Der Räuber Hotzenplotz mit seiner Pfefferpistole und seinen sieben Messern im breiten Gürtel. Foto: „Der Räuber Hotzenplotz“ von Otfried Preußler/Illustration: F.J. Tripp und M. Weber. Thienemann Verlag

Der Räuber Hotzenplotz wird 50 – Wir haben mit ihm über die Finanzkrise, fesche Feger und Kaffee diskutiert.

Stuttgart – Am 1. August feiert das berühmte Kinderbuch „Der Räuber Hotzenplotz“ von Otfried Preußler, das beim Stuttgarter Thienemann-Verlag erschienen ist, seinen 50. Geburtstag. Die Württembergische Landesbibliothek widmet ihm bis zum 15. September eine Ausstellung.

Herr Räuber Hotzenplotz, muss ich mich vor Ihnen fürchten? Haben Sie Ihre sieben Messer und die Pfefferpistole im breiten Gürtel dabei?
Quatsch. Das wäre doch viel zu auffällig. Ich trage seit langem ein Taschenmesser mit sieben Klingen und Pfefferspray bei mir.

Klingt dennoch gefährlich. Aber Ihr Schöpfer, der Schriftsteller Otfried Preußler, nennt Sie ein polterndes Großmaul, das eigentlich nicht wirklich böse und gefährlich ist . . .
Dem tanze ich doch seit eh und je auf der Nase herum. Das weiß er aber auch – und er betont in Interviews auch gern, dass ich seit nunmehr 50 Jahren mein eigenes Leben führe. Er ist sich bewusst, dass ich ab und zu bei ihm zu Hause vorbeischaue, seine gute Küche und seinen Weinkeller genieße. Gelegentlich – wenn Otfried Preußler nicht aufpasst – stöbere ich auch in seinen Manuskripten herum oder beantworte seine Leserpost. Ja, ich freue mich an meiner vielen freien Zeit.

Viel freie Zeit? Mit 50 sind Sie doch noch nicht im Rentenalter. Aber Sie müssen vielleicht leiser treten: Sind Sie vom Räuberdasein ins Bankenwesen gewechselt – und sind gar schuld an der Finanzkrise?
Mit Verlaub, aber eher würde ich in Schnupftabak der Marke Nasentrost investieren, als mit Immobilien zu spekulieren. Aber mein alter Freund, der Zauberer Petrosilius Zwackelmann, der so gern Bratkartoffeln aß, dem hätte ich schon zugetraut, dass er sich Aktien gesichert hätte. Schließlich gibt es ein Aktienunternehmen, das die Anleger mit geschälten Kartoffeln überzeugen will. Dann hätte der arme Seppel als Zwackelmanns Gefangener nicht Berge von Kartoffeln schälen müssen.

Wie geht’s Kasperl und Seppel denn?
Die beiden haben zusammen ein Puppentheater aufgemacht. Es soll recht erfolgreich sein, wie ich höre.

„Nur ein Räuber darf lügen“

Und Ihrer Großmutter, wie geht es der?
Nun, wenn sie nicht gestorben ist, mahlt sie wohl noch immer mit der alten Kaffeemühle, die „Alles neu macht der Mai“ spielt, ihren Kaffee. Ich trinke nur noch Latte macchiato. Ich habe mir vor langem einen Kaffee-Vollautomaten beschafft.

Beschafft?
Nun, ich sagte es schon damals: „Einem Räuber wird heutzutage auch nichts mehr geschenkt!“

Aber zu Ihrem Namen kamen Sie ganz umsonst und ungefragt: Preußler benannte Sie nach einer Stadt in Mährisch-Schlesien, die den deutschen Namen Hotzenplotz trägt und auf Tschechisch Osoblaha heißt . . .
Darauf bin ich sehr stolz. Die deutsche Bezeichnung Hotzenplotz leitet sich von dem keltischen Volksstamm der Ossen oder Hozzen ab. Und der Begriff Kelten wiederum bedeutet „die Tapferen und Edlen“. Das trifft fraglos auf mich zu.

Was ist los, Ihre sowieso schon große Nase wird länger und länger. Aber war das nicht eine andere Geschichte, die mit Pinocchio?
Papperlapapp, ich sage schon immer: „Nur ein Räuber darf lügen.“ Derzeit denke ich dennoch über eine Schönheits-OP nach. Es gibt da heute ja verblüffende Möglichkeiten, daran war vor fünf Jahrzehnten noch nicht zu denken.

Wem wollen Sie denn gefallen?
Also, die Wahrsagerin, die Witwe Schlotterbeck mit ihrer Kristallkugel, die war schon immer ein fescher Feger. Mir wurde im dritten Band zu Unrecht vorgeworfen, ich hätte ihre Kristallkugel geklaut. Wenn, dann hätte ich gleich die Witwe entführt, so wie zuvor schon Kasperls und Seppels Großmutter. Die hat zwar gut gekocht, war aber zu renitent. Sie hat mir Knallpilze in die Suppe rein, von denen fast mein Bauch geplatzt ist. Mit der Witwe Schlotterbeck aber wäre ich in meiner Räuberhöhle glücklich geworden.

Wissen Sie eigentlich, dass im Stuttgarter Westen ein Wirtshaus nach Ihnen benannt ist?
Sapperlot, ist es zu fassen! Da versucht jemand, mit meinem guten Namen Reibach zu machen.

„Kein Wunder, dass Kasperl und Seppel ihn dann in einem Gurkenfass zur Großmutter brachten“

Sie planten im letzten Band selbst, das Wirtshaus Zur Räuberhöhle zu eröffnen. Da ist Ihnen also jemand zuvorgekommen. Sind Sie stattdessen nach Amerika ausgewandert? Das war schließlich ein weiterer Plan . . .
Nein, denn sicher ist, ich wäre auch dort, über welche Umwege auch immer, irgendwann vom Sheriff Dimpfelmoser als Robber Hotzenplotz eingelocht worden.

Ah, der Wachtmeister Dimpfelmoser ist Ihnen also noch immer auf der Spur?
Ich weiß auch nicht, was der an mir findet. Ob der auf Männer steht? Im zweiten Band gelang es mir ja, mich aus dem Spritzenhaus zu befreien, indem ich Wachtmeister Dimpfelmoser vorspielte, eine Blinddarmverrenkung zu haben. Ich nahm ihm seine Uniform ab. Da hat er so komisch geguckt. Na, jedenfalls war das kein schöner Anblick, muss ich sagen. Kein Wunder, dass Kasperl und Seppel ihn dann in einem Gurkenfass zur Großmutter brachten.

Apropos, Sie sind selbst in einer Saure-Gurken-Zeit entstanden: Preußler beschäftigte sich vergeblich mit „Krabat“. Zur Abwechslung wollte er etwas Lustiges schreiben. Wie fühlt man sich als Abfallprodukt?
Sie bezeichnen mich als Abfallprodukt? Sagte ich nicht, dass ich ein Messer mit sieben Klingen und Pfefferspray bei mir führe?

Hui, aber Sie haben im dritten Band doch eine ehrliche Karriere einschlagen wollen. Oder führten Sie uns alle an der Nase herum?
Das werde ich Ihnen doch nicht auf die selbige binden. Schließlich habe ich einen Ruf zu verlieren. Besonders bei den Kindern, die mich auch nach fünf Jahrzehnten noch lesen.

Die Sie auch Rover Hossekloss, Wang-do-duk Ho-tzen-pl-o-tz oder Ryövärihurjahanka nennen . . .
Sie wollen mich wohl veräppeln!

Nein. So heißen Sie auf Niederländisch, Koreanisch und Finnisch. Ihre Abenteuer wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt.
Ja ist es denn die Möglichkeit? Dann bin ich ja berühmt wie ein bunter Hund oder vielmehr wie der Dackel Wasti, den die Witwe Schlotterbeck versehentlich in ein Krokodil verwandelte. Dann kann ich mich jetzt ja zur Ruhe setzen und nur noch Räuberpistolen putzen und erzählen.

Hier wird der Räuber Hotzenplotz gefeiert

Zum Jubiläum gibt es in der Württembergischen Landesbibliothek eine Ausstellung über den Räuber Hotzenplotz. Die Ausstellung ist bis zum 15. September zu sehen.

Der Thienemann-Verlag gibt zudem eine Jubiläumsausgabe heraus. Mathias Weber hat die Schwarz-Weiß-Illustrationen von F. J. Tripp koloriert.

Im Verlag steigt am 15. September ein Kinderfest. 50 Kinder, die per Los gezogen werden, dürfen einen Nachmittag rund um den Räuber Hotzenplotz verbringen. Mitmachen können Kinder zwischen fünf und acht Jahren. Einfach bis 1. September eine E-Mail mit dem Stichwort „Hotzenplotz-Fest“ und Adresse sowie Alter des Kindes an info@thienemann.de schicken. Unter allen Einsendungen verlost der Verlag 50 Eintrittskarten für je ein Kind mit je einer erwachsenen Begleitperson.