Oberbürgermeister Stephan Neher freute sich, dass rund 100 Bürger zum Spatenstich in die Königstraße gekommen waren. Foto: Baum Foto: Schwarzwälder-Bote

Spatenstich: Neubau an der Königstraße bekommt Café und wird mit Ortsteil-Büchereien vernetzt

Von Angela Baum

Rottenburg. So viele Menschen habe er selten bei einem Spatenstich erlebt, meinte der Architekt der neuen Rottenburger Stadtbibliothek, Volker Kurrle. Und auch Oberbürgermeister Stephan Neher freute sich, dass rund 100 Bürger zum Spatenstich in die Königstraße gekommen waren.

An diesem Stadteingangs-Ort soll die neue Stadtbücherei entstehen, die viele bislang schmerzlich vermisst hatten. Die Arbeiten sind bereits in vollem Gang, erklärte Neher den Zuhörern. Zum Spaten griffen Baubürgermeister Thomas Weigel, Hochbauamtsleiter Markus Gärtner sowie neben Neher auch die Erste Vorsitzende des Fördervereins Stadtbibliothek, Renate Witte. Neher erläuterte, dass in die neue Stadtbibliothek auch die Dombücherei integriert werde, was Dompfarrer Monsignore Harald Kiebler mit etwas Wehmut kommentierte. Jahrzehnte gebe es bereits den Wunsch nach einer neuen Stadtbibliothek, sagte Neher, und im kommenden Jahr könne man nach einer Bauzeit von rund anderthalb Jahren die ersten Bücher ausleihen. 2011 begannen die Diskussionen und Planungen mit dem Gemeinderat. Ein Architektenwettbewerb brachte gute Vorschläge, der Sieger war das Stuttgarter Architektenbüro Harris und Kurrle, das nun auch seinen Vorschlag umsetzen kann, wenn auch in verkleinerter Form.

Neher betonte, dass die neue Bibliothek den Stadteingang aufwerten werde und im unmittelbaren Eingangsbereich neben der Kurie richtig zur Geltung komme. Bislang liege man etwas unter den sechs Millionen Euro veranschlagten Baukosten.

In der neuen Bibliothek können die Bücherfans dann nicht nur auf die Medienbestände der neuen Bibliothek, der Dombücherei und der ehemaligen Morizbücherei zugreifen, sondern haben auch die Auswahl unter den Medien der 14 bestehenden kleinen Ortschaftsbüchereien, die aber weiterhin erhalten bleiben. Auch kann man später auf die Bestände der Mediathek im Eugen-Bolz-Gymnasium zugreifen, so Neher. Ein zentraler Punkt in der neuen Bibliothek soll ein Cafébereich sein, welchen der Freundeskreis Mensch betreibt. Hier erhalten behinderte oder psychisch kranke Menschen einen Arbeitsplatz. Die neue Stadtbibliothek soll damit Treffpunkt werden für die gesamte Stadtbevölkerung, auch für Schüler, Rentner und jeden, der den Treffpunkt aufsucht. Auch werden im Cafébereich Tagesmedien zur Verfügung gestellt.

Mit der neuen Bücherei befindet sich die Stadt im Sanierungsgebiet Östliche Königstraße, daher werden hierfür Fördermittel bereitgestellt. Bei Informationsfahrten des Gemeinderates zu anderen großen Stadtbibliotheken erfuhr Neher, dass es dort 500 bis 1000 Besucher pro Tag gebe. "Wenn es uns gelingt, diese in die Stadt zu locken, wäre das toll", sagte Neher. Über den nahegelegenen ZOB am Eugen-Bolz-Platz kämen auch viele Schüler in die Stadt, die dann auch die Bücherei nutzen könnten. Die Buchhaltestelle, quasi der Bücherschrank zum kostenlosen Mitnehmen oder Eingeben von Büchern, ist übrigens vom Gelände der neuen Stadtbibliothek neben das Kulturamt in der Alten Welt gewandert. Neher meinte abschließend, dass es bald gelten werde, das Haus mit Leben zu füllen, daher suche der Freundeskreis Mensch derzeit Personal, und auch die Stelle der Büchereileitung wurde ausgeschrieben. Die Stadtkapelle umrahmte Spatenstich und Baggerbiss, danach ging es ins Rathausfoyer. Dort zeigte eine Schülergruppe der Literatur- und Theater-AG des Eugen-Bolz-Gymnasiums Szenen aus Faust, mehr oder weniger "reloaded", also mit neuen und modernen Aspekten und Nuancen.

Architekt Volker Kurrle zeigte sich beeindruckt von der Menschenmenge, "dies zeigt, dass es für Rottenburg kein normales Projekt ist". Es sei auch ein ganz besonderes Projekt für das Architektenteam, da es gelte, den Stadteingang zur Altstadt zu gestalten. Er spüre hier eine besonders große Verantwortung als Architekt. Man habe versucht, mit dem Entwurf den Spagat zwischen Anpassung und Eigenständigkeit des Gebäudes hinzubekommen. Die neue Stadtbibliothek solle kein Fremdkörper in der Altstadt sein, so Kurrle. Es sei eine "moderne Bibliothek in einer modernen Stadt".

Dompfarrer und Morizpfarrer Harald Kiebler erklärte, dass der Tag für die katholischen Kirchengemeinden ein freudiger Tag sei, aber viele Menschen mit Wehmut erfülle. Denn die Dom- und Morizbüchereien würden sicherlich vielen Leuten fehlen. Aus dem Jahr 1853 seien erste Belege der Dombücherei erhalten. Er regte auch an, doch in die Tiefe zu graben, um eventuell Funde zu bergen – auch wenn es dann etwas länger dauern werde.

Renate Witte erklärte, dass es den Förderverein Stadtbibliothek bereits seit drei Jahren gebe, er werde die Bibliothek später auch mit Leben füllen. Die Bücherei werde ein "öffentliches Wohnzimmer", freute sie sich. Torsten Hau als Vorsitzender des Freundeskreis Mensch erklärte, dass sein Verein die Aufgabe habe, das Erdgeschoss der Bücherei mit Leben zu füllen. Einen Vorgeschmack auf die Köstlichkeiten des Cafés gab es in Form von Tomate-Mozarella-Caprese im Glas sowie Hackbällchen, Kartoffelsalat und Canapés.