Kunst: Der Rottenburger Hamdi Hattab stellt erstmals seine Ölgemälde aus / "Eine Beerdigung ist doch auch irgendwie ein Fest"

Von Annika Rath

Kaum ist die Weihnachtszeit vorbei, beginnt in Rottenburg auch schon die Fasnet. So sind am Samstagabend einige Narren am Eugen-Bolz-Platz aufzufinden, die Sprollstraße ist mit bunten Wimpeln geschmückt.

Rottenburg. Und läuft man durch die Ehinger Straße, lohnt sich ein Blick durch die Schaufenster von Hausnummer 6. Zu entdecken sind närrische Skulpturen aus Holz.

Im Innenraum des ehemaligen Ladens haben gleich zwei Künstler ihre Werke ausgestellt. Der Karlsruher Edgar Müller präsentiert seine Holzskulpturen, der Rottenburger Hamdi Hattab Gemälde aus Öl mit ganz verschiedenen Themen und Schwerpunkten.

Gemälde wecken Sehnsucht nach Urlaub

An einer Wand des Raumes hängen kleinere Gemälde in hellen Farben. Sie wecken die Sehnsucht nach Urlaub. Mal ist eine Frau in einem weißen, leichten Kleid von hinten am Strand zu sehen. Gerade geht die Sonne unter. Oder sie sitzt in einem Boot und streckt ihre Zehenspitzen ins kühle Nass. Die Sonne scheint, der Himmel strahlt blau. "Meine Farbpalette besteht nur aus fünf Farben, den Rest mische ich immer wieder neu", gibt Hattab Einblicke in seine Arbeit.

Ganz anders wirken die Bilder am anderen Ende des Raumes. Da steht Rotkäppchen, daneben ein Wolf. Die Farben sind dunkel und schwer. Aufmerksamkeit erregt ein großes Bild, das einen geheimnisvollen Märchenwald darstellt. Die Äste sind ineinander verschlungen, da fallen Hänsel und Gretel kaum auf. Das Hexenhaus ist eine moderne Villa, davor parkt ein schicker Sportwagen. "Eigentlich wollte ich noch ein WiFi-Symbol malen, denn heute lockt man die Kinder wohl kaum mit Lebkuchen, aber zum Beispiel mit dem Internet", erzählt der Künstler. Und fügt gleich an: "Aber man muss es auch nicht übertreiben."

Hamdi Hattab ist bescheiden, er malt seine Kunstwerke für sich, gelagert werden sie im Atelier. Eigentlich hatte er nicht daran gedacht, sie zu verkaufen. Bekannt ist er in der Bischofsstadt trotzdem: Schon einige Rottenburger haben sich von ihm ein Tattoo stechen lassen. Zum ersten Mal stellt er jetzt seine Werke aus. "Es ist was ganz anderes, sie an den Wänden zu sehen", freut er sich.

Wie seine Ideen entstehen, kann er nicht genau sagen. "Die meisten meiner Bilder sind Portraits." Eine Frau in der Sonne, ein kleiner Junge, ein Indianer, bekannte Gesichter wie die Sängerin Amy Winehouse oder Loriot sind dabei, aber auch eine Reihe mit Totenköpfen. Der Mensch in ganz unterschiedlichen Facetten. Etwas Bestimmtes wolle er mit seinen Werken aber nicht sagen.

Auch der Karlsruher Edgar Müller beschäftigt sich in seinem Schaffen mit dem Mensch, wenn auch auf eine ganz andere Weise. "Baumwesen" nennt er seine Skulpturen. Unterschiedliche Holzsorten verarbeitet er zu sinnlichen Frauenfiguren. "Früher hat mich ein Stamm mit einer Narbe gestört, heute finde ich, dass er eine Geschichte erzählt", beschreibt Müller.

Mehr als nur ein Sinn ist angesprochen

Die polierten Figuren laden gerade dazu ein, angefasst zu werden. Und so kommt es schon vor, dass die Besucher über das weiche Holz streichen, während sie die Gemälde von Hamdi Hattab betrachten. Die unterschiedlichen Facetten des Menschen bekommen eine neue Bedeutung. Fühlen und Tasten – nicht nur ein menschlicher Sinn wird benötigt. Da passt es ganz wunderbar, dass Oliver König die Vernissage auf dem Didgeridoo musikalisch umrahmt.

Sieben Sinne, ein Körper, aber auch Gefühle machen ein Individuum aus. Für einen Wettbewerb mit dem Thema "Festliche Kunst" malte Hattab eine Szene bei einer Beerdigung. "Auch das ist doch irgendwie ein Fest." Es regnet Bindfäden, die Leute sind grau gekleidet, halten dunkle Schirme und schauen traurig. Doch am rechten unteren Rand steht ein kleiner Junge in einem roten Pullover auf einem grünen Hocker. Er malt einem älteren Herrn mit einem roten Stift einen Lachmund. Die Besucher der Ausstellung merken: Es lohnt sich immer ein zweiter Blick.