Man sieht es ihm an: Anton Schilling, einstiger Chef der Narrenzunft Jägi, hat seit 35 Jahren Freude am Lumpenleben. Foto: Beiter Foto: Schwarzwälder-Bote

Anton Schilling ist in Rangendingen seit 35 Jahren mit seinem Bauchladen in der Fasnetszeit unterwegs

Von Roland Beiter

Rangendingen. Fasnet muss man im Blut haben. Das verkörpert in Rangendingen keiner so wie Anton Schilling, der frühere Narrenvogt der Jägen. Für den 53-Jährigen ist die Fasnet im wahrsten Sinne des Wortes eine "Ausnahmesituation".

Wenn in Rangendingen die Lumpen der Narrenzunft Jägi durch die Straße ziehen, ist Anton Schilling in seinem Element. "Ich bin Lump mit Leib und Seele", sagt er, was man ihm auf den ersten Blick abnimmt. Wenn man ihn am frühen Morgen in der Ortsmitte trifft, ist sein Bauchladen noch gut gefüllt mit Bürsten, Putzlappen, Wäscheklemmerle, Wurstbüchsen, Schwarzwurst und einer ganzen Batterie an "Scharfen Hüpfern" und kleinen Jägermeister-Fläschchen. Doch das wird sich im Laufe des Tages ändern, was nicht zuletzt an Schillings offensiver Verkaufstaktik liegt. Ihm geht so leicht keiner durch die Lappen. Und schon ruft er mit seiner rauen und kräftigen Stimme einer Passantin auf der anderen Straßenseite zu: "Do, komm amole rom!". Die wiegelt zwar energisch ab, doch als Schilling sieht, dass sie ins Café Schlupfwinkel verschwindet, meint er trocken: "Do gang i nochher no nei!". 35 Jahre sei er jetzt als "Lomp" unterwegs, "und immer in Rangendingen."

So lange hat dieses harte Lumpen-Leben außer ihm nur noch Hans-Jürgen Strobel ausgehalten. Dass er dann ja so etwas wie der "Oberlomp" von Rangendingen sei, macht Schilling indes gar nichts aus, im Gegenteil: "Der Lompa-Samsteg ist für mich bis heute der wichtigste Tag in der Fasnet, sozusagen mein persönlicher Nationalfeiertag", erzählt er stolz. Als 1980 aus den Reihen der aktiven Fußballer des Sportvereins die Auchtert-Hexen erstanden, hätten einige aus dieser fasnetsbegeisterten Gruppe mit dem Lumpen begonnen, erinnert sich Schilling.

Parallel dazu habe es schon vorher eine Gruppe "Jedermann-Lumpen" gegeben, die immer am Lumpenmontag durch Rangendingen gezogen seien. Doch anders wie jene, waren die Fußballer von Anfang an als Hausierer und "Biestabender" mit ihren trag- oder fahrbaren Bauchläden losgezogen, hätten von Haus zu Haus ihren Krimskrams angepriesen, erzählt Schilling. Irgendwann hätten einige Lumpen einen Scherenschleifer-Wagen gebaut, in dem Besteck und Scheren gewetzt wurden. "Wir hatten immer unsere festen Häuser, wo die Leute schon auf uns gewartet haben", erinnert sich Schilling.

So wie zum Beispiel bei Matthäus Strobel, der die Lumpen mit Hasenbraten erwartete. "Der hat selber meistens gar nichts davon erwischt", sagt Schilling und lacht. Als dann 1993 aus der Hexengruppe die Narrenzunft entstand, wurde Anton Schilling deren Zunftmeister.

Damals führten die Jägen einen festen Verkaufsstand in der Ortsmitte ein. Und während die Jägen Rote und Schupfnudeln verkauften, betreute Schilling die Gäste mit seinem Bauchladen und drehte ihnen Dinge an, die sie gar nicht brauchten. Bis heute hat sich an all dem Lumpentreiben und bei Anton Schilling nicht viel verändert, nicht einmal die Bestückung seines Bauchladens. Schilling ist bis heute oft der erste und meistens auch der letzte Lump, der noch unterwegs ist, bevor er in seinem letzten Haus dann noch mit einem Essen erwartet wird. Er werde zum Lumpen gehen, "solange ich laufen kann", lässt Schilling keinen Zweifel daran, dass er diese Tradition noch lange weiterführen wird.

Trotzdem freut er sich, dass immer mehr jüngere Narren Gefallen an dem lustigen Treiben finden. In diesem Jahr waren es an die 50 Lumpen. "Die müssen jetzt halt nochs Einteilen lernen", sagt der erfahrene Oberlomp mit einem Grinsen im Gesicht. Denn eines ist klar: Das Lumpendasein ist ein hartes Leben.