Dass Ralf G. festgenommen und wieder auf freien Fuß gesetzt worden war, kam bei der Pressekonferenz i m Ludwigsburger Polizeipräsidium nicht deutlich zur Sprache Foto: Max Kovalenko

Der Brandstifter von Backnang, Bietigheim und Bruchsal war der Polizei schon zwei Wochen vor seiner Festnahme ins Netz gegangen – mangels Beweisen mussten ihn die Ermittler aber wieder laufen lassen.

Der Brandstifter von Backnang, Bietigheim und Bruchsal war der Polizei schon zwei Wochen vor seiner Festnahme ins Netz gegangen – mangels Beweisen mussten ihn die Ermittler aber wieder laufen lassen.

Ludwigsburg - Auf der Anklagebank des Heilbronner Landgerichts sitzt Ralf G. wegen seiner Brandstiftungen. Zur Last gelegt werden dem 30-Jährigen aus Affalterbach im Landkreis Ludwigsburg insgesamt 19 Zündeleien an Autohäusern, Werkshallen und Möbelhausfilialen in der Region, der bei den nächtlichen Attacken entstandene Schaden liegt bei über 18 Millionen Euro.

Am zweiten Verhandlungstag hat der gelernte Müller ein Geständnis abgelegt – und die Tatvorwürfe mit einer schriftlichen Erklärung eingeräumt. Doch aktiv war der Brandstifter von Backnang, Bruchsal oder Bietigheim offenbar nicht nur mit Feuerzeug und Grillanzünder. Bei seinen heimlichen Touren ließ der ehemalige Feuerwehrmann auch diverse Zubehörteile mitgehen.

Unter den Nagel gerissen und über das Internetportal Ebay verscherbelt soll der nicht verheiratete Vater einer elfjährigen Tochter etwa elf komplette Reifensätze der Marke Smart haben. Die Räder waren bei einem Autohaus in Bruchsal auf einer Holzpalette angeliefert worden – und über Nacht verschwunden. Ob der gelernte Müller mit dem Verkauf der heißen Ware nur sein spärliches Gehalt aufbessern wollte, ist allerdings unklar. Bei einem Polizeiverhör hatte der als Autonarr geltende Handwerker von einem „inneren Zwang“ gesprochen, sich auf dem Gelände von Autohäusern mit Schrott und Zubehörteilen einzudecken.

Bei einem Einbruch aufs Gelände eines Autohauses war Ralf G. am 23. März 2013 auch festgenommen worden. Die verdeckten Ermittler schlugen zu, nachdem der bei einem Mühlbetrieb in Bretten beschäftigte 30-Jährige über den Zaun geklettert war. Weil die Fahnder der 30-köpfigen Sonderkommission den ehemaligen Förderschüler schon zu diesem Zeitpunkt als mutmaß-lichen Feuerteufel im Visier hatten, war er überwacht worden. Das Problem: Beim Verhör bestritt der bereits früher wegen eine Einbruchsdelikts verurteilte Handwerker vehement, etwas mit den Brandstiftungen in der Region zu tun zu haben – und der Polizei fehlten die nötigen Beweise, um den Verdächtigen auch dingfest zu machen.

„Wir hatten nicht genug in der Hand, um ihn festzusetzen“, bestätigte der Ludwigsburger Polizeisprecher Peter Widenhorn am Donnerstag, dass den Ermittlern gar nichts anderes übrig blieb, als den mutmaßlichen Feuerteufel wieder auf freien Fuß zu setzen. Aufgefallen war Ralf G. bereits Wochen vor der Festnahme – bei Ermittlungen zu einem Tankstellen-Diebstahl in Ludwigsburg hatte er sich als kundiger Tippgeber gemeldet. Bei der Überprüfung seiner Mobilfunkdaten stellte sich offenbar heraus, dass er auch für die beispiellose Brandserie in Frage kommen könnte. Auch auf Kameras der Verkehrsüberwachung tauchten die zwei von ihm gefahren Autos, ein S-Klasse-Mercedes und ein Audi S 6 , wiederholt in Tatortnähe auf.

Weshalb die Fahnder den verdächtigen Affalterbacher nach der ersten Festnahme in Bruchsal nicht dauerhaft observieren ließen, bleibt indes ein Geheimnis. Polizeisprecher Widenhorn wollte sich am Donnerstag nicht zu Details der Ermittlungstaktik äußern.

An fehlendem Personal, betonte er, sei der Einsatz jedenfalls nicht gescheitert. Mög-licherweise hielt es die zur Aufklärung der Brandserie gebildete Fahndungsgruppe nur für unwahrscheinlich, dass der 30-Jährige kurz nach der Festnahme wieder als Feuerteufel aktiv werden könnte. Doch schon ein Wochenende nach dem Verhör richtete Ralf G. bei einem Asperger Autohaus erneut 260 000 Euro Schaden an. Zehn Tage später wurde er beim Zündeln an einem Möbelhaus ertappt – diesmal allerdings auf frischer Tat.