Das Kopp-Gebäude wurde im Frühjahr fertiggestellt. Foto: Schwarzwälder-Bote

Firma "Chaosbau" veröffentlicht Bilder von Arbeit am Verlagssitz. Jochen Kopp und sein Generalunternehmer dementieren.

Rottenburg - Ein Bautrupp unter dem Namen "Chaosbau" veröffentlicht bei Facebook Bilder von der Kopp-Baustelle, die im Frühjahr abgeschlossen wurde. Das Pikante: Hinter der Firma sollen Rechtsradikale mit engem Bezug zum Terrortrio um Beate Zschäpe stecken. Verleger Jochen Kopp vermutetet darin eine Verschwörung. Vor genau einem Jahr postet ein Internetuser unter dem Namen "Thomas G.", so heißt ein Neonazi aus Thüringen, ein Bild vom Dach des Rottenburger Kopp-Verlags bei der Fotoplattform Instagram.

Auch bei Facebook wird unter dem Namen "Chaosbau" der Baufortschritt am Kopp-Gebäude dokumentiert. Bei Chaosbau sollen die mutmaßlichen NSU-Unterstützer und rechten Szenegrößen André K. und Thomas G. zusammenarbeiten. Der Kommunalpolitiker Albert Bodenmiller hat diese Rechercheergebnisse des Lern- und Dokumentationszentrums zum Nationalsozialismus Tübingen (NSDok) nun öffentlich gemacht und spricht von einer Verbindung des Nationalsozialisitschen Untergrunds (NSU) hin zum Kopp-Verlag – "zumindest im Internet besteht diese Verbindung", sagte Bodenmiller gestern bei einem Pressegespräch.

Jochen Kopp reagiert überrascht auf diesen Vorwurf. Auf unsere Anfrage hin schaut er sich die Facebookbilder an und sagt, er kenne die Firma "Chaosbau" nicht, ihm sei nicht erklärlich, wie die auf seine Baustelle kommen sollte. "Ich wäre ja mit Brettern vernagelt, wenn ich solche Chaoten auf die Baustelle lasse", sagt Jochen Kopp. Er forscht nach: Der damals beauftragte Generalunternehmer Baresel, der den schlüsselfertigen Neubau des Verlagssitzes geliefert hat, schickt postwendend eine Stellungnahme: "Die Chaosbau 24 ist uns nicht bekannt und wurde zu keinem Zeitpunkt von uns beauftragt." Die Firma Schweiger Bedachungen aus Gräfelfing bei München sei mit den Arbeiten am Dach der neuen Halle beauftragt gewesen. Dort erhält man ebenfalls die Auskunft: "Wenn wir Nachunternehmer beauftragen, haben wir die peinlichst ausgesucht und melden das dem eigentlichen Bauunternehmer." Chaosbau? Auch hier aufs Erste nicht bekannt.

Generalunternehmer Baresel teilt weiter mit: "Während des Bauablaufs ist uns kein Mitarbeiter aufgrund seiner Verbindung zur rechten Szene aufgefallen, ansonsten wäre er unverzüglich der Baustelle verwiesen worden." Kopp würde das unterschreiben, sagt er. Er hätte genau so gehandelt, wenn ihm entsprechendes bekannt geworden wäre, sagt er. Aber er will nicht glauben, was ihm da an Informationen serviert wird.

Er äußert Bedenken zu der Facebook-Seite von "Chaosbau" und den Bildern seiner Baustelle: "Das stinkt. Die Seite scheint gefälscht zu sein." Die kurze Lebenszeit des Profils von September 2012 bis April 2013 findet Kopp "sehr dubios". Er vermutet eine neue "Masche der Linken aus Tübingen, die mit Bodenmiller zusammenarbeiten". Die Auseinandersetzung des Stadtrates mit dem Kopp-Verlag dauert bereits etwa zwei Jahre an und entzündet sich an rechtspopulistischen Werken im aktiv beworbenen Sortiment des Kopp-Verlags.

Die Facebook-Seite – eine Fälschung oder eine echte Spur zu den Nazis aus Thüringen? Hans Peter Hellermann, der Rechercheur des Tübinger Vereins NSDok, sieht vor allem in der Vernetzung der Personen, die auf der Facebook-Seite von Chaosbau aktiv sind, ein Indiz dafür, dass sie echt ist. Über Thomas G. sagt er: "Er ist auf verschiedenen Plattformen mit vielen Personen verlinkt, er hat Bilder von sich selbst hochgeladen. Aus meiner Sicht ist das ein authentisches Profil."

Die Linken-Politikerin Katharina König sitzt im thüringischen NSU-Untersuchungsausschuss, recherchiert viel in der rechten Szene und ist derselben Meinung. "Die Profile bei Facebook sind authentisch", sagt sie. Im Internet treten laut König die selben Personen unter dem Firmennamen "Bausanierung24.com" im Internet auf. Den Abbruch der Eintragungen in Facebook, die Kopp stutzig macht, könnte sie sich so erklären: "Es ist eine sehr enge Verbindung von André K. zu Ralf Wohlleben bekannt geworden (Anm. d. Red.: Angeklagter im NSU-Prozess)." König meint, K. könnte bemerkt haben, dass er in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt ist.

Für Bodenmiller ist die "Entdeckung", dass diese "harten Rechten" in Baden-Württemberg unterwegs waren, Grund genug, weitere Aufklärung beim Innenministerium einzufordern. Dort habe er Ministerialdirektor Herbert Zinell mit seinen Informationen versorgt. Außerdem werde er an den Landtag herantreten und einen baden-württembergischen NSU-Untersuchungsausschuss fordern. "Es gibt durch diese Informationen eine aktuelle Spur vom NSU-Umfeld nach Baden-Württemberg", sagt Bodenmiller. Katharina König hält einen NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg für "definitiv begrüßenswert". Die Tötung der Polizistin Michèle Kiesewetter habe man im bundesweiten Ausschuss nicht wirklich versucht, aufzuklären.

Konkrete Schritte im Rottenburger Fall erwarten Bodenmiller und Hellermann nun zunächst von Jochen Kopp: Er müsse Ermittlungen anstoßen und den existierenden Verdacht, dass einschlägig bekannte Rechtsextreme auf seiner Baustelle gearbeitet haben, ausräumen lassen. Da laut Kopp kein Straftatbestand vorliegt, sieht er keine rechtlichen Möglichkeiten, etwas zu unternehmen. Ihm bleibe nur die Möglichkeit, selbst zu recherchieren. Das werde er auch tun. Er wolle selbst wissen, ob und wie die Chaosbauer auf seine Baustelle gelangt sein könnten.

Gestern riefen wir unter der im Internet bei "Bausanierung24.com" angegebenen Nummer an. Eine Männerstimme meldete sich. Kein Name wurde genannt. Auftrag vom Kopp-Verlag? "Da müssen wir erstmal nachschauen. Melden Sie sich morgen wieder." Wenig später verschwand ein Bild mit einer Baustellen-Collage und "Kopp Verlagshaus" in roten Buchstaben auf der Chaosbau-Facebookseite. Mysteriös.