Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude in Stuttgart: Anlass der Demonstration ist eine Klage des Autoherstellers Daimler gegen den SWR wegen einer Reportage über Dumpinglöhne in einem Werk des Autobauers. Foto: dpa

Eine gütliche Einigung im Streit um eine Reportage über Werkverträge beim Autobauer Daimler lehnt der SWR ab. Der Sender besteht auf eine Einigung vor Gericht. In der Reportage hieß es, Daimler würde Menschen beschäftigen, die ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken müssen.

Eine gütliche Einigung im Streit um eine Reportage über Werkverträge beim Autobauer Daimler lehnt der SWR ab. Der Sender besteht auf eine Einigung vor Gericht. In der Reportage hieß es, Daimler würde Menschen beschäftigen, die ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken müssen.

Stuttgart - Eine rasche Einigung im Streit zwischen Daimler und dem Südwestrundfunk um eine TV-Reportage mit versteckter Kamera ist nicht in Sicht. Der SWR lehnt nach eigenen Angaben einen Vergleich ab. „Ich halte es vom Grundsatz her für richtig, dass das Gericht entscheiden muss“, sagte ein Anwalt des Senders am Donnerstag am Landgericht Stuttgart.

Durch einen solche Einigung werde „der Schein einer rechtswidrigen Handlung“ aus Sicht des SWR zementiert. Sein Kollege ergänzte, die Kompromissbereitschaft sei „gleich Null“. Daimler hatte den SWR verklagt, weil dieser mit versteckter Kamera in einem Werk des Autobauers gedreht hat. Demnach soll Daimler über Werkverträge Menschen beschäftigen, die ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken müssen. Der Autobauer will erreichen, dass die Aufnahmen nicht mehr ausgestrahlt werden dürfen. Der SWR hält die Verwendung für rechtens.

Richter legt Parteien Kompromiss ans Herz - vergeblich

Der Vorsitzende Richter Christoph Stefani hatte beiden Parteien einen Kompromiss ans Herz gelegt, da der SWR zuletzt erklärt hatte, zumindest vorerst keine weitere Veröffentlichung des Beitrags zu planen.

Das Gericht pocht auch deswegen auf eine gütliche Einigung, da es sich aus seiner Sicht nicht um einen grundsätzlichen Streit handelt. Selbst ähnliche Fälle müssten wieder individuell geprüft werden, erklärte Stefani. Zugleich sei die aktuelle Konstellation rechtlich weitgehend Neuland - und eine Entscheidung schwierig.

„Das ist ein Gang auf Messers Schneide“, sagte Stefani. Dem Vorsitzenden Richter zufolge müssen in dem Fall viele Aspekte abgewogen werden: So stehe die Pressefreiheit etwa Daimlers Hausrecht und einem Eingriff in das Recht am Gewerbebetrieb gegenüber. Unstrittig ist nach Ansicht des Gerichts zwar, dass die SWR-Aufnahmen rechtswidrig entstanden sind. Ob auch die Verwendung rechtswidrig ist, müsse aber noch ergründet werden.

Verkündungstermin am 9. Oktober

Ein Reporter des Senders hatte als Mitarbeiter mit einem sogenannten Werkvertrag im Stammwerk des Konzerns in Untertürkheim angeheuert. Dabei hatte der SWR auch mit versteckter Kamera gefilmt. Im Mai des vergangenen Jahres hatte der Sender aus Basis der Aufnahmen den Beitrag „Hungerlohn am Fließband“ ausgestrahlt.

Werkverträge stehen vor allem bei Arbeitnehmervertretern in der Kritik, da Arbeitgeber damit zeitweise Menschen einstellen können, deren Bezahlung nicht tarifvertraglich geregelt ist. Unternehmer halten solche Verträge aber für ein wichtiges Instrument, um etwa auf Nachfragespitzen flexibel reagieren zu können.

Der SWR-Beitrag könnte dem Gericht zufolge möglicherweise ein illegales Verhalten von Daimler aufzeigen, da der Autobauer Mitarbeiter mit Werkvertrag demnach unrechtmäßig direkte Anweisungen gegeben habe. Hauptthema des Beitrags war das allerdings nicht. Ein Verkündungstermin soll am 9. Oktober stattfinden.