Alfred Steck vor einem seiner selbst gebauten Wildbienenhotels Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Wildbienenexperte: Seit über 20 Jahren baut Alfred Steck in Nellingsheim Insektenhotels

Von Regina Schwenk

Neustetten-Nellingsheim. "Ich bin einfach verrückt nach Natur", erzählt Alfred Steck. Der 76-Jährige steht auf dem Gelände der Obstbaugemeinschaft Nellingsheim. Die Bäume stehen ordentlich in Reih und Glied, eine der Baumreihen gehört ihm. Aber welche? Die Antwort fällt leicht: Die, die aus der Reihe tanzt.

Was nicht daran liegt, dass dort 25 verschiedene Apfel- und Birnensorten prächtig gedeihen. Und auch nicht daran, dass Alfred Steck als Einziger auf – teils selbst gezogene – Spindelbäume setzt. Was seine Reihe besonders macht, ist das, was zwischen den Obstbäumen steht.

Alfred Steck hat Nistkästen für Singvögel installiert, Sitzstangen für Greifvögel aufgestellt, experimentiert zusätzlich mit einem Nistkasten für Mauswiesel und freut sich derzeit über die ersten Bewohner seines selbst konstruierten Hummelkastens. Marke Eigenbau sind auch die Prunkstücke in Stecks Sammlung von Nist- und Ansiedlungshilfen, seine Wildbienenhotels. Das zehnte ist vor Kurzem fertig geworden. "Das sind genug, jetzt höre ich damit auf", sagt Alfred Steck.

Ohne die Wildbienen geht es nicht

So recht glauben mag man ihm das nicht. Schon gar nicht, wenn der Naturfreund anfängt, ein leidenschaftliches Plädoyer für die Wildbiene zu halten. Die, sagt Steck, gehört in jeden Garten. Denn in Sachen Bestäubung werde die Bedeutung der Honigbiene überschätzt. "Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe überhaupt nichts gegen die Honigbiene. Ich esse auch gern Honig." Doch ohne die wilden Verwandten der beliebten Honiglieferanten, sagt er, geht es nicht.

Über 550 verschiedene Wildbienenarten sind hierzulande heimisch, mehr als die Hälfte steht auf der Roten Liste für bedrohte Arten. Dennoch sorgen die Gehörnte Mauerbiene und Co für eine reiche Obst- und Beerenernte. Denn Wildbienen machen sich bereits bei etwa sieben Grad Celsius an die Arbeit, Hummeln reichen sogar Temperaturen um den Gefrierpunkt. Zum Vergleich: Die Honigbiene fliegt erst bei etwa zwölf Grad. Zudem, erklärt Steck, fliegen Wildbienen im gleichen Zeitraum deutlich mehr Blüten in einem größeren Radius an. Auch, sagt der Experte, seien sie resistenter gegenüber Krankheiten und Witterungsschwankungen.

Was den Wildbienen hingegen zu schaffen macht, sind die industrialisierte Landwirtschaft mit ihren Monokulturen und der zunehmende Einsatz von Pestiziden – auch im Kleingartenbereich. Laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz, kurz BUND, sind bereits 30 Arten vom Aussterben bedroht.

Die Nachbarn sehen es positiv

Alfred Steck hält mit seinen selbst gebauten Wildbienenhotels dagegen. Jedes einzelne ein Unikat aus Dachziegeln, Wurzeln, Schilfmatten, Ästen und mehr. Es gibt große und kleine, ein besonders eindrucksvolles Exemplar samt integrierter Sitzbank schmiegt sich um einen Baumstamm. Eine Wohnstätte, für die auch Wildbienenarten die sonst in der Erde leben, gerne in luftige Höhen umziehen.

Die Sonne scheint, an den Obstbäumen von Alfred Steck öffnen sich die ersten Blüten. Während Steck die Konstruktion seiner Wildbienenhotels erklärt, erläutert er, warum das schützende Drahtgeflecht mindestens sechs Zentimeter Abstand zu den Einfluglöchern haben sollte – Spechte und andere "Langschnäbel" tun sich andernfalls am Bienennachwuchs, der Brut, gütlich – ist er im wahrsten Sinne des Wortes umschwärmt. Dutzende der kleinen, zierlichen Wildbienen fliegen emsig von Blüte zu Blüte. Angst davor, gestochen zu werden? Steck schüttelt den Kopf. "Die sind überhaupt nicht aggressiv. Ich bin nur einmal gestochen worden und da hatte sich eine Wildbiene in meinen Haaren verfangen."

Auch die Nachbarn in der Obstbaugemeinschaft stehen den Wildbienen positiv gegenüber. Doch das war nicht immer so. "In den ersten ein, zwei Jahren haben sie mich regelrecht ausgelacht", erinnert sich Alfred Steck. Lacher erntet er mit seinem Engagement für die Wildbienen längst nicht mehr. Dafür umso mehr Anerkennung: Ganze Busladungen von Naturinteressierten bestaunen seine Insektenhotels und informieren sich an den Schautafeln über das Lebend der Wildbienen. Der Bürgermeister war schon da, ebenso der Landrat und diverse fachkundige Biologen.

Ein Baumstamm reicht als Nisthilfe

Wildbienen, wiederholt er, gehören in jeden Garten. Und dafür braucht es noch nicht einmal ein kunstvolles Insektenhotel. Ein dickerer Ast oder Baumstamm reicht völlig aus. Steck empfiehlt Harthölzer wie Eiche, Buche oder Ahorn. Das sollte der Länge nach durchgesägt werden. Kopfholz, sagt der Experte, reißt zu schnell ein. Dann noch die Sägefläche mit Schleifpapier glätten und schon kann man sich ans Bohren machen. Immer schön langsam und mit Gefühl, damit die Wände der Bohrlöcher möglichst glatt werden. Die Löcher selbst sollten einen Durchmesser von drei bis sieben Milimetern haben und tiefer als drei Zentimeter sein. Wer den Wildbienen den Einzug besonders komfortabel machen will, senkt die Bohrlöcher mit einem konischen Spitzsenker noch leicht an. Dann noch ein wenig Geduld, und schon klappt es mit einem Stück mehr Natur im Garten.

Alfred Steck siedelte seine ersten Wildbienen vor über 20 Jahren übrigens ungeplant an: durch den Bau eines Frühbeets. Eine Schilfrohrmatte sollte die zarten Pflänzchen vor zu viel Sonneneinstrahlung schützen. "An der hing dann immer gelber Staub. Und irgendwann habe ich bemerkt, dass in den Halmen Wildbienen waren."

Weitere Informationen: Wer die Wildbienenhotels einmal selbst sehen möchte, kann sich unter Telefon 07472/38 90 für eine Führung anmelden.