Domenic Weinstein geht auf Medaillenjagd. Foto: Fischer

Bahnradfahren: Domenic Weinstein will bei Europameisterschaft mindestens eine Medaille holen.

Am Donnerstag beginnt in Berlin die Bahnrad-Europameisterschaft. Domenic Weinstein geht in der Einzel-Verfolgung als einer der Favoriten ins Rennen. Die neue Bahn im Berliner Velodrom verspricht schnelle Runden. Dies kommt dem Unterbaldinger entgegen.

Das neue Berliner Velodrom ist bereit. Zweieinhalb Monate lang wurde gesägt, gebohrt und gehämmert, 55 Kilometer Holzlatten verlegt und 220 000 Nägel versenkt. Nun ist das neue 250 Meter lange Holzoval aus sibirischer Fichte im Velodrom fertig. 1,6 Millionen Euro hat der Umbau in etwa gekostet. Und die neue Bahn verspricht Wunder. Laut dem Architekten der Strecke, Ralph Schürmann, ist das neue Oval eines der schnellsten der Welt. Das spezielle Holz macht’s möglich: sibirische Fichte. "Das Holz ist langsam in der Kälte gewachsen. Das sind ideale Voraussetzungen. Das Holz ist flexibel und trotzdem hart", erklärt Schürmann.

Domenic Weinstein würde dies sehr entgegenkommen. Der Unterbaldinger ist bereit für seine großen Auftritte bei der EM. Nach den ersten beiden Trainingseinheiten im neuen Velodrom hofft er jedoch darauf, dass das neue Holz noch schneller wird. "Die Bahntemperatur liegt im Moment etwa bei 20 Grad Celsius", sagt er – und liefert die Erklärung hinterher: "Bis zu 26 Grad steigt die Geschwindigkeit mit zunehmender Temperatur." Dadurch, dass beim Wettkampf viele Zuschauer auf den Rängen erwartet werden, steigt die Temperatur noch an.

Keiner weiß, wie gut die Konkurrenz wirklich ist

Bei optimalen Verhältnissen ist es gut möglich, dass Weinstein erneut auf Rekordjagd geht. Im Juni hat der 23-Jährige bei der nationalen Meisterschaft in Frankfurt an der Oder in der Einzelverfolgung deutsche Rekordzeit gefahren (4:13,453 Minuten). Nun geht er auch bei der Europameisterschaft (Samstag) als einer der Favoriten ins Rennen – wenn nicht sogar als Top-Favorit. "Ehrlich gesagt, würde ich mich über Bronze ärgern", gibt Weinstein zu. Mit der erneuten Silbermedaille, diese holte er bereits bei der EM 2015 in der Schweiz, könnte er leben. Das Ziel ist es aber, diesmal eine Stufe weiter oben auf dem Treppchen zu stehen. "Insgeheim ist das mein Ziel, ja."

Die EM ist gleichzeitig der Auftakt für die neue Bahnrad-Saison. Deshalb ist es für Weinstein schwierig einzuschätzen, wo die Konkurrenz im Moment steht. Einer seiner großen Widersacher ist der amtierende Europameister Corentin Ermenault (Frankreich). Dazu kommt Dion Beukeboom (Niederlande), der in diesem Jahr den Stundenrekord von Bradley Wiggins angreifen möchte. Dieser liegt bei 54,526 gefahrenen Kilometern in 60 Minuten. Aber auch Weinstein ist im Moment sehr gut drauf, fühlt sich fit und geht deshalb sehr selbstbewusst ins Rennen. "Ich habe seit 2015 den richtigen Schritt gemacht", weiß er.

In der Mannschafts-Verfolgung hat Domenic Weinstein gemeinsam mit seinen Teamkollegen – Felix Groß, Theo Reinhardt und Kersten Thiele – in der Qualifikation bereits das erste Ausrufungszeichen gesetzt. Nach 16 Runden blieb die Uhr bei 3:59,730 Minuten stehen – Rang vier. Eine starke Zeit. Die Qualifikation ist damit locker geschafft. Nun treten sie am Donnerstag im Vorlauf gegen das Team aus Frankreich an, das in der Quali mit 3:58,842 Minuten die Top-Zeit gefahren ist. Das denkbar schwerste Los.

Dann wird sich zeigen, was diese Zeit wert war. Das deutsche Quartett wird eine Schippe draufpacken müssen, um eine Medaille zu holen. "Bronze ist auf jeden Fall drin", hofft Weinstein.

Die Favoriten sind in diesem Rennen jedoch andere: Die Briten sind stark, die Dänen und Franzosen ebenfalls. Auch die Teams aus Russland (3:59,434) und Italien (3:58,720) haben in der Quali starke Zeiten auf das Oval gesetzt. Zumal der Weinstein-Vierer nicht in gewohnter Besetzung antritt. Stammfahrer Lucas Liß tritt anstatt in der Team-Verfolgung beim Omnium-Rennen (Freitag) an. Deshalb wurde etwas umgebaut. Er wird vom 19-jährigen Felix Groß ersetzt. "Am Anfang war das schon eine große Umgewöhnung. Jeder Fahrer ist anders. Es hat eine Weile gedauert, bis wir uns den Feinschliff geholt haben", erklärt Weinstein. Doch die Leistung scheint auf den Punkt genau zu passen.