Polizeihauptkommissar Günter Straub, der 35 Jahre den Polizeiposten Ergenzingen leitete, wird heute Abend feierlich in seinen Ruhestand verabschiedet. Foto: Ranft Foto: Schwarzwälder-Bote

Günter Straub räumt Stuhl als Leiter des Polizeipostens Ergenzingen / Schönster Einsatz beim VfB und Maradona

Von Klaus Ranft

Rottenburg-Ergenzingen. Heute geht Polizeihauptkommissar Günter Straub (61), der 35 Jahre den Polizeiposten Ergenzingen leitete, in den wohlverdienten Ruhestand. Im Adolph-Kolping-Saal wird er nach 43 Dienstjahren feierlich verabschiedet.

In all den Jahren stand Günter Straub für die Polizei in Ergenzingen schlechthin. 40 Jahre wohnte er in dem Ort, in dem er auch seinen Dienst versah und er schaffte den schmalen Grat, ein Ergenzinger Bürger und gleichzeitig der höchste Polizist im Ort zu sein. Straub war einer, dem man vertrauen konnte, der im Rahmen seiner Möglichkeiten half, der aber auch kompromisslos gegenüber Menschen war, die sein Vertrauen missbrauchten. Das verschaffte ihm Respekt und Anerkennung.

Seine Personen- und Ortskenntnis ist fast schon phänomenal. Vor allem kannte er eine bestimmte Spezies und wenn im Ort wieder mal eingebrochen wurde oder ein sonstiges Delikt aufgeklärt werden musste, wusste er genau, wo er suchen musste. Nicht umsonst hatte der Polizeiposten in Ergenzingen eine ungewöhnlich hohe Aufklärungsquote.

Der Polizeiposten ist für Ergenzingen, Baisingen, Eckenweiler, Hailfingen und Neustetten zuständig. Auf rund 50 Quadratkilometern leben in dieser Region ungefähr 13 000 Menschen. Derzeit versehen im Polizeiposten Ergenzingen vier Beamte Dienst. Abends übernehmen die Kollegen aus Rottenburg die Angelegenheiten des Polizeipostens.

Führerschein ist kurz nach 18 Uhr weg

Genau das hatte vor einigen Jahren für einen Bürger gravierende Folgen. Der hatte großspurig kund getan, in der Zeit des Schichtwechsels brauche man keine Angst zu haben. Die Ergenzinger Polizisten seien zu Hause und die Rottenburger kämen vor 20 Uhr sowieso nicht. Also könne man ruhig noch einen trinken, auch wenn man mit dem Auto unterwegs sei. Ein paar Tage später war er kurz nach 18 Uhr seinen Führerschein los.

Ansonsten, so Straub, hätten im Laufe der Jahre viele überörtliche Tätergruppen die Nähe der Autobahn genutzt, um ihren dunklen Machenschaften nachzugehen.

Daher sei die Spurensuche am Tatort und die Feststellung der DNA immer wichtiger geworden. So habe man anhand einer Zigarettenkippe eine Serie von Apothekendiebstählen aufklären können. Infolge einer Familienfehde habe man in Ergenzingen sogar einen Mord zu verzeichnen gehabt. Der Täter, in Ergenzingen wohnhaft, hatte einen Baisinger umgebracht. Da die Tat aber nicht auf Ergenzinger Markung geschah, sei die Polizei in Tübingen zuständig gewesen. Nicht gerne erinnert sich Straub an das Jahr 2003. Damals gab es im Ort drei Überfälle, unter anderem auch einen auf den Schlecker-Markt. Im selben Jahr saßen zudem elf in Ergenzingen wohnende Bürger in Untersuchungshaft.

Die sogenannte Stadtteilkonferenz – bestehend aus Vertretern der Vereine, des Ortschaftsrates, der Schule, der Eltern und der Polizei – war ebenfalls ein Verdienst von Günter Straub. Nachdem es immer wieder Zeiten gegeben hatte, in der die Jugend auf Krawall gebürstet war, und die dann von einer Messerstecherei zwischen türkischen Immigranten und russischen Aussiedlern gekrönt war, wurde diese Konferenz 1996 ins Leben gerufen. Das zeigte auch in der Statistik Wirkung. Während Ende der 90er-Jahre die Kriminalität landesweit anstieg, sank sie in Ergenzingen um rund 25 Prozent. Für dieses Projekt, das auch heute noch jährlich ansteht, wurde Ergenzingen mit dem Kriminalitäts-Präventionspreis des Landes ausgezeichnet.

Als Straub nach seinen Dienstzeiten in Herrenberg, bei der Kripo und als Personenschützer des damaligen Landespolizeipräsidenten Alfred Stümper in die Gäumetropole kam, brachte er auch seinen Schäferhund Mutz vom Koppenbrünnle mit. Dieser wurde zu einem der ersten Rauschgiftsuchhunde und auch sein bester Kollege.

20 Jahre lang war der künftige Pensionär auch Gruppenführer einer Alarmhundertschaft. Das UEFA-Cup-Endspiel VfB Stuttgart gegen den SSC Neapel – letzterer spielte damals noch mit Maradona – war sein schönster Einsatz während dieser Zeit.

Seinen mit Abstand schlimmsten Einsatz absolvierte er nach dem Zusammenstoß zweier Flugzeuge 2002 in Überlingen. Was ihn dort zwischen den Wrackteilen der abgestürzten Maschinen erwartete, habe alles übertroffen, was er an schlimmen Vorahnungen gehabt habe. "Die Bilder habe ich heute noch im Kopf", so Straub, der sich auf seinen Ruhestand in seiner Heimatstadt Horb freut.