Und immer wieder grüßt das Rock-Hörnchen, so auch gestern beim Auftakt von "Rock of Ages". Foto: Morlok

Sie sind da, wenn die Lautsprecher dröhnen: Dr. Feelgood hängen die Latte hoch, Wishbone Ash liefern Doppelgitarren-Sound.

Rottenburg-Seebronn - Als am Freitag gegen 16.30 Uhr die Haupttore zum Seebronner Festivalgelände öffneten, marschierten die ganz hart gesottenen unter den Rockfans direkt durch zur großen Bühne.

Für einige von ihnen galt die schwäbische Grundhaltung "Ja nix verpassen, was man bezahlt hat" und andere reservierten sich schon mal ihren Platz in der ersten Reihe. Es war keine schlechte Strategie, denn es gab allerhand zu sehen und zu hören an diesem Eröffnungstag des neunten "Rock of Ages"-Festivals.

Obwohl es immer wieder zögerliche Blicke Richtung Himmel gab, denn die Regenwahrscheinlichkeit ist gerade an diesem Festival-Wochenende bekanntlich nicht ganz ohne, hielt Petrus zumindest gestern seine Beregnungsanlage so einigermaßen unter Kontrolle. Am Nachmittag sorgte er mit einem Starkregen für schwer passierbares Geläuf, aber gegen später hielt er sich zurück. Vielleicht sein Entgegenkommen an Organisator Horst Franz, der bei seinem diesjährigen Billing, wie all die Jahre zuvor, nicht gekleckert, sondern ordentlich geklotzt hat. Bis die Bandverpflichtungen unter Dach und Fach waren und mit "Dr. Feelgood" die erste Band in diesem Jahr auf die Bühne klettern konnte, musste Franz tief in seine Trickkiste mit den Kontakten greifen.

Die meisten Bands sind in den USA unterwegs

"In diesem Jahr sind die meisten Bands zur Haupt-Festivalzeit in den USA unterwegs", erklärte Franz und es sei deshalb "ein abartig langer Kampf" gewesen, der aber auch Spaß gemacht habe, um wieder ein richtig gutes Programm zusammenzustellen, das für alle Fans etwas bereithält. Schaut man sich nun das Ergebnis an, so schnalzen nicht nur die Insider mit der Zunge, denn auch in diesem Jahr geben sich wieder Legenden aus den goldenen Zeiten der großen Rockära die Bühnenklinke in die Hand und neue, innovative Bands runden das Gesamtpaket ab.

Die ersten dreieinhalb Stunden von ROA 2014 gehörten den Jungs, die alle seit mehr als drei Jahrzehnten auf den Rockbühnen der Welt stehen und sich schon lange einen Namen gemacht haben, von dem sie heute noch zehren.

"Dr. Feelgood", die vier Briten, die den Spirit und die Rockatmosphäre der englischen Pubs in ihren Songs eingefangen haben, darf man noch immer, neben ihrem musikalischen Können, den Unterhaltungswert attestieren, der ihnen 1976 zum Durchbruch verhalf. Nichts verlernt, jedoch trotz fortgeschrittenem Alter noch agil wie eh und je. Es sind geborene Frontsäue, die dann voll da sind, wenn die Lautsprechertürme auf maximale Lautstärke eingestellt sind. Sie heizten gleich die Stimmung ordentlich an und hängten die Messlatte für ihre Kollegen aus dem Metier der E-Gitarren- und Schlagzeugartisten hoch.

"Tokyo", die Österreicher um Gitarrist Robby Musenbichler, mussten sich strecken, um über diese musikalische Hürde zu kommen. Mit ihren ausgefeilten Arrangements, der gnadenlos guten Gitarrenarbeit ihres Bosses sowie dem sounddienlichen Spiel der ganzen Band zauberten sie eine gelungene Reunions-Show auf die Bühne. Obwohl lange getrennt, traten sie in Seebronn in nahezu ihrer Ursprungsformation auf. Lediglich Drummer Aaron Thier ist für den verstorbenen Fritz Matzka dazu gestoßen.

Mit "Wishbone Ash" folgte die dritte große Band der goldenen Rock-Geschichte. Mit dem legendären Doppelgitarrensound wurde die Band von Gründungsmitglied Andy Powell berühmt und in Seebronn gab‘s mit dem voll durchgespielten 73er-Juwel "Live Dates" mehr als ein Wiederhören mit den musikalischen Helden der 70er Jahre.