Ein Turm aus Styropor-Bausteinen wird vor dem Arbeitsministerium in Berlin aufgebaut (Archivbild). Er soll den ohne Fachkräfte zusammenbrechenden Arbeitsmarkt symbolisieren. Foto: dpa

Was bedeutet die geplante Rentenreform für den Südwesten? Während die Kammern vor einem „großen volkswirtschaftlichen Schaden“ warnen, wirft Verdi diesen „Populismus“ vor.

Was bedeutet die geplante Rentenreform für den Südwesten? Während die Kammern vor einem „großen volkswirtschaftlichen Schaden“ warnen, wirft Verdi diesen „Populismus“ vor.

Stuttgart - Die Industrie- und Handelskammern (IHK) in Baden-Württemberg warnen vor einer Verschärfung des Fachkräftemangels wegen der Rentenpläne der Bundesregierung. Wegen der Rente mit 63 werde die Zahl der fehlenden Fachkräfte im Land im Jahr 2030 nach aktuellen Berechnungen um 80 000 höher sein als die bisher geschätzten 345 000. Die größten Lücken würden den Prognosen zufolge bei den Facharbeitern entstehen, sagte Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart. „Somit besteht die Gefahr, dass 2030 jeder sechste Arbeitsplatz für Meister, Techniker, Fachwirte und Fachkaufleute nicht mehr besetzt werden kann.“

Richter sprach von einem „großen volkswirtschaftlichen Schaden“. Das geplante Gesetz komme für die hiesigen Firmen zu kurzfristig. „Die Unternehmen sind sehr verärgert, dass ihre Personalplanung torpediert wird. Sie haben ja kaum Zeit, passenden Ersatz zu suchen.“

Die Gewerkschaft Verdi kritisierte die Zahlen der IHK scharf. „Das ist Populismus. Es ist schon schwierig, die Zahl jener, die in den nächsten Jahren mit 63 in Rente gehen wollen, seriös zu berechnen. Daraus den Fachkräftemangel für das Jahr 2030 abzuleiten ist pure Kaffeesatzleserei“, sagte die Landesbezirksleiterin Leni Breymaier. IG-Metall-Landeschef Roman Zitzelsberger sagte, das „Jammern“ über den Fachkräftemangel sei unangemessen. Die Unternehmen hätten trotz hoher Schulabgängerzahlen die Zahl der Ausbildungsplätze reduziert.

Die großen Konzerne im Südwesten stellen sich offenbar leichter auf das geplante Gesetz ein. „Wir können bisher alle Stellen mit hoch qualifizierten Kandidaten besetzen“, sagte ein Daimler-Sprecher. „Und für die Rente mit 63 haben wir bereits vorsorglich zahlreiche Maßnahmen umgesetzt.“