer der älteren Musiker mit Geld ausgeholfen. Sonntags habe er sich oft mit Musiker-Freunden auf einer Wiese am Ortsrand getroffen, unter einem Baum mit Bank drumherum. "Du willst ja auch mal gehört werden und nicht nur in der Stube spielen."

u Die Auftritte Am 30. Januar 1950 hatte der junge Flügelhornist Martin Bernhard seinen ersten Auftritt bei der Hochzeit von Alois und Rosa Pfeffer. Es war damals gängig, dass der Musikverein den Hochzeitszug angeführt und zur Unterhaltung auf dem Fest gespielt hat ("Von morgens um zehn bis nachts um zwölf"). 120 Stücke waren in der Mappe, der damalige Dirigent Thomas Bengel, Bernhards großer Lehrmeister und Vorbild, habe alle Stücke im Kopf gehabt und auswendig dirigiert. Damals hätten die Gäste nicht genug kriegen können: "Komm spielet noch eins!" Bernhard sagt über sich selbst: "Bei Hochzeiten, Beerdigungen, Geburtstagen war der Martin immer vorne mit dabei." Er hat insgesamt sechs Dirigenten miterlebt. Er war zweiter Vorsitzender von 1974 bis 1990. Durch sein Engagement kennt er unzählige Musiker rund um Baisingen. 2010 hat er als aktiver Musiker aufgehört. u Seine Musik Martin Bernhard liebt Polkas und Märsche: "Was Schöneres gibt’s nicht". Wenn irgendwo zu viel "Modernes" gespielt wird, kann er nicht allzu lange zuhören. "Sonst werd ich verrückt." Sein Lieblingsstück heißt "Jubiläumsklänge". In seinem Keller hat er ein Musik-Stübchen. An der Wand hängen Poster von seinem Freund Peter Schad. Und Auszeichnungen: Ehrennadel in Gold mit Ehrenbrief für 50 Jahre Verdienste um die Blasmusik. Die Erich-Ganzenmüller-Medaille in Gold mit Urkunde muss er noch aufhängen. Die hat in Baisingen außer ihm noch keiner bekommen. Er ist Ehrenmitglied beim Baisinger Musikverein.

Er sagt über sich: "In Baisingen war noch keiner so lang bei der Musik wie der Martin." Der Verein hat ihn auch durch schwere Zeiten begleitet. Nach dem Tod seiner Frau hätten ihn die Freunde aus dem Musikverein ermuntert, wieder in die Proben zu kommen. "Die haben mich wieder wach gerüttelt." Seine beiden Kinder haben Instrumente gelernt. Jetzt spielen auch die Enkel im Verein mit. "Da bin ich stolz drauf", sagt Bernhard. Für ihn ist klar: "Musik ist mein Leben!"

u Jubiläums-Festakt: Der Musikverein Baisingen feiert das Jubiläum mit einem Serenadenkonzert samt Festakt am Sonntag, 19. Juli, um 17 Uhr im Schlossareal, bei schlechtem Wetter in der Halle.

u Historie: Eine Ausstellung zu 90 Jahren Musikvereins-Historie ist beim Festakt zu sehen.

u Mitglieder: Der Verein hat zirka 40 aktive Mitglieder.