Johannes und Linus fühlen sich an ihren Schreibtischen im Lernatelier der Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen ziemlich wohl. Ihre Mütter Sibylle Karsch und Petra Sickinger (von links) stehen voll hinter dieser Schulform. Foto: Beiter Foto: Schwarzwälder-Bote

Mütter von Kindern der Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen ärgern sich über öffentliche Kritik

Von Roland Beiter

Rangendingen/Hirrlingen/Grosselfingen. Sibylle Karsch und Petra Sickinger stört es gewaltig, dass Gemeinschaftsschulen (GSS) in den vergangen Monaten zusehends "schlecht geredet" wurden. Ihre Erfahrungen mit ihren Kindern an der Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen sind jedenfalls hervorragend.

"Gemeinschaftsschule, das ist die beste Schule der Welt", sagen die beiden Mütter aus Grosselfingen. Und das sehe die überwältigende Mehrheit der Eltern so, die Kinder in der Klasse 6 haben – "das heißt bei uns Phase 6", korrigiert Linus Sickinger.

Sibylle Karsch und Petra Sickinger kritisieren, dass in der öffentlichen Diskussion oft einseitig ein negatives Bild von der Gemeinschaftsschule gezeichnet werde. Die Ergebnisse eines unfertigen Zwischenberichts über eine Tübinger GSS, in dem nur negative Punkte hervorgehoben worden seien, hätten manche Politiker vorschnell aufgegriffen. Prompt seien in Zeitungsartikeln die Vorteile der GSS in Frage gestellt worden, beispielsweise selbstständiges Lernen, Inklusionsansatz bei der Förderung schwacher und starker Schüler sowie individuelle Leistungsbeurteilung. Als Eltern, die die Realtität aus eigener Erfahrung kennen, hat sie das geärgert.

Zu Hilfe kommen ihnen ihre beiden Sprößlinge Johannes und Linus. Die beiden machen den Eindruck, dass sie ihre Schule und die Art des Unterrichts dort wirklich mögen. Sie lieben die Freiheiten, die sie dort haben im offenen Unterricht, die Selbstorganisation beim kooperativen Lernen im Lernatelier und die im Logbuch festgehaltenen "Selbsteinschätzung" für Lehrer und Eltern.

"Jeder will ein Schweinchen", erzählt Linus, denn mit dieser Auszeichnungen dürfen sie gemeinsam mit Klassenkameraden lernen. Wer vom Lehrer nur ein "Schäfchen" bekommt, muss erst noch sein entsprechendes Defizit aufarbeiten, ehe er zu den anderen darf.

Dass Johannes und Linus gern zur Schule gehen, sei nicht immer so gewesen, sagen deren Mütter. "Die Kinder schätzen diese Gemeinschaft", erklärt Rektor Hubert Walz. Und sein Stellvertreter, Hirrlingens Rektor Wolfgang Leins, ergänzt: "Damit ist auch die Disziplinierung gut im Griff zu halten".

Probleme würden regelmäßig in der Coaching-Gruppe zwischen Schüler, Lehrer und auch Eltern besprochen. "Wir bekommen ein ausgezeichnetes Feedback", bestätigt Sibylle Karsch. Sie meint damit auch die Verbal-Bewertungen, welche die Kinder anstelle von abstrakten Noten im Zeugnis stehen haben. "Da sehe ich genau: Das kann mein Kind, da hat es noch ein Defizit – und das für jedes Fach."

Dass Schulgemeinschaft gelebt werde, seien Dinge, "die wir schätzen", sagt Karsch. Die beiden Mütter schätzen auch das engagierte Kollegium. Selbst die Umstellung auf die neue Unterrichtsform sei problemlos gelaufen. "Das haben wir locker hingekriegt", sagt dazu auch Johannes Karsch.

Positive Stimmung ander Schule

Ganz ohne Frontalunterricht geht es auch an der GSS nicht. Doch 80 Prozent des Unterrichts sei Ausarbeiten, Vertiefen und Wiederholen mit der "Checkliste", erklärt der Rektor. "Das ist wie Hausaufgaben machen, nur halt eben, dass ein Lehrer zur Unterstützung da ist und die Kinder das gemeinsam machen", so Petra Sickinger.

Der Rektor ist froh, dass "die Eltern so hinter unserer Gemeinschaftsschule stehen". Auch Rektor Leins lobt das Interesse der Eltern, die engagiert hinter der Schule stünden. "Wir wollen die Kinder ernst nehmen auf ihrem Weg zu einem selbstständigen Leben", sagt Hubert Walz.

Natürlich laufe noch nicht alles perfekt, aber die Eltern seien grundsätzlich zufrieden und "wir haben eine positive Stimmung an der Schule". Dass noch nachjustiert werden müsse, „das muss man uns zugestehen, meint Walz.

Noch sei es zu früh für eine standfeste Lernstandserhebung, stellt der Rektor fest. Doch die selbstbewussten Kinder und das gute Schulklima zeigten ihm: "Wir sind auf dem richtigen Dampfer."