Hillary Clinton – die künftige Präsidentin der USA? Foto: dpa

Wie würde Hillary Clinton als „Madam President“ die USA regieren? In ihrem neuen Buch gibt sie sich staatsmännisch und räumt mit einigen Altlasten auf. Beobachter erkennen darin bereits Wahlkampf-Taktik.

Wie würde Hillary Clinton als „Madam President“ die USA regieren? In ihrem neuen Buch gibt sie sich staatsmännisch und räumt mit einigen Altlasten auf. Beobachter erkennen darin bereits Wahlkampf-Taktik.

Washington - Es gibt kein Entkommen vor ihr. Hillary Clinton ist überall. Die vor knapp anderthalb Jahren zurückgetretene Außenministerin strahlt von den Umschlägen des Instant-Bestsellers, der seit Dienstag in den Buchläden ausliegt. Zum Verkaufsauftakt liest sie im New Yorker „Barnes&Noble“ am Union Square. Von da aus geht es weiter auf nationale Buch-Tour. Auf Schritt und Tritt folgt ihr ein Bus der Graswurzel-Organisation „Ready For Hillary“, deren enthusiastische Anhänger die Werbetrommel für eine Präsidentschafts-Kandidatur rühren.

Wer den Fernseher einschaltet, wird früher oder später auf die Frau im Hosenanzug stoßen. Den Reigen an Interviews eröffnet ABC-Starmoderatorin Diane Sawyer. Weiter geht es dann auf CBS, CNN, FOX und NBC. Derweil schreiben sich die Rezensenten und Kolumnisten des amerikanischen Blätterwalds die Finger wund. Immer wieder geht es dabei um die eine Frage, die scheinbar alle Amerikaner bewegt: Tritt sie für das Rennen um das Weiße Haus an oder nicht?

„Die Antwort ist, ich habe mich noch nicht entschieden“, schreibt Clinton auf Seite 595 des 944 Seiten dicken Schinkens, in dem sie Bilanz ihrer Jahre als Außenministerin unter Barack Obama zieht. Der sorgfältig inszenierte Medien-Rummel um das Buch selbst gilt Analysten als der sicherste Indikator für die Unvermeidbarkeit einer Präsidentschaft-Kandidatur Clintons. Dafür spricht auch, dass die Autorin ihren Lesern, wie Kommentator John Dickerson so treffend beobachtet, eine „salz-arme, fett-arme und kalorien-arme Portion mit Vanille-Pudding als Nachspeise“ serviert. Ein Buch, das nicht erzählt, wie es wirklich war, sondern fein kalibriert eine neue Karriere vorbereitet. „So schreibt nicht jemand, der nichts mehr zu verlieren hat“.

Neuigkeitswert der Erinnerungen ist bescheiden

Entsprechend bescheiden ist der Neuigkeitswert der Erinnerungen der „Madame Secretary“. Für regelmäßige Zeitungsleser findet sich zwischen den Buchdeckeln wenig, das in den Grundzügen nicht schon bekannt wäre. Dass Clinton im Unterschied zu Obama für die Bewaffnung des syrischen Widerstands war, überrascht genauso wenig wie ihre Unterstützung der Kommando-Aktion gegen Osama bin Laden.

Ihr Eingeständnis, mit ihrer damaligen Stimme im Senat für den Irak-Krieg einen kapitalen Fehler begangen zu haben, formuliert sie klarer als in der Vergangenheit, ist aber ebenfalls nicht neu. Wie auch ihre behutsamere Haltung im Umgang mit Israel und die größere Härte gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin altbekannte Positionen sind.

Wobei die Autorin konkreter wird, wenn sich Dinge positiv bewegt haben, wie etwa der Atomstreit mit Iran. Dagegen bleibt sie bei Streitpunkten wie dem Drohnenkrieg oder den Schnüffeleien des US-Geheimdienstes NSA eher vage. Im ABC-Interview mit Diane Sawyer weicht sie der Frage aus, was sie von ihren mehr als eine Million Meilen auf Reisen als Haupterrungenschaft mit nach Hause gebracht habe.

Auch das für sie knifflige Thema Bengasi umschifft Hillary weiträumig, ohne ihren Kritikern neue Munition zu liefern. „Ich übernehme Verantwortung, aber ich war nicht zuständig für die Sicherheitsarrangements“, erklärt sie zum Tod des US-Botschafters in Libyen, dessen Umstände nun von den Republikanern im Repräsentantenhaus untersucht werden. „Ich werde mich nicht an einem politischen Schlachtfest auf dem Rücken toter Amerikaner beteiligen“. Obwohl die Republikaner seit Monaten versuchen, Hillary die Verschleierung des Anschlags auf das US-Konsulat in Bengasi anzuhängen, verfängt das Thema nicht.

Hillary ist deutlich beliebter als Barack

Eineinhalb Jahre nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt bleibt Clinton nach einer aktuellen Umfrage der Washington Post ausgesprochen populär. 59 Prozent der Befragten finden, sie habe als Außenministerin einen guten Job gemacht. Ihre Beliebtheitswerte liegen deutlich über denen Obamas und sie führt gegen jeden hypothetischen Präsidentschafts-Kandidaten der Republikaner mit mindestens zehn Punkten Vorsprung. Das erklärt, warum die frühere First Lady nichts zu gewinnen hat, wenn sie schon jetzt offiziell ihre Kandidatur ankündigte.

Die Geldgeber der Demokraten laufen ihr genauso wenig weg wie die Wahlkampf-Strategen, die alle mit dabei sein wollen, wenn Clinton antritt. Den Republikanern verweigert sie dagegen eine Angriffsfläche, weil sie sich auf den Standpunkt stellen kann, ihren Hut noch nicht in den Ring geworfen zu haben. Bis zu diesem Zeitpunkt kann sie an ihrem Image feilen.

Dazu gehört die Betonung ihrer weicheren Seiten, die sie in einem Gespräch mit dem Klatsch-Magazin „People“ hervorhebt. Im Fernsehinterview tritt sie dem Vorwurf entgegen, sie und Ehemann Bill hätten den Kontakt zu „normalen“ Leuten verloren. Die dreistelligen Millionen-Bezüge für Reden und Bücher-Deals verteidigt sie als „besser als von einer Gruppe oder Firma abhängig zu sein“. Zudem sei es nicht immer so gewesen.

„Wir waren absolut pleite als wir das Weiße Haus verließen.“ Ihre Erinnerungen „Hard Choices“ („Entscheidungen“) sprenkelt Hillary ebenfalls mit persönlichen Anekdoten. So erfahren die Leser wie sie die Hochzeit ihrer Tochter Chelsea vorbereitet hat, dass sie sich darauf freut Oma zu werden und wie sie die freie Zeit mit Bill für Spaziergänge nutzt. All das ist wenig spektakulär, trägt aber zur Abrundung eines sorgfältig kultivierten Images bei, das Amerika auf die Kandidatur der ersten Frau im Präsidentenamt vorbereitet.