Im vierten Verhandlungstag im Mordprozess gegen einen 27-jährigen Rottenburger wird die Luft für den Angeklagten immer dünner. Foto: Bernklau

Rottenburger soll Frau mit 145 Messerstichen getötet haben. Mann des Opfers sagt aus. Luft für Angeklagten wird dünner.

Rottenburg/Tübingen - Es ist der vierte Verhandlungstag im Mordprozess gegen einen 27-jährigen Rottenburger. Er soll eine Frau mit 145 Messerstichen umgebracht haben. Er leugnet die Tat. Doch für seine Version der Geschichte wird die Luft immer dünner. Zu Beginn der Verhandlung verkündet der Richter neue Erkenntnisse, die den Angeklagten belasten: Eine Ermittlerin hat am Schlafanzug der getöteten Frau und im Schlafzimmer Blut vom Täter gefunden – jedenfalls sei nicht auszuschließen, dass dieses Blut von ihm stamme.

Bisher erklärte der Angeklagte Blutspuren in der Wohnung so: Bei einem Besuch und gemeinsamem Kaffeetrinken sei eine alte Wunde an seiner Hand aufgegangen. Die habe er zunächst im Bad und später in der Küche ausgewaschen. Dass Blut nun auch im Schlafzimmer gefunden wurde, wo die Frau letztlich tödlich niedergestochen wurde, lässt Zweifel an dieser Geschichte aufkommen.

Dem 27-Jährigen wird vorgeworfen, im Mai eine Frau in ihrer Mössinger Wohnung mit einem Messer so schwer verletzt zu haben, dass sie verblutete. Aus der Wohnung fehlten nach der Tat zirka 10.000 Euro. Der mutmaßliche Täter hatte laut Anklageschrift etwa 15 000 Euro Schulden beim Mann des Opfers.

Gestern beantwortete der Angeklagte zum ersten Mal Fragen zur Tat – dabei musste ihm der Richter jeden Satz entlocken. Der Staatsanwalt wurde ungehalten: "Sie verspielen Ihre Chance, endlich die Fakten auf den Tisch zu legen!", rief er. Stattdessen präsentiere der Angeklagte die dritte Version des Tattages. Widersprüchliche Aussagen fand der Staatsanwalt zuhauf: Erst will sich der Angeklagte beim Grillen, dann beim Messerschleifen an der Hand verletzt haben. Außerdem sei merkwürdig, dass der Angeklagte erzählt, die Frau habe ihm gesagt, sie mache das blutige Waschbecken sauber, wenn er weg sei – und es dann doch nie getan habe.

Der Staatsanwalt konfrontierte den Angeklagten mit dem Tatvorwurf: "Warum haben Sie so oft auf sie eingestochen?" Mit aufgerissenen Augen sagt der Angeklagte erneut: "Ich hab es nicht getan."

Der psychiatrische Gutachter fragte den Angeklagten, ob er in die Frau verliebt gewesen sei. "Nein", sagt der Angeklagte verwundert. Der Psychiater dazu: "Haben Sie die Bilder vom Opfer gesehen? So oft auf Gesicht und Oberkörper kann nur jemand einstechen, der mit hoher affektiver Erregung handelt."

Gestern sagte außerdem der 33-jährige Mann des Opfers aus. Er bestätigte, dass er dem Angeklagten und dessen Bruder mehrere tausend Euro geliehen habe. Es gehöre für ihn zu einer guten Freundschaft, sich mit Geld auszuhelfen. Dass für 2000 Euro später 4000 Euro zurückgezahlt werden mussten, wie der Angeklagte behauptet, bestritt er.

Was den 33-Jährigen stutzig macht, ist eine lapidare Gegebenheit zwei Wochen vor der Tat. Der Rottenburger habe sich damals in der Werkstatt mit ihm verabredet, sei dort aber nie aufgetaucht, sondern zum Wohnhaus gefahren, wo er die Frau alleine antreffen würde. Dort habe er scheinheilig nach ihm gefragt. Der Werkstattbesitzer mutmaßt: "Er wollte es da schon machen, glaube ich. Aber mein Vater war bei uns in der Wohnung. Das hat ihn abgeschreckt." Dagegen steht weiterhin die Unschuldsbeteuerung des Angeklagten.

Der Prozess wird am Freitag, 28. März, am Landgericht Tübingen fortgesetzt.