Der Oppenauer Sportplatz wurde kurzerhand zur Kommandozentrale umfunktioniert. Foto: Sdmg/Kohls

Yves R. sorgte mit seiner Flucht durch den Schwarzwald für Aufsehen. Nun beginnt der Prozess.

Yves R. hatte im Juli 2020 bei einer Kontrolle in einer illegal von ihm genutzten Gartenhütte vier Polizisten gezwungen, die Pistolen abzulegen, und war damit geflüchtet. Am Freitag beginnt vor dem Offenburger Landgericht der Prozess gegen ihn.

Oppenau/Offenburg - Die Entwaffnung von vier Polizisten und seine anschließende Flucht in den Wald rund um die Schwarzwald-Gemeinde Oppenau (Ortenaukreis) sorgte für bundesweites Medieninteresse. Nun wird der spektakuläre Fall vor dem Offenburger Landgericht aufgerollt. Ab Freitag wird Yves R. der Prozess gemacht. Sechs Verhandlungstage sind angesetzt. Dem als freiheitsliebend beschriebenen "Waldläufer von Oppenau" drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Fan-Gemeinde im Internet

Die Anklage wirft dem mittlerweile 32-Jährigen Geiselnahme in Tateinheit mit Verstößen gegen das Waffengesetz sowie gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte vor. Mit einer vorgehaltenen Schreckschusswaffe soll er am Vormittag des 12. Juli vier Beamte bei einer Kontrolle gezwungen haben, ihm ihre Pistolen auszuhändigen. Zuvor hatte er eine Waldhütte besetzt. Mit den Polizeiwaffen flüchtete er in den Wald - und blieb tagelang verschwunden.

Für das Schwarzwald-Idyll Oppenau bedeutete das eine Woche Ausnahmezustand: Insgesamt waren mehr als 2500 Polizisten, SEK-Beamte, ortskundige Führer und Hundestaffeln im Einsatz. Der Sportplatz vor dem Ort wurde zur Einsatzzentrale, inklusive Hubschrauberlandeplatz.

Hunderte Hinweise arbeitete die Polizei damals ab. Menschen wollten Yves R. unter anderem in Oberharmersbach, Offenburg, Hallwangen bei Dornstetten, Renchen, Böblingen, ja sogar in Straßburg gesehen haben.

Im Internet und den sozialen Medien bildete sich um den flüchtigen "Schwarzwald-Rambo" zwischenzeitlich sogar eine regelrechte Fan-Gemeinde. Familie und Bekannte des Flüchtigen meldeten sich zu Wort, zeichneten das Bild eines Waffennarren, aber dennoch friedfertigen Menschen. Noch während die Fahndung lief wurde bekannt, dass Yves R. in der Vergangenheit eine Bekannte mit einer Armbrust schwer verletzt hatte und deshalb zu einer Jugendstrafe verurteilt worden war.

Ein Urteil wird am 19. Februar erwartet

Zeugenhinweise führten schließlich zum Erfolg: In einem Seitenarm des Rench-tals, unweit Oppenaus, wurde Yves R. am 17. Juli von einem Spürhund in einem Gebüsch hockend entdeckt. Bei seiner Festnahme soll er einen SEK-Beamten mit einem Beil am Fuß verletzt haben. Dem bis auf Weiteres dienstunfähigen Beamten wurde teilweise die Sehne durchtrennt, teilte das Landgericht Offenburg im Vorfeld der Verhandlung am Freitag mit. Der 32-jährige Yves R. wartet im Offenburger Gefängnis auf seinen Prozess.

Der erste Verhandlungstag verspricht, spannend zu werden: Dem "Waldläufer" wird nach Anklageverlesung die Möglichkeit gegeben, Angaben zu machen – bisher hat er geschwiegen. Nur unmittelbar nach seiner Festnahme soll er sich geäußert haben. Vergangene Woche war bekannt geworden, dass bislang keine Anhaltspunkte für (verminderte) Schuldfähigkeit bestünden. Die endgültige Einschätzung des Sachverständigen erfolge aber mündlich innerhalb der Hauptverhandlung, teilte ein Sprecher der Offenburger Staatsanwaltschaft mit.

Aufgrund des zu erwartend großen Interesses der Öffentlichkeit hat das Landgericht die Verhandlung zum Großteil in die Offenburger Reithalle verlegt. Dort findet der Prozess unter strengen Corona-Auflagen statt. Ein Urteil wird am 19. Februar erwartet.

Alle Artikel zur Fahndung in Oppenau auf unserer Themenseite.