Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist tot. Er starb im Alter von 94 Jahren in Berlin. Foto: dpa

Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist am Samstag gestorben. Der gebürtige Stuttgarter starb im Alter von 94 Jahren in Berlin.

Berlin - Einer der profiliertesten Politiker der Nachkriegszeit ist tot: Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist am Samstag im Alter von 94 Jahren gestorben. „Wir verlieren einen großartigen Menschen und ein herausragendes Staatsoberhaupt“, schrieb Bundespräsident Joachim Gauck in einem Kondolenzschreiben an die Witwe Marianne Freifrau von Weizsäcker. Er würdigte seinen Vorgänger als „moralische Instanz“. „Die Erinnerung zu bewahren und hieraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, waren ihm wichtige Anliegen, gerade auch im Hinblick auf die junge Generation“, betonte Gauck.

Politiker aller Bundestagsparteien sprachen von einem großen Verlust. Der CDU-Politiker von Weizsäcker war in der Zeit von 1984 bis 1994 sechster Bundespräsident - er beeinflusste mit wegweisenden Reden das politische Klima in Deutschland und scheute auch nicht vor Konflikten mit Kanzler Helmut Kohl (CDU) zurück. Gemeinsam feierten sie am 3. Oktober 1990 die deutsche Einheit im wiedervereinigten Berlin.

Vor der Bundespräsidentenzeit war der in Stuttgart geborene Weizsäcker unter anderem Regierender Bürgermeister von Berlin (1981 bis 1984). Von 1969 bis 1981 war der promovierte Jurist Mitglied des Deutschen Bundestages. Zudem war er zwei Mal Präsident des Evangelischen Kirchentages (1964 bis 1970 und 1979 bis 1981).

Nach seinem Amtsantritt hatte er versprochen, „Präsident aller Bürger“ sein zu wollen. Als ein wichtiger Markstein seiner Amtszeit gilt die Rede vom 8. Mai 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes, in der er sich ohne Beschönigung mit den deutschen Verbrechen der Nazi-Zeit auseinandersetzte. Er bezeichnete den Tag des Kriegsendes und den Zusammenbruch des Nazi-Regimes als „Tag der Befreiung“.

Das Diktum, dass der 8. Mai nicht vom 30. Januar 1933 (Tag der Machtübernahme Adolf Hitlers) zu trennen sei, „ist eine nicht revidierbare Grundlage für unser Selbstverständnis und unser Handeln geworden“, betonte Gauck. „Aus der Erfahrung von Krieg und Gewaltherrschaft folgte sein Engagement für ein friedliches und vereintes Europa.“ Er habe die Freundschaft mit den Partnern im Westen vertieft und die Verständigung mit den Völkern im Osten gesucht. „Schon früh sah er in der Überwindung der Spaltung Europas die einzige Möglichkeit zur Überwindung der Spaltung Deutschlands.“

Im Schloss Bellevue wurde ein Kondolenzbuch ausgelegt

Im Schloss Bellevue wurde ein Kondolenzbuch ausgelegt, in das sich Bürger eintragen können. Am Bonner Amtssitz, der Villa Hammerschmidt, ist dies am Montag von 10 bis 18 Uhr möglich. Die Spitzen der Politik würdigten von Weizsäcker als Wegweiser in wichtiger Zeit.

- SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel betonte: „Richard von Weizsäcker hatte die Gabe und den Intellekt, den Menschen Orientierung zu geben und Deutschland in der Welt würdig zu vertreten.“

- CSU-Chef Horst Seehofer sagte: „Als Bundespräsident war es Richard von Weizsäcker ein großes Anliegen, „Präsident aller Bürger“ zu sein und genau das war er. Er war eigenständig und überparteilich und prägte damit das Bild eines idealen Staatsoberhaupts.“ Deutschland verlieren „einen der ganz großen Deutschen der Nachkriegsgeschichte“.

- Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte, von Weizsäcker habe „Deutschlands Ansehen in der Welt gemehrt“. Von Weizsäcker habe „die Versöhnung und Aussöhnung mit unseren Nachbarn in Europa und mit Israel als eine besondere Verpflichtung und Aufgabe empfunden und gelebt“.

- Linken-Fraktionschef Gregor Gysi betonte: „Er war ein Mann der hohen politischen Kultur“ würdigte Gysi.

- Die Grünen sprachen von „wunderbaren Menschen, großen Staatsmann und Intellektuellen“. „Seine moralische Integrität wird uns allen fehlen“, teilten die Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt mit.

- Alt-Bundespräsident Roman Herzog schrieb in der „Bild am Sonntag“, von Weizsäcker sei ein politischer Visionär gewesen. Er habe „die hergebrachten Gegensätze unseres ganzen politisch-gesellschaftlichen Denkens nicht anerkannt, zumindest immer wieder hinterfragt“.