Früherer Generalanwalt am Gerichtshof der europäischen Gemeinschaft spricht in Rosenfeld

Von Klaus May

Rosenfeld. Ein "Haus ohne Dach" ist Europa laut Siegbert Alber. Auf Einladung des Progymnasiums, des Schulfördervereins, des Fördervereins Städtepartnerstadt sowie der Stadt Rosenfeld referierte der frühere Generalanwalt am Gerichtshof der europäischen Gemeinschaft in der Festhalle. Die Frage "Brauchen wir mehr oder weniger Europa?" konnte er rasch beantworten: Möglich sei beides, sagte er, aber der aktuelle Zwischenzustand sei unerträglich.

Alber plädierte für ein weiteres Zusammenrücken der 28 Länder und 500 Millionen Einwohner und ging auf die Geschichte der heutigen EU ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei aus dem "zahnlosen Völkerbund" die UNO gegründet worden und in Europa der Europarat mit heute 47 Mitgliedsstaaten. Die Gründungsväter der EU hätten eine engere Zusammenarbeit angestrebt und 1952 beschlossen, die Montanunion Kohle und Stahl zu gründen. Ein mutiger Schritt sei das gewesen, weil er die Kriegsindustrie betraf.

Der in Hechingen geborene Referent, der 20 Jahre lang im Europarat saß, erwähnte die Einführung des Euro und die Abschaffung der Grenzkontrollen, was heute für die jüngeren EU-Bürger schon selbstverständlich sei. Er lobte die gemeinsame Währung, sah aber Probleme in der Staatsschuldenkrise. Umweltschutz und Krimialität würden nicht an den Grenzen Halt machen, sagte er, und die Nationalstaaten kämen an ihre Grenzen. Von der EU werde nur geregelt, was die Nationalstaaten an Europa abgegeben hätten.

Bei den bevorstehenden Wahlen werde Deutschland 96 Europaabgeordnete stellen. Aktuell seien in sieben Fraktionen 162 Parteien zusammengeschlossen. Alber lobte die Parlamentsarbeit in der EU, die sich an der Sache orientiere. Dem Wahl-Stuttgarter erscheint es wichtig, die 24 Amtssprachen im Parlament beizubehalten. "Nur wenn man Deutsch sprechen kann in Europa, fühlt man sich auch dort zuhause", sagte er.

In der anschließenden Diskussion wurden Themen wie Beitritt der Türkei, Situation in der Ukraine oder Ungarn angefragt. Alber, der aktuell als Professor in Saarbrücken lehrt, verwies auf die Verträge von Maastricht und Lissabon. Jaut EU-Gesetz sei es neuerdings möglich, aus der EU auszutreten, sagte er, wobei er sich für das eine oder andere Land freuen würde.

Auch die jüngeren Rosenfelder sind politisch interessiert: Bereits am Nachmittag wurde bei einem Besuch in der zehnten Klasse des Progymnasiums mit dem überzeugten Europäer diskutiert. Bei einer Stadtführung mit Schulleiter Volker Seibel hatte sich der Gast über die Geschichte der Stadt Rosenfeld informiert.