Bürger melden immer wieder Sichtung der Nager / Fortpflanzung bis zu sieben Mal pro Jahr

Was für menschliche Ohren ungemütlich klingt, ist der Wanderratte der liebste Lebensraum: Kühl und feucht mag sie es und fühlt sich deshalb in Abwasserkanälen wohl. Fressen schwimmt vorbei, sofern es im Klo entsorgt wird. Die Stadt Rottenburg warnt nun davor.

Horb. Immer wieder rufen Rottenburger bei der Stadtverwaltung an und melden die Sichtung von Ratten. Besonders bei Spaziergängen am Wasser können sie einem über den Weg laufen und Flaneure erschrecken. Die Stadt Rottenburg hat aus gegebenem Anlass deshalb noch mal darauf hingewiesen, dass die Rattenpopulation nur eingedämmt werden kann, wenn alle Bürger gewisse Regeln befolgen (siehe Kasten).

Dem Leiter des Tiefbauamtes der Stadt Rottenburg, Jürgen Klein, sind Berichte bekannt, wonach die Ratten über den Kanal bis in den zweiten Stock von Wohnhäusern kommen und dort über die Toilette ins Freie klettern – Geschichten, bei denen man schon manch schrillen Schrei der Bewohner vorstellen kann, die aber nicht aus Rottenburg stammen, wie Klein betont.

Ihm ist das Rattenproblem von Rottenburg seit 30 Jahren bekannt. Es sei derzeit nicht schlimmer als in letzter Zeit, dennoch habe die Stadt die Notwendigkeit gesehen, mal wieder auf die Verhaltensregeln hinzuweisen. "Es werden nicht weniger, wenn die Leute die Ratten weiter füttern", sagt Klein. "Die Fortpflanzung ist am größten, wo das Nahrungsangebot am größten ist."

Die Tore zu ihrem Schlaraffenland sind Straßenabläufe, die sogenannten Gullis. Gestört werden die Ratten selten. Selten werden sie durch Bauarbeiten am Kanal aufgeschreckt und kommen zum Vorschein, berichtet Klein. Dabei wird deutlich, dass das Problem mit den Ratten nicht nur unschön fürs Stadtbild ist, sondern auch teuer: Wenn die Kanäle untersucht werden, stellt man immer wieder "enorme Schäden" am Kanalnetz fest, wie die Stadtverwaltung mitteilt. Durch das Nagen und Kratzen der Tiere entstehen Hohlräume, wodurch die Leitungen absacken. Die Sanierung solcher Schäden stelle einen erheblichen Aufwand dar, so Klein. Die Stadtentwässerung Rottenburg am Neckar darf die Ratten innerhalb des Kanalnetzes bekämpfen, nicht aber an sonstigen Orten in der Stadt.

Zu Frischwasserkanälen haben die Ratten übrigens keinen Zugang. Dabei handelt es sich um Druckleitungen, in denen sie sich nicht bewegen können.

Die Wanderratte – oder weniger schmeichelhaft auch Kanalratte genannt – kann übrigens von Schnauze bis Schwanzspitze 51 Zentimeter lang werden, wie aus einem Informationsblatt des Landesgesundheitsamtes hervorgeht. Demnach leben sie in Rudeln von bis zu 200 Tieren und vermehren sich äußerst rasch. Ein Weibchen wirft vier bis sieben mal pro Jahr Junge – jedes Mal kommen dabei 5 bis 20 kleine Ratten zur Welt, die nach etwa drei Monaten selbst fortpflanzungsfähig werden.

Ratten sind laut Landesgesundheitsamt Wirtstiere für Erreger wie Salmonellen oder den zu Nierenerkrankungen führenden Leptospiren und Hantaviren. Für den Menschen wird es erst gefährlich, wenn Flöhe oder Zecken der Ratte auf sie überspringen oder auf Haus- und Nutztiere. So könne es zur indirekten Weitergabe von Krankheitserregern kommen, heißt es in dem Informationsblatt. Eine Einschränkung folgt jedoch, die in unseren Breitengraden für Erleichterung sorgen dürfte: "In Mitteleuropa allerdings ist derzeit nicht mit Erregern zu rechnen, die auf diesem Weg weiterverbreitet werden."