Urteil gegen Heroin-Großhändler / Hauptangeklagter muss acht Jahre und neun Monate ins Gefängnis / Dealer in Rottenburg beliefert

Von Lena Müssigmann

Tübingen. Zwei mutmaßliche Drogen-Großhändler sind zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt worden: Sie haben nach Ansicht des Gerichts in Holland große Mengen Heroin und Marihuana gekauft, in ihrem Auto versteckt und an einen Rottenburger Dealer verkauft – bis die Polizei alles auffliegen ließ.

Der eine, groß, hager und geständig, 43 Jahre alt, aus Mössingen, schaut bei der Urteilsverkündung nur noch regungslos vor sich hin. Der andere, klein und glatzköpfig, 40 Jahre alt, aus Bodelshausen, ist von der eigenen Unschuld überzeugt und fällt dem Richter ins Wort, weil all das so nicht stimme. Der Vorsitzende Richter bleibt ruhig und sagt nur: "Sie hatten lange Zeit, mit uns zu reden. Jetzt ist die Zeit gekommen, wo sie nur noch zuhören können."

Das Gericht verurteilte den großen, hageren Angeklagten zu acht Jahren und neun Monaten Haft, wie auch die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Sein Geständnis habe ihn vor einer zweistelligen Haftstrafe bewahrt, sagte der Vorsitzende Richter. "Sie sind der Kopf der Gruppe gewesen und es ging um Heroin, das gefährlichste Rauschgift überhaupt." Der Angeklagte habe den Heroinhandel in Tübingen 2013 übernommen, nachdem die damaligen Platzhirsche geschnappt worden waren. Zwischen Ende 2013 und November 2014 habe er monatlich mindestens 500 Gramm Heroin aus Holland nach Deutschland, zur Rottenburger Wohnung des 30-jährigen Dealers gebracht, der den Stoff in der Tübinger Szene an Süchtige verkauft habe.

Die Polizei war ihm auf die Schliche gekommen, weil sie Personen beschattet und Telefonate abgehört hat. Im November 2014 hatten die Ermittler genügend Material gesammelt: Sie verhafteten die beiden Großhändler auf dem Rückweg von einer Einkaufstour in Holland an einer Tankstelle bei Bruchsal. Im Auto fanden sie zwei Reisetaschen, in denen ein Kilo Marihuana und gut ein Kilo Kokaingemisch versteckt waren. "Das sind 20 000 Konsumeinheiten, die da zuletzt an den Markt gebracht werden sollten", sagte der Vorsitzende Richter mit gewissem Entsetzen.

Der jüngere Angeklagte (40), der seine Schuld nicht bewiesen sah, wurde zu sechs Jahren und neun Monaten Haft wegen Beihilfe zur Einfuhr und dem Handel mit den Drogen verurteilt. Während des Prozesses hatte der 40-Jährige versucht, sich aus der Affäre zu ziehen, indem er sich nur als Fahrer des Hauptangeklagten ausgab, der von nichts wusste. Doch der Richter sagte dazu: "Sie haben verschiedene Handys und verschiedene SIM-Karten benutzt. Das ist hochkonspirativ, so verhält sich niemand, der nur am Rande steht."

Gegenüber dem Gericht hat sich der Mann kaum geäußert, ist viel mehr durch bockiges Verhalten aufgefallen. "Sie hatten Hoffnung auf das große Geld, haben aber das Risiko falsch eingeschätzt: Es geht hier nämlich nicht darum, nur eineinhalb bis drei Jahre abzusitzen", sagte der Richter.

Auf der Anklagebank saß noch ein dritter Mann: ein 37-Jähriger aus Mössingen. Er war im vergangenen Jahr aus dem Gefängnis entlassen worden, hat unmittelbar wieder in der Drogenszene mitgemischt und den beiden Großhändlern neue Abnehmer beschafft; vor Gericht versuchte auch er, sich eine Wahrheit zurechtzubiegen. Der Richter fand dafür die Worte "rotzfrech" und "unglaublich": "So ein Verhalten habe ich noch nicht erlebt." Wegen Beihilfe zum Drogenhandel im großen Stil wurde er zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Alle Beteiligten können innerhalb einer Woche Revision einlegen. Der Rottenburger Dealer und Abnehmer des Heroins war bereits im Mai zu sieben Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden.