Zukunft ist hier schon Realität: Die Gemeinschaftsschule Rangendingen/Hirrlingen hat ihre eigenen Methoden entwickelt

Von Andrea Maute

Rangendingen/Hirrlingen. Gemeinschaftsschule – was in vielen Kommunen noch als Idee diskutiert wird, ist in Rangendingen und Hirrlingen Realität. Hier lernen Kinder länger zusammen, sie werden nach der vierten Klasse nicht in Leistungsgruppen sortiert, und sie werden bestmöglich individuell gefördert.

Seit einem Jahr wird hier das Konzept einer Gemeinschaftsschule verwirklicht. Und wer diese Schule besucht, merkt schnell, dass sie sich grundlegend von traditionellen Schulen unterscheidet. So findet man hier keine Klassen im ursprünglichen Sinn, stattdessen gehören die Kinder verschiedenen Lerngruppen an. Sie haben dort einen "Lerncoach", der sie je nach persönlichem Bedarf fördert.

Frontalunterricht im 45-Minuten-Rhythmus gibt es in Rangendingen nicht mehr

Frontalunterricht im 45-Minuten-Rhythmus gibt es hier auch nicht mehr. Stattdessen gibt es so genannte "Input-Phasen", die manchmal länger dauern, manchmal auch nur 20 Minuten. Ein fester Bestandteil im Tagesablauf ist das Lernatelier. "Dort hat jedes Kind seinen eigenen Platz, den es individuell gestaltet", erklärt Lehrerin Patricia Pia. An den mit bunten Zeichnungen geschmückten Arbeitsstationen lösen die Schüler ihre Wochenaufgaben, die für sie in ihren Postfächern hinterlegt wurden.

Die Regeln in diesem Raum sind klar: Es wird höchstens geflüstert, um die anderen nicht zu stören. Kommt ein Kind mit Aufgaben nicht zurecht, kann es sich im Lernbüro Hilfe holen. Dort werden auch die fertigen Arbeitsaufgaben überprüft.

Wird ein Lernstoff nicht sofort begriffen, ist das kein Beinbruch. In der Gemeinschaftsschule haben die Kinder nicht den Druck, ihn bis zu einem bestimmten Datum beherrschen zu müssen. Zur Lernkontrolle melden sie sich erst an, wenn sie selbst das Gefühl haben, so weit zu sein.

Möglichkeit für Lehrkräfte näher am Kind zu sein

"Individualisierung" lautet dafür das Zauberwort, was unter anderem bedeutet, "die Kinder an selbstständiges Lernen heranzuführen", wie der Rektor der Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen, Hubert Walz, erklärt.

Er ist überzeugt, dass dieser pädagogische Zugang "den Schülern mehr entgegen kommt" und den Lehrkräften die Möglichkeit eröffnet, "näher am Kind" zu sein und dessen ureigenes Lerntempo und Leistungsniveau zu berücksichtigen.

Und dieses kann, je nach Begabung, in den verschiedenen Fächern ganz unterschiedlich sein. Steht ein Schüler etwa in Mathe auf A- Niveau von Werkrealschulen, kann seine Leistung in den Sprachen dagegen dem B-Niveau an Realschulen oder dem C-Niveau von Gymnasien entsprechen.

Um sich zu verbessern, gibt es vielfältige Übungsmöglichkeiten. Im Info-Center können über Mikrofone Englisch-Vokabeln abgehört werden. Zur selbstständigen Recherche stehen Laptops zur Verfügung. Manches wird auch in der Kooperations-Zone durchdiskutiert. Hier feilen die Schüler miteinander an Geometrie- oder Englisch-Aufgaben, Schwächere profitieren dabei von Stärkeren.

Wichtig ist den Lehrern die Balance zwischen Leistung und Entspannung. So werden etwa Werkstatt-Zeiten bewusst zwischen Unterrichtsphasen gesetzt. Und wer sich mal völlig gestresst fühlt, kann im Ganztagsbetrieb auch mal eine komplette Auszeit nehmen.

Ein Jahr gibt es nun die Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen. Und das Konzept überzeugt Eltern, wie die aktuellen Anmeldezahlen belegen. Da es das erste Jahr ist, hat die Schule derzeit nur Fünftklässler. Diese 56 Schüler werden nun Sechstklässler, und mit den neuen Fünfern hat die Schule im kommenden Schuljahr dann 110 Kinder. Damit ist sie voll ausgebucht, und es musste eine Warteliste eingeführt werden. Die Schüler kommen nicht nur aus Rangendingen und Hirrlingen, sondern auch aus Rottenburg, Haigerloch und aus Bisingen. Sie können hier einen Hauptschulabschluss oder einen Realschulabschluss mit Anschlussoption an das allgemeinbildende Gymnasium machen. Um den Übergang ins Gymnasium zu ermöglichen, können Kinder ab Jahrgangsstufe 6 Französisch belegen. Die Schüler der Jahrgänge 5 und 6 gehen in Hirrlingen zur Schule, die Jahrgänge 7 bis 10 in Rangendingen. Der Unterricht dauert montags, dienstags und donnerstags bis 16 Uhr, mittwochs und freitags endet er um 12 Uhr. Weitere Informationen: www.gms-rangendingen-hirrlingen.de