Der Kopp-Verlag in Rottenburg: die SPD übt starke Kritik an einer Online-Veröffentlichung. Foto: Archiv

Auslöser istOnline-Artikel, in dem Flüchtlinge als "Migrationswaffe" bezeichnet werden. OB unterstützt Sozialdemokraten.

Rottenburg - Politischer Protest gegen den Kopp-Verlag: Die Rottenburger SPD fordert den Geschäftsführer des Verlags wegen einer Veröffentlichung zum Thema Flüchtlinge auf dem Online-Portal von Kopp zu einer Stellungnahme auf. OB Neher springt der SPD bei.

Dem Kopp Verlag in Rottenburg wird von Kritikern vorgeworfen, unter anderem Publikationen aus den Bereichen rechte Esoterik, Pseudowissenschaft und Verschwörungstheorien im Programm zu haben. Nun sorgt ein Artikel von Gerhard Wisneswski auf Kopp online für Unruhe. Wisneswski ist kein Unbekannter. Er hat sich einen Namen als Autor verschiedener Werke gemacht, die als verschwörungstheoretisch eingeordnet werden. Er deutet an, dass die Mondlandung 1969 nicht stattgefunden habe, dass al-Quaida nicht für die Anschläge am 11. September 2001 verantwortlich sein könnte oder die RAF-Anschläge gar nicht von der RAF begangen worden sein könnten. Nun ist es ein Aufsatz mit dem Titel "Invasion: Flüchtlingswelle ist der Verteidigungsfall", der für Entrüstung sorgt. Wisnewski schreibt, bei der gegenwärtigen Flüchtlingswelle handele es sich um eine militärische Operation gegen Deutschland und Europa mithilfe der Migrationswaffe. Die Schlepperbanden würden anderen Berichten zufolge von den USA bezahlt oder mitfinanziert, heißt es in seinem Text.

Diese Publikation, so die Rottenburger SPD, zeige beispielhaft, "wie unter dem Deckmantel ›Hintergründe‹ krude Theorien dargeboten werden, um Interessierte ›aufzuklären‹, wie sehr die Flüchtlinge unser Land in die Knie zwingen". Der Autor verwende dabei eine Sprache, die unterstelle, dass man sich im Kriegszustand befinde. Flüchtlinge würden undifferenziert als Waffe bezeichnet. Die SPD klagt an: "Bei solchen Ausführungen sträuben sich uns die Haare. Sie zeigen eine Respektlosigkeit, eine kaum verhohlene Verachtung dieser Menschen und ihren Schicksalen gegenüber."

Die SPD wird deutlich: "Solche Beiträge zu schreiben und zu publizieren mag noch in weitestem Sinne auf der Grundlage der Meinungs- und Pressefreiheit toleriert werden. Sie erfüllen uns dennoch mit Abscheu und sind unseres Erachtens geeignet, Hass gegen die Flüchtlinge zu schüren, unsere Gesellschaft zu spalten und – allein schon durch die Sprache suggeriert – Gewalt nahe zu legen oder zu rechtfertigen. Brennen nicht schon genügend Asylwohnheime?"

Die SPD fordert Geschäftsführer Jochen Kopp auf, sich klar und eindeutig zu positionieren. "Wir wollen wissen, ob Sie sich hinter diesen Beitrag dieses Autors, der öfters in Ihrem Verlag publiziert, stellen oder ob Sie sich davon in aller Form und als Folge mit aller Konsequenz distanzieren."

Unterstützung erhalten die Rottenburger Sozialdemokraten von Oberbürgermeister Stephan Neher.

Er schreibt der SPD: "Ihren Brief habe ich zum Anlass genommen, mir die Internetseite des Kopp-Verlags anzusehen und teile Ihre Auffassung und Meinung ausdrücklich." Die dort veröffentlichten Berichte seien haarsträubend und fern jeglicher Realität. "Durch die Berichte werden bei den Leserinnen und Lesern unnötige Ängste geschürt", so Neher. Demokratie erfordere ein hohes Maß an Toleranz und Leidensfähigkeit, was die Meinung so mancher zum Thema Flüchtlingssituation betreffe. Für eine demokratische Streitkultur sei es auch enorm wichtig, dass jeder seine Sichtweise der Dinge äußern kann und Meinungen in fairer Art und Weise miteinander ausgetauscht werden können. "Der von Ihnen benannte Bericht, auf Kopp-online veröffentlicht, und die darin gewählte Wortwahl sind erschreckend und verbreiten Behauptungen, die ohne fundierte Recherche in den Raum gestellt werden."

Neher schließt schließlich: "Ich unterstützte Ihre Forderung, dass sich Herr Kopp von dem in Ihrem Schreiben benannten Bericht bitte ausdrücklich distanziert."

Unsere Zeitung versuchte gestern Nachmittag, Geschäftsführer Jochen Kopp zu erreichen. Zu einem Rückruf kam es allerdings nicht mehr.