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Der 38-jährige Inhaber eines Internet-Versandhandels für Nazi-Musik steht seit Montag wegen Volksverhetzung vor dem Landgericht. Er kommt mit einer Bewährungsstrafe davon.

Stuttgart - „Das sind Texte, die nur schwer erträglich sind“, sagt Ulrich Polachowski, Vorsitzender Richter der 7. Strafkammer. Gut zwei Stunden lang hat die Staatsanwältin Liedtexte der CDs vorgetragen, mit denen der Angeklagte zwischen 2007 und 2009 einen schwunghaften Handel getrieben haben soll. Aus den Textzeilen trieft es förmlich vor Hass gegen Homosexuelle, Ausländer, Juden, Punks, Muslime. Deshalb wird dem 38-jährigen gelernten Industriemechaniker Volksverhetzung vorgeworfen.

Rund 1,7 Millionen Besucher verzeichnete der Internetvertrieb mit rechtsextremistischer Musik allein zwischen Januar und April 2007. In den Texten von Bands wie Gegenschlag, Braune Stadtmusikanten, Kahlschlag, Panzerfaust oder Stahlgewitter werden Polizisten als „schleimige Frösche“, „grüntragende Arschlöcher“ und „Bastarde“ beleidigt. Homosexuelle „verpesten die Straßen“ und werden als „Parasiten“ verunglimpft, der Holocaust als „Völkermord-Legende“ bestritten.

Auch wird die „arische Kultur“ und die „rassische Dominanz“ verherrlicht. Von Untermenschen ist ebenso die Rede in den braunen Hassliedern wie von der Herrenrasse. Dunkelhäutige Menschen werden als „Affen“ bezeichnet, die man „aufhängen“ müsse. Und immer wieder Hass: „Kraft durch Hass“ wird beschworen, der „Rassenhass“ müsse zurück auf den Plan gerufen und die „Juden in die Flammen“ geschickt werden.

Bekenntnis zum rechten Gedankengut

Der Angeklagte, in der Szene seit geraumer Zeit als Musiker der Nazimusikgruppen Noie Werte und Carpe Diem bekannt, legt vor Gericht ein knappes Geständnis ab. Er bekennt sich zwar weiterhin zum rechten Gedankengut, wolle aber künftig nichts Strafbares mehr tun, so der vierfache Vater.

Neben dem Vertrieb der Nazi-Musik soll der 38-Jährige auch zur Gitarre gegriffen haben. Im Juli 2008 habe er in einer Gaststätte in Schorndorf (Rems-Murr-Kreis), die als Treff rechter Gesinnungsgenossen gilt, das sogenannte Afrikalied intoniert. Textbeispiel: „Deutschland ist ein schönes Land, wir lieben es so sehr, hier gibt es keinen Platz für Affen mehr.“ Er habe sich dazu hinreißen lassen, so der Angeklagte.

2009 wurde der gebürtige Göppinger auf seinem Weg zum Landeskongress der hessischen NPD kontrolliert. Im Kofferraum seines Wagens fanden die Polizisten CDs mit Nazimusik, die er dort verkaufen wollte.

Bereits im September 2007 hatten die Ermittler bei dem Mann eine Hausdurchsuchung in seiner damaligen Wohnung in Bad Cannstatt durchgeführt. Dort befand sich ein Tonstudio und die Basis für seinen Versandhandel. Besonders interessant waren die rund 20 000 Daten seines Online-Auktionshauses. Mit diesen Informationen leitete die Stuttgarter Staatsanwaltschaft in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt den bisher massivsten Schlag gegen die rechtsextremistische Musikszene ein.

Zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung

Es dauerte allerdings bis zum März 2009, ehe bundesweit 800 Beamte von Polizei und Staatsschutz ausrückten. Auf Basis der bei dem 38-Jährigen beschlagnahmten Daten wurden 224 Wohnungen und Geschäftsräume durchforstet; davon 16 in Baden-Württemberg. Insgesamt stellten die Einsatzkräfte 45 000 CDs, 173 Computer, 181 elektronische Speichermedien und 66 Waffen oder Waffenteile sicher. Auch der heute 38-Jährige, der inzwischen in Waiblingen wohnte, bekam erneut Besuch. Bei ihm wurden 1000 weitere CDs mit strafbarem Inhalt beschlagnahmt. Insgesamt kamen bei der bundesweiten Razzia 204 Personen ins Visier der Strafverfolgungsbehörden.

Die Richter verurteilen den Händler rechter Musik zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung. Das hatten die Prozessbeteiligten zuvor ausgehandelt. Voraussetzung dafür war ein Geständnis des Angeklagten. Er habe immer darauf zu achten versucht, nur Musik mit legalen Texten zu verkaufen. „Irgendwann habe ich dann den Überblick verloren“, so der Angeklagte, der als Bewährungsauflage 120 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten muss.

„Diese Texte erzeugen Gewalt. Sie appellieren nicht an den Intellekt, sondern an Baseballschläger und Springerstiefel“, sagt Richter Polachowski am Ende des kurzen Prozesses.