Gesellschaft: Kommunal- und Landespolitiker über Umgang mit Kopp-Verlag und Angriffe auf Demokratie / Steur: Signale nötig

Wie umgehen mit dem umstrittenen Rottenburger Kopp-Verlag? Wie auf Hetze von rechts reagieren? Bei einer Podiumsdiskussion zu diesem Thema in Rottenburg wurde über Verantwortung diskutiert, die mit der Meinungsfreiheit zusammenhängt.

Horb. Rund 150 Besucher waren in die Zehntscheuer gekommen, um über den Kopp-Verlag und Hetze von rechts zu diskutieren. Veranstalter war die Wochenzeitung Kontext aus Stuttgart. Auf dem Podium saßen neben einer Moderatorin der Zeitung der Kopp-Kritiker und ehemalige Gemeinderat der Fraktion Bürgerfreundliche Heimat/Die Linke, Albert Bodenmiller, Oberbürgermeister Stephan Neher (CDU), die ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete und einstiges NSU-Untersuchungsausschussmitglied Rita Haller-Haid sowie SPD-Stadtrat Hermann Josef Steur. Verleger Jochen Kopp sei angefragt worden, habe aber keine Zeit gehabt, erklärte die Moderatorin.

Der Abend beginnt mit einem Rückblick: Bodenmiller, Steur und Neher waren an der Entscheidung des Gemeinderats beteiligt, dem Kopp-Verlag ein größeres Grundstück zu verkaufen, wodurch er stark expandieren konnte. Bodenmiller war Gegner der Entscheidung, Neher und Steur Befürworter. Doch durch persönliche Konfrontation mit dem Klientel des Verlags hat Steur inzwischen seine Position geändert.

Zu einem Kopp-Online-Artikel über die Behauptung, es handle sich bei der "Flüchtlingswelle um eine militärische Operation gegen Deutschland und Europa mithilfe der Migrationswaffe", hatte er sich in einem offenen Brief kritisch geäußert und bekam daraufhin Hunderte Zuschriften von Unterstützern des Kopp-Verlags. Es zählt zu den eindrücklichsten Momenten des Abends, als Steur daraus vorliest – wüste Beschimpfungen, die Androhung von Gewalt und Tod. Für Steur war danach klar, wo der Verlag steht.

Er sei durchaus der Meinung, dass Meinungsfreiheit und Pressefreiheit ein hohes Gut sei, das heiße für einen Verleger aber auch, Verantwortung zu übernehmen, für das, was unter seiner Marke veröffentlicht wird. Im Kopp-Verlag werde seiner Meinung nach mit der Angst der Leute ein Geschäft betrieben. "Es ist die Frage, ob das unserer Gesellschaft gut tut", sagte er mit Blick auf den Hass, der ihm für die Kritik am Verlag entgegenschlug.

Neher stellte sich in der Diskussion indes auf den Standpunkt, sich ausschließlich an gesetzlichen Vorschriften zu orientieren. Was Verleger Jochen Kopp realisiert habe, sei eine nach derzeitiger Rechtslage zulässige Geschäftsidee. "Gerichte, nicht die Politik, muss entscheiden, was verkauft werden darf", sagte er über den Grundstücksverkauf an den Verlag. Er würde das Gelände auch heute an den Kopp-Verlag verkaufen. In Rottenburg könne sich jeder Bürger darauf verlassen, dass Grundlage des Handelns der Kommune immer nur Gesetze seien.

Bodenmiller vertrat die Meinung, dass ein Verleger und jeder Bürger zwar Meinungsfreiheit für sich beanspruchen dürfe, aber auch Verantwortung vor der Menschenwürde anderer und der Demokratie habe. Das sei beim Kopp-Verlag nicht der Fall, wo die parlamentarische Demokratie lächerlich gemacht werde und vermittelt werde, der deutsche Staat sei in miserablem Zustand. "Das kann nicht sein." Der Kopp-Verlag trete für Meinungsfreiheit ein, wenn es um seine Veröffentlichungen gehe, wenn der Verlag aber kritisiert werde, sei die Hölle los, so Bodenmiller.

Auch Rita Haller-Haid machte deutlich: "Wenn jemand die Freiheit bekämpft, da hört meine Toleranz auf."

Das Publikum war durchaus geteilter Meinung. Es meldete sich auch ein AfD-Anhänger zu Wort, der sich nach eigenen Angaben vor gewalttätigen Angriffen von Links fürchtet. Und ein Kunde des Kopp-Verlags, der die Bücher nach eigener Aussage benötigt, um sich zu informieren. Die Stimmung im Saal war angespannt, es wurde gebuht und durcheinander geredet.

Steur sagte dazu im Lauf des Abends: "Die letzte halbe Stunde hat gezeigt, wir kommen überhaupt nicht weiter, wenn wir uns pauschale Vorwürfe machen." Hetzerische Sprache in der politischen Auseinandersetzung beispielsweise um Zuwanderung habe die rechtspopulistische AfD groß gemacht, sagte auch Haller-Haid.

Was also tun, fragte die Moderatorin? Aus dem Publikum meldete sich SPD-Fraktionsvorsitzende Margarete Nohr: "Wir werden nur etwas verändern, wenn wir uns wieder zuhören und respektieren als Menschen, auch wenn wir nicht gleicher Meinung sind." Bodenmiller sagte: "Wir müssen wachsam sein. Wir müssen widersprechen, sobald rechtes Gedankengut geäußert wird." Steur forderte, nicht nur durch Worte, sondern durch Taten Rechtspopulismus entgegenzutreten. Neher erinnerte: Nach einem Angriff auf zwei Afrikanerinnen in Rottenburg 2014 habe man über 1000 Bürger in kürzester Zeit zu einer Demo mobilisieren können. Das sei ein starkes Signal der Stadt gegen Hetze gewesen.