Experten diskutieren bei Mellifera-Symposium über Neonicotinoide / "Landwirtschaft muss sich ändern"

Rosenfeld. Welche Rolle spielen Pflanzenschutzmittel beim Bienensterben? Rund 90 Experten aus Wissenschaft, Naturschutz- und Imkerverbänden sowie der Pflanzenschutzmittelindustrie sind beim Symposium des ökologischen Imkerverbands Mellifera der Frage auf den Grund gegangen, wie gefährlich Pflanzenschutzmittel aus der Gruppe der Neonicotinoide für Honigbienen und andere Bestäuberinsekten sind.

Unter den Teilnehmern waren Vertreter aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium und dem Bundesumweltministerium sowie Mitarbeiter der Insektizidhersteller, die ihre Produkte verteidigten

Nach der Begrüßung durch Mellifera-Vorstand Thomas Radetzki und Thomas Berrer vom baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium, das die Veranstaltung unterstützte, präsentierten sieben Wissenschaftler ihre neuesten Forschungsergebnisse. Danach haben Bienen durch Neonicotinoide Schwierigkeiten, in den heimischen Stock zurückzufinden. Der Neurobiologe Randolf Menzel, der die Tagung gemeinsam mit Thomas Radetzki moderierte, stellte fest, dass die Vielfalt der Arten von blütenbesuchenden Insekten und von Pflanzen in den vergangenen 60 Jahren gravierend abgenommen habe. Ein wichtige Ursache seien Pestizide.

Den Einwänden der Industrievertreter, Neonicotinoide seien seit etlichen Jahren auf dem Markt und vorher gründlich untersucht worden, hielt Walter Haefeker, Präsident des Europäischen Berufs- und Erwerbsimkerbunds, entgegen, dass es nachweislich zu Problemen gekommen sei, die von den Zulassungstests überhaupt nicht erfasst worden seien. In einer bienenfeindlichen Agrarlandschaft blieben nur zwei Optionen: Wanderimker oder Wanderarbeiter, die selber Blüten bestäuben. Deshalb müsse sich die Landwirtschaft von Grund auf ändern, damit der Einfluss solcher Mittel weitestgehend überflüssig werde.

Der Leiter des Landesanstalt für Bienenkunde in Hohenheim, Peter Rosenkranz, erklärte, zwischen Pflanzenschutz und Imkerei gebe es seit mehr als 100 Jahren einen Konflikt. Mickaël Henry vom nationalen französischen Agrarinstitut in Avignon stellte eine Methode vor, bei der Bienen mit einem Chip ausgestattet werden und so auch im freien Feld identifizierbar sind. Auch der von Uwe Greggers vom biologischen Institut der Universität Berlin entwickelte Weg, die Gesundheit von Bienenvölkern anhand elektromagnetischer Wellen zu beurteilen, ist ein Ansatz, um die tatsächliche Belastung der Bienen durch Pestizide zu beurteilen.