Die Bauern fühlen sich von Landwirtschaftsminister Alexander Bonde im Stich gelassen. Foto: dpa/Symbolbild

Deutliche Worte bei Versammlung des Kreisbauernverbandes. Sprossenskandal ist Thema.

Rottenburg-Ergenzingen - Die Bauern in der Region haben nach eigenem Bekunden mit mancherlei Unbill, vor allem aber mit dem "Eurokratismus" zu kämpfen. Dies machte die Winterversammlung des Kreisbauernverbandes für die Region Neustetten/Rottenburg deutlich, die im Ergenzinger Gasthof Waldhorn stattfand.

Ortsobmann Bernd Buchele hieß um die vierzig Mitglieder willkommen, die sich über agrarpolitische Fragen und Probleme, aktuelle Themen aus der Sicht des Landwirtschaftsamtes und über Rechts – und Steuerfragen informieren ließen.

Vor allem eines wurde an diesem Abend deutlich: Die Bauern fühlen sich von Landwirtschaftsminister Alexander Bonde im Stich gelassen. Der Vorwurf: Er lasse sich bei den Landwirten und Bauern nicht sehen. Wie Kreisobmann Christian Reutter aus Tübingen dazu mitteilte, sei Bonde schon von mehreren Bauernverbänden eingeladen worden, habe aber nie Flagge gezeigt, sondern sich konsequent geweigert zu erscheinen. Es herrsche darüber Enttäuschung aller Orten. Man will künftig darauf drängen, dass der Minister persönlich erscheint, einen Vertreter des Ministeriums lehne man ab. Lothar Gugel, zu CDU-Zeiten noch leitender Ministerialrat im Landwirtschafts – und Umweltministerium konstatierte: "Das gibt es doch gar nicht, dieser Landwirtschaftsminister ist so unfähig wie der Verkehrsminister", was ihm tosenden Beifall einbrachte. Ganz so polemisch sah es Reutter allerdings nicht. Man werde sich etwas einfallen lassen, aber zur rechten Zeit am rechten Ort.

Reutter streifte in seinem Rückblick Aussaat und Ernte der vergangenen Jahre und stellte fest, dass Mais wohl die Kulturart sei, die mit extremen Witterungsverhältnissen am besten zu Rande komme. Das habe sich nun schon zwei Jahre lang bewahrheitet. Der "leidige Sprossenskandal", der keiner war, weil die Krankheitserreger aus ägyptischem Bockshornkleesamen kamen, habe eine Schadensbilanz von 30 Millionen Euro verursacht. Es sei eigentlich wie immer gewesen, so Reutter: "Erst kommen die Sensation, dann kommen die Experten, die Politik hält sich zurück, die Verbraucher sind ratlos und die Bauern dann die Leidtragenden." Daher gelte es für die Bauern, mit den Menschen zu reden. Das werde immer wichtiger. "Sie wollen Erklärungen, dann bleiben sie auch ihrem Bauer treu." So gebe es auf den Begriff Dioxin oft eine kopflose Reaktion. Nur die wenigsten wüssten, dass Eier von Freilandhühnern einen höheren Dioxingehalt ausweisen, als Hühner die im Stall gehalten werden.

Die EU betreffend solle die künftige Agrarpolitik nachhaltiger, gerechter und ausgewogener werden. Zu schaffen mache dem einen oder anderen wohl die "Greening – Komponente", aber man könne wohl damit leben. Im schlimmsten Fall treffe es Deutschland mit einer Stilllegung von 600 000 Hektar. Bio- Lebensmittel verursachen höhere Kosten und der Kunde müsse bereit sein, diese zu bezahlen. Man müsse aber aufpassen, dass man die konventionellen Landwirte nicht gegen die Bio-Landwirte aufrechne, es dürfe nicht sein, dass die einen die guten seien und die anderen die schlechten. In der Gentechnik sei die Haftungsfrage weiterhin ungeklärt.

Die Industrie hafte nicht, sondern derjenige der aussät, so Reutter. Allerdings lehne eine Mehrheit der Bevölkerung Gentechnik grundsätzlich ab. Landwirtschaftsdirektor Bilger informierte dann über Bestimmungen und Förderrichtlinien, die künftig zum Tragen kommen und Geschäftsführer Martin Zaiser stellte eine bundeseinheitliche Sozialversicherung in Aussicht. Am Schluss der Versammlung wurde Konrad Schiebel zum neuen Obmann von Wendelsheim gewählt.